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Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869.

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I. Vorbegriffe. §. 3. Eintheilung der Erfindungen.
den verschiedenen Patentgesetzgebungen nicht nach gleichför-
migen Regeln durchgeführt. Für diese einleitende Darstellung
soll diejenige Eintheilung zu Grunde gelegt werden, welche in
der Gesetzgebung der Vereinigten Staaten angenommen ist und
welche bereits bei der allgemeinen Erörterung der Gegenstände
des geistigen Eigenthumes überhaupt im ersten Bande S. 195
zu Grunde gelegt ist.

Nach dem Nordamerikanischen Statut vom 4. Juli 1836
werden als Objecte des Patentschutzes unterschieden: neue und
nützliche Gewerbe, Maschinen und Waaren (art, machine, ma-
nufacture).
Diese Eintheilung erschöpft die wesentlichen und
für die juristische Beurtheilung massgebenden Unterschiede der
Erfindungen. Der Gegenstand der Erfindung besteht in der
Aufsuchung neuer Mittel zur Befriedigung materieller Lebens-
bedürfnisse. Diese Aufgabe wird entweder unmittelbar durch
die Production neuer Gegenstände des Gebrauches oder des
Verbrauches (Waaren), oder mittelbar durch die Auffindung
neuer Mittel zur Erzeugung bereits bekannter Producte erreicht;
und diese Hülfsmittel können entweder in bleibenden Vorrich-
tungen (Maschinen) oder in neuen Regeln für die technische
Darstellung des Productes (Fabrikationsmethoden) bestehen. Man
muss daher mit dem Nordamerikanischen Statute, nur in um-
gekehrter Folge drei Hauptklassen der Erfindungen: 1. Waa-
ren, 2. Maschinen, 3. technische Prozesse und Fa-
brikationsmethoden
unterscheiden.

Unter neuen Waaren im Sinne des Patentrechtes können
nach demjenigen, was oben (S. | 15 f.) über die Grenzen des Pa-
tentschutzes ausgeführt ist, nur neue Erzeugnisse der Fabrikation,
nicht neu entdeckte Naturproducte, wie der Tabak, die Gutta-
percha u. dgl. verstanden werden. Obgleich dergleichen neue
Erzeugnisse der Rohproduction, wie die angeführten Beispiele
zeigen, die Grundlage bedeutender Industriezweige werden kön-
nen, so werden sie doch erst Gegenstände von Erfindungspa-
tenten, insofern sie der weiteren Verarbeitung unterworfen wer-
den und die aus denselben dargestellten neuen Fabrikate zur
Patentirung gelangen.

Unter den Maschinen sind im allgemeinen alle bleibenden
Vorrichtungen verstanden, welche als Hülfsmittel zur gewerb-
lichen Production dienen, also auch die blossen Werkzeuge.
Allein neue Werkzeuge erscheinen im Rechtsverkehr mehr als

I. Vorbegriffe. §. 3. Eintheilung der Erfindungen.
den verschiedenen Patentgesetzgebungen nicht nach gleichför-
migen Regeln durchgeführt. Für diese einleitende Darstellung
soll diejenige Eintheilung zu Grunde gelegt werden, welche in
der Gesetzgebung der Vereinigten Staaten angenommen ist und
welche bereits bei der allgemeinen Erörterung der Gegenstände
des geistigen Eigenthumes überhaupt im ersten Bande S. 195
zu Grunde gelegt ist.

Nach dem Nordamerikanischen Statut vom 4. Juli 1836
werden als Objecte des Patentschutzes unterschieden: neue und
nützliche Gewerbe, Maschinen und Waaren (art, machine, ma-
nufacture).
Diese Eintheilung erschöpft die wesentlichen und
für die juristische Beurtheilung massgebenden Unterschiede der
Erfindungen. Der Gegenstand der Erfindung besteht in der
Aufsuchung neuer Mittel zur Befriedigung materieller Lebens-
bedürfnisse. Diese Aufgabe wird entweder unmittelbar durch
die Production neuer Gegenstände des Gebrauches oder des
Verbrauches (Waaren), oder mittelbar durch die Auffindung
neuer Mittel zur Erzeugung bereits bekannter Producte erreicht;
und diese Hülfsmittel können entweder in bleibenden Vorrich-
tungen (Maschinen) oder in neuen Regeln für die technische
Darstellung des Productes (Fabrikationsmethoden) bestehen. Man
muss daher mit dem Nordamerikanischen Statute, nur in um-
gekehrter Folge drei Hauptklassen der Erfindungen: 1. Waa-
ren, 2. Maschinen, 3. technische Prozesse und Fa-
brikationsmethoden
unterscheiden.

Unter neuen Waaren im Sinne des Patentrechtes können
nach demjenigen, was oben (S. | 15 f.) über die Grenzen des Pa-
tentschutzes ausgeführt ist, nur neue Erzeugnisse der Fabrikation,
nicht neu entdeckte Naturproducte, wie der Tabak, die Gutta-
percha u. dgl. verstanden werden. Obgleich dergleichen neue
Erzeugnisse der Rohproduction, wie die angeführten Beispiele
zeigen, die Grundlage bedeutender Industriezweige werden kön-
nen, so werden sie doch erst Gegenstände von Erfindungspa-
tenten, insofern sie der weiteren Verarbeitung unterworfen wer-
den und die aus denselben dargestellten neuen Fabrikate zur
Patentirung gelangen.

Unter den Maschinen sind im allgemeinen alle bleibenden
Vorrichtungen verstanden, welche als Hülfsmittel zur gewerb-
lichen Production dienen, also auch die blossen Werkzeuge.
Allein neue Werkzeuge erscheinen im Rechtsverkehr mehr als

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[26/0053] I. Vorbegriffe. §. 3. Eintheilung der Erfindungen. den verschiedenen Patentgesetzgebungen nicht nach gleichför- migen Regeln durchgeführt. Für diese einleitende Darstellung soll diejenige Eintheilung zu Grunde gelegt werden, welche in der Gesetzgebung der Vereinigten Staaten angenommen ist und welche bereits bei der allgemeinen Erörterung der Gegenstände des geistigen Eigenthumes überhaupt im ersten Bande S. 195 zu Grunde gelegt ist. Nach dem Nordamerikanischen Statut vom 4. Juli 1836 werden als Objecte des Patentschutzes unterschieden: neue und nützliche Gewerbe, Maschinen und Waaren (art, machine, ma- nufacture). Diese Eintheilung erschöpft die wesentlichen und für die juristische Beurtheilung massgebenden Unterschiede der Erfindungen. Der Gegenstand der Erfindung besteht in der Aufsuchung neuer Mittel zur Befriedigung materieller Lebens- bedürfnisse. Diese Aufgabe wird entweder unmittelbar durch die Production neuer Gegenstände des Gebrauches oder des Verbrauches (Waaren), oder mittelbar durch die Auffindung neuer Mittel zur Erzeugung bereits bekannter Producte erreicht; und diese Hülfsmittel können entweder in bleibenden Vorrich- tungen (Maschinen) oder in neuen Regeln für die technische Darstellung des Productes (Fabrikationsmethoden) bestehen. Man muss daher mit dem Nordamerikanischen Statute, nur in um- gekehrter Folge drei Hauptklassen der Erfindungen: 1. Waa- ren, 2. Maschinen, 3. technische Prozesse und Fa- brikationsmethoden unterscheiden. Unter neuen Waaren im Sinne des Patentrechtes können nach demjenigen, was oben (S. | 15 f.) über die Grenzen des Pa- tentschutzes ausgeführt ist, nur neue Erzeugnisse der Fabrikation, nicht neu entdeckte Naturproducte, wie der Tabak, die Gutta- percha u. dgl. verstanden werden. Obgleich dergleichen neue Erzeugnisse der Rohproduction, wie die angeführten Beispiele zeigen, die Grundlage bedeutender Industriezweige werden kön- nen, so werden sie doch erst Gegenstände von Erfindungspa- tenten, insofern sie der weiteren Verarbeitung unterworfen wer- den und die aus denselben dargestellten neuen Fabrikate zur Patentirung gelangen. Unter den Maschinen sind im allgemeinen alle bleibenden Vorrichtungen verstanden, welche als Hülfsmittel zur gewerb- lichen Production dienen, also auch die blossen Werkzeuge. Allein neue Werkzeuge erscheinen im Rechtsverkehr mehr als

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Zitationshilfe: Klostermann, Rudolf: Das geistige Eigenthum an Schriften, Kunstwerken und Erfindungen. Bd. 2. Berlin, 1869, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klostermann_eigenthum02_1869/53>, abgerufen am 28.04.2024.