Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite

Geschmacke des Jahrs richtet; Wer keine Annec¬
dötgen einmischt; Wer nicht dafür sorgt, daß
sein Werckgen hübsch fein gedruckt und mit Bild¬
lein ausgeziert sey; Wer herrschende Vorurtheile,
Mode-Systeme, glänzende Thorheiten, politi¬
schen, kirchlichen, gelehrten und moralischen Des¬
potismus angreift, oder lächerlich macht; Wer
sich einen Verleger wählt, auf den die andern
Buchhändler neidisch, dem sie feind sind; Wer
sich nicht demüthig unter den Schutz irgend ei¬
nes gelehrten Posaunen-Blasers begiebt; Wer
nicht die Schreyer im Publico und Die, welche
in der feinen Welt den Ton angeben, zu gewin¬
nen sucht; Wer zu bescheiden auftritt; Wer
sein Buch einem Manne widmet, oder in dem¬
selben einem Manne Gerechtigkeit wiederfahren
lässt, desse.. Verdienste beneidet, verfolgt werden
-- der wird, wenigstens in dieser Generation,
sein Glück als Autor nicht machen, und auch
sein nützlichstes Werk bald als Maculatur behan¬
delt sehn. Ich rathe daher, die unschuldigsten
unter diesen kleinen Autorkünsten nicht gänzlich
zu vernachlässigen.

3.

Geſchmacke des Jahrs richtet; Wer keine Annec¬
doͤtgen einmiſcht; Wer nicht dafuͤr ſorgt, daß
ſein Werckgen huͤbſch fein gedruckt und mit Bild¬
lein ausgeziert ſey; Wer herrſchende Vorurtheile,
Mode-Syſteme, glaͤnzende Thorheiten, politi¬
ſchen, kirchlichen, gelehrten und moraliſchen Des¬
potismus angreift, oder laͤcherlich macht; Wer
ſich einen Verleger waͤhlt, auf den die andern
Buchhaͤndler neidiſch, dem ſie feind ſind; Wer
ſich nicht demuͤthig unter den Schutz irgend ei¬
nes gelehrten Poſaunen-Blaſers begiebt; Wer
nicht die Schreyer im Publico und Die, welche
in der feinen Welt den Ton angeben, zu gewin¬
nen ſucht; Wer zu beſcheiden auftritt; Wer
ſein Buch einem Manne widmet, oder in dem¬
ſelben einem Manne Gerechtigkeit wiederfahren
laͤſſt, deſſe.. Verdienſte beneidet, verfolgt werden
— der wird, wenigſtens in dieſer Generation,
ſein Gluͤck als Autor nicht machen, und auch
ſein nuͤtzlichſtes Werk bald als Maculatur behan¬
delt ſehn. Ich rathe daher, die unſchuldigſten
unter dieſen kleinen Autorkuͤnſten nicht gaͤnzlich
zu vernachlaͤſſigen.

3.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0334" n="312"/>
Ge&#x017F;chmacke des Jahrs richtet; Wer keine Annec¬<lb/>
do&#x0364;tgen einmi&#x017F;cht; Wer nicht dafu&#x0364;r &#x017F;orgt, daß<lb/>
&#x017F;ein Werckgen hu&#x0364;b&#x017F;ch fein gedruckt und mit Bild¬<lb/>
lein ausgeziert &#x017F;ey; Wer herr&#x017F;chende Vorurtheile,<lb/>
Mode-Sy&#x017F;teme, gla&#x0364;nzende Thorheiten, politi¬<lb/>
&#x017F;chen, kirchlichen, gelehrten und morali&#x017F;chen Des¬<lb/>
potismus angreift, oder la&#x0364;cherlich macht; Wer<lb/>
&#x017F;ich einen Verleger wa&#x0364;hlt, auf den die andern<lb/>
Buchha&#x0364;ndler neidi&#x017F;ch, dem &#x017F;ie feind &#x017F;ind; Wer<lb/>
&#x017F;ich nicht demu&#x0364;thig unter den Schutz irgend ei¬<lb/>
nes gelehrten Po&#x017F;aunen-Bla&#x017F;ers begiebt; Wer<lb/>
nicht die Schreyer im Publico und Die, welche<lb/>
in der feinen Welt den Ton angeben, zu gewin¬<lb/>
nen &#x017F;ucht; Wer zu be&#x017F;cheiden auftritt; Wer<lb/>
&#x017F;ein Buch einem Manne widmet, oder in dem¬<lb/>
&#x017F;elben einem Manne Gerechtigkeit wiederfahren<lb/>
la&#x0364;&#x017F;&#x017F;t, de&#x017F;&#x017F;e.. Verdien&#x017F;te beneidet, verfolgt werden<lb/>
&#x2014; der wird, wenig&#x017F;tens in die&#x017F;er Generation,<lb/>
&#x017F;ein Glu&#x0364;ck als Autor nicht machen, und auch<lb/>
&#x017F;ein nu&#x0364;tzlich&#x017F;tes Werk bald als Maculatur behan¬<lb/>
delt &#x017F;ehn. Ich rathe daher, die un&#x017F;chuldig&#x017F;ten<lb/>
unter die&#x017F;en kleinen Autorku&#x0364;n&#x017F;ten nicht ga&#x0364;nzlich<lb/>
zu vernachla&#x0364;&#x017F;&#x017F;igen.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">3.<lb/></fw>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[312/0334] Geſchmacke des Jahrs richtet; Wer keine Annec¬ doͤtgen einmiſcht; Wer nicht dafuͤr ſorgt, daß ſein Werckgen huͤbſch fein gedruckt und mit Bild¬ lein ausgeziert ſey; Wer herrſchende Vorurtheile, Mode-Syſteme, glaͤnzende Thorheiten, politi¬ ſchen, kirchlichen, gelehrten und moraliſchen Des¬ potismus angreift, oder laͤcherlich macht; Wer ſich einen Verleger waͤhlt, auf den die andern Buchhaͤndler neidiſch, dem ſie feind ſind; Wer ſich nicht demuͤthig unter den Schutz irgend ei¬ nes gelehrten Poſaunen-Blaſers begiebt; Wer nicht die Schreyer im Publico und Die, welche in der feinen Welt den Ton angeben, zu gewin¬ nen ſucht; Wer zu beſcheiden auftritt; Wer ſein Buch einem Manne widmet, oder in dem¬ ſelben einem Manne Gerechtigkeit wiederfahren laͤſſt, deſſe.. Verdienſte beneidet, verfolgt werden — der wird, wenigſtens in dieſer Generation, ſein Gluͤck als Autor nicht machen, und auch ſein nuͤtzlichſtes Werk bald als Maculatur behan¬ delt ſehn. Ich rathe daher, die unſchuldigſten unter dieſen kleinen Autorkuͤnſten nicht gaͤnzlich zu vernachlaͤſſigen. 3.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/334
Zitationshilfe: Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/334>, abgerufen am 28.04.2024.