Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite

wohner! welch' ein Abstand gegen jene Länder,
wo noch die Fesseln der Sklaverei fürchterlich
nachklirren, Fleis und Mühe unbelohnt bleibt!

Jch wohne nicht in deinen Fluren, glükli-
ches Volk!
aber mein Geist kann sich die Art
von Glükseligkeit entfalten, die dir dein Fürst
bereitet hat, auch entfernt kann ich Teil daran
nehmen, und meinem Herzen die reinste Wollnst
gewähren, die es bei edlen Thaten empfindet.

Jch liebe mein Vaterland mit der reinsten
Liebe, die nicht im leeren Schall der Worte be-
steht, sondern aus dem Herzen spricht, und dar-
nach handelt; ich freue mich, wenn es dessen Be-
wohnern wol geht, ich beschränke aber nicht blos
meine Aussicht auf das Land, wo ich mein Da-
sein empfing: sondern ich irre auch gern in Sü-
den
und Norden, und weile gern wo Gottes
Sonne milde herablächelt, und die Bewohner an-
mutiger Gefilde, den reinsten Genus der Lebens-
giükseligkeit einschlürfen.

Blik ich nach Süden, so sehe ich den ersten
Fürsten Deutschlands auf Cäsars Thron,
groß durch seine Thaten, groß durch seine
weisen Gesezze, aber noch grösser durch
seine Menschenliebe.
Doch sein Lob ist genug

L 4

wohner! welch’ ein Abſtand gegen jene Laͤnder,
wo noch die Feſſeln der Sklaverei fuͤrchterlich
nachklirren, Fleis und Muͤhe unbelohnt bleibt!

Jch wohne nicht in deinen Fluren, gluͤkli-
ches Volk!
aber mein Geiſt kann ſich die Art
von Gluͤkſeligkeit entfalten, die dir dein Fuͤrſt
bereitet hat, auch entfernt kann ich Teil daran
nehmen, und meinem Herzen die reinſte Wollnſt
gewaͤhren, die es bei edlen Thaten empfindet.

Jch liebe mein Vaterland mit der reinſten
Liebe, die nicht im leeren Schall der Worte be-
ſteht, ſondern aus dem Herzen ſpricht, und dar-
nach handelt; ich freue mich, wenn es deſſen Be-
wohnern wol geht, ich beſchraͤnke aber nicht blos
meine Ausſicht auf das Land, wo ich mein Da-
ſein empfing: ſondern ich irre auch gern in Suͤ-
den
und Norden, und weile gern wo Gottes
Sonne milde herablaͤchelt, und die Bewohner an-
mutiger Gefilde, den reinſten Genus der Lebens-
giuͤkſeligkeit einſchluͤrfen.

Blik ich nach Suͤden, ſo ſehe ich den erſten
Fuͤrſten Deutſchlands auf Caͤſars Thron,
groß durch ſeine Thaten, groß durch ſeine
weiſen Geſezze, aber noch groͤſſer durch
ſeine Menſchenliebe.
Doch ſein Lob iſt genug

L 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><hi rendition="#fr"><pb facs="#f0175" n="167"/>
wohner!</hi> welch&#x2019; ein Ab&#x017F;tand gegen jene La&#x0364;nder,<lb/>
wo noch die Fe&#x017F;&#x017F;eln der Sklaverei fu&#x0364;rchterlich<lb/>
nachklirren, Fleis und Mu&#x0364;he unbelohnt bleibt!</p><lb/>
          <p>Jch wohne nicht in deinen Fluren, <hi rendition="#fr">glu&#x0364;kli-<lb/>
ches Volk!</hi> aber mein Gei&#x017F;t kann &#x017F;ich die Art<lb/>
von Glu&#x0364;k&#x017F;eligkeit entfalten, die dir dein Fu&#x0364;r&#x017F;t<lb/>
bereitet hat, auch entfernt kann ich Teil daran<lb/>
nehmen, und meinem Herzen die rein&#x017F;te Wolln&#x017F;t<lb/>
gewa&#x0364;hren, die es bei edlen Thaten empfindet.</p><lb/>
          <p>Jch liebe mein Vaterland mit der rein&#x017F;ten<lb/>
Liebe, die nicht im leeren Schall der Worte be-<lb/>
&#x017F;teht, &#x017F;ondern aus dem Herzen &#x017F;pricht, und dar-<lb/>
nach handelt; ich freue mich, wenn es de&#x017F;&#x017F;en Be-<lb/>
wohnern wol geht, ich be&#x017F;chra&#x0364;nke aber nicht blos<lb/>
meine Aus&#x017F;icht auf das Land, wo ich mein Da-<lb/>
&#x017F;ein empfing: &#x017F;ondern ich irre auch gern in <hi rendition="#fr">Su&#x0364;-<lb/>
den</hi> und <hi rendition="#fr">Norden,</hi> und weile gern wo Gottes<lb/>
Sonne milde herabla&#x0364;chelt, und die Bewohner an-<lb/>
mutiger Gefilde, den rein&#x017F;ten Genus der Lebens-<lb/>
giu&#x0364;k&#x017F;eligkeit ein&#x017F;chlu&#x0364;rfen.</p><lb/>
          <p>Blik ich nach <hi rendition="#fr">Su&#x0364;den,</hi> &#x017F;o &#x017F;ehe ich den <hi rendition="#fr">er&#x017F;ten<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;ten Deut&#x017F;chlands auf Ca&#x0364;&#x017F;ars Thron,<lb/>
groß durch &#x017F;eine Thaten, groß durch &#x017F;eine<lb/>
wei&#x017F;en Ge&#x017F;ezze, aber noch gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er durch<lb/>
&#x017F;eine Men&#x017F;chenliebe.</hi> Doch &#x017F;ein Lob i&#x017F;t genug<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">L 4</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[167/0175] wohner! welch’ ein Abſtand gegen jene Laͤnder, wo noch die Feſſeln der Sklaverei fuͤrchterlich nachklirren, Fleis und Muͤhe unbelohnt bleibt! Jch wohne nicht in deinen Fluren, gluͤkli- ches Volk! aber mein Geiſt kann ſich die Art von Gluͤkſeligkeit entfalten, die dir dein Fuͤrſt bereitet hat, auch entfernt kann ich Teil daran nehmen, und meinem Herzen die reinſte Wollnſt gewaͤhren, die es bei edlen Thaten empfindet. Jch liebe mein Vaterland mit der reinſten Liebe, die nicht im leeren Schall der Worte be- ſteht, ſondern aus dem Herzen ſpricht, und dar- nach handelt; ich freue mich, wenn es deſſen Be- wohnern wol geht, ich beſchraͤnke aber nicht blos meine Ausſicht auf das Land, wo ich mein Da- ſein empfing: ſondern ich irre auch gern in Suͤ- den und Norden, und weile gern wo Gottes Sonne milde herablaͤchelt, und die Bewohner an- mutiger Gefilde, den reinſten Genus der Lebens- giuͤkſeligkeit einſchluͤrfen. Blik ich nach Suͤden, ſo ſehe ich den erſten Fuͤrſten Deutſchlands auf Caͤſars Thron, groß durch ſeine Thaten, groß durch ſeine weiſen Geſezze, aber noch groͤſſer durch ſeine Menſchenliebe. Doch ſein Lob iſt genug L 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/175
Zitationshilfe: Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/175>, abgerufen am 30.04.2024.