Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite

nung des Joseph. Das Gericht, um sich ausser
aller Verautwortung zu sezzen, gab dem Be-
leidigten die gehörige Mittel an die Hand, sich
gesezlich zu rechtfertigen, ohne ihn zur Verhaft
zu ziehen, und ohne ihn für schwer beschuldigt
zu halten. Wenigstens war dies der Zweck und
Gang des Kriminalrichters, eines eben so un-
sträflichen als erleuchteten Mannes, der an der
evidenten Unschuld des Joseph nicht einen Au-
genblik gezweifelt hatte. -- Wäre ihm die Un-
tersuchung nicht abgenommen worden, würde
man den Gerichtshöfen eine neue Mühe,
der Menschheit einen Schimpf, und den
Erzälern ihrer Unglüksfälle einen neuen
Beweis ihrer Gefaren
erspart haben.

Bereit, seine Aufführung zu vertheidigen,
und ohne Furcht vor dem Wetter, welches sich
über ihn zusammen zog, kam Joseph zu seinem
Regiment zurük. Da fand er die Achtung und
das Mitleiden seiner Kameraden; weit entfernt,
daß ihre Gesinnungen lauer geworden wären,
hatte vielmehr sein Unglük, sie wärmer und inni-
ger gemacht. Seine Obern wetteiferten ihm die
besten Zeugnisse zu geben, und ihm die ehrenvoll-
sten Bekundungen darüber auszufertigen. Un-

M 5

nung des Joſeph. Das Gericht, um ſich auſſer
aller Verautwortung zu ſezzen, gab dem Be-
leidigten die gehoͤrige Mittel an die Hand, ſich
geſezlich zu rechtfertigen, ohne ihn zur Verhaft
zu ziehen, und ohne ihn fuͤr ſchwer beſchuldigt
zu halten. Wenigſtens war dies der Zweck und
Gang des Kriminalrichters, eines eben ſo un-
ſtraͤflichen als erleuchteten Mannes, der an der
evidenten Unſchuld des Joſeph nicht einen Au-
genblik gezweifelt hatte. — Waͤre ihm die Un-
terſuchung nicht abgenommen worden, wuͤrde
man den Gerichtshoͤfen eine neue Muͤhe,
der Menſchheit einen Schimpf, und den
Erzaͤlern ihrer Ungluͤksfaͤlle einen neuen
Beweis ihrer Gefaren
erſpart haben.

Bereit, ſeine Auffuͤhrung zu vertheidigen,
und ohne Furcht vor dem Wetter, welches ſich
uͤber ihn zuſammen zog, kam Joſeph zu ſeinem
Regiment zuruͤk. Da fand er die Achtung und
das Mitleiden ſeiner Kameraden; weit entfernt,
daß ihre Geſinnungen lauer geworden waͤren,
hatte vielmehr ſein Ungluͤk, ſie waͤrmer und inni-
ger gemacht. Seine Obern wetteiferten ihm die
beſten Zeugniſſe zu geben, und ihm die ehrenvoll-
ſten Bekundungen daruͤber auszufertigen. Un-

M 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0193" n="185"/>
nung des <hi rendition="#fr">Jo&#x017F;eph.</hi> Das Gericht, um &#x017F;ich au&#x017F;&#x017F;er<lb/>
aller Verautwortung zu &#x017F;ezzen, gab dem Be-<lb/>
leidigten die geho&#x0364;rige Mittel an die Hand, &#x017F;ich<lb/>
ge&#x017F;ezlich zu rechtfertigen, ohne ihn zur Verhaft<lb/>
zu ziehen, und ohne ihn fu&#x0364;r &#x017F;chwer be&#x017F;chuldigt<lb/>
zu halten. Wenig&#x017F;tens war dies der Zweck und<lb/>
Gang des <hi rendition="#fr">Kriminalrichters,</hi> eines eben &#x017F;o un-<lb/>
&#x017F;tra&#x0364;flichen als erleuchteten Mannes, der an der<lb/>
evidenten Un&#x017F;chuld des Jo&#x017F;eph nicht einen Au-<lb/>
genblik gezweifelt hatte. &#x2014; Wa&#x0364;re ihm die Un-<lb/>
ter&#x017F;uchung nicht abgenommen worden, wu&#x0364;rde<lb/>
man den <hi rendition="#fr">Gerichtsho&#x0364;fen eine neue Mu&#x0364;he,</hi><lb/>
der <hi rendition="#fr">Men&#x017F;chheit einen Schimpf,</hi> und den<lb/><hi rendition="#fr">Erza&#x0364;lern ihrer Unglu&#x0364;ksfa&#x0364;lle</hi> einen <hi rendition="#fr">neuen<lb/>
Beweis ihrer Gefaren</hi> er&#x017F;part haben.</p><lb/>
        <p>Bereit, &#x017F;eine Auffu&#x0364;hrung zu vertheidigen,<lb/>
und ohne Furcht vor dem Wetter, welches &#x017F;ich<lb/>
u&#x0364;ber ihn zu&#x017F;ammen zog, kam <hi rendition="#fr">Jo&#x017F;eph</hi> zu &#x017F;einem<lb/>
Regiment zuru&#x0364;k. Da fand er die Achtung und<lb/>
das Mitleiden &#x017F;einer Kameraden; weit entfernt,<lb/>
daß ihre Ge&#x017F;innungen lauer geworden wa&#x0364;ren,<lb/>
hatte vielmehr &#x017F;ein Unglu&#x0364;k, &#x017F;ie wa&#x0364;rmer und inni-<lb/>
ger gemacht. Seine <hi rendition="#fr">Obern</hi> wetteiferten ihm die<lb/>
be&#x017F;ten Zeugni&#x017F;&#x017F;e zu geben, und ihm die ehrenvoll-<lb/>
&#x017F;ten Bekundungen daru&#x0364;ber auszufertigen. Un-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">M 5</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[185/0193] nung des Joſeph. Das Gericht, um ſich auſſer aller Verautwortung zu ſezzen, gab dem Be- leidigten die gehoͤrige Mittel an die Hand, ſich geſezlich zu rechtfertigen, ohne ihn zur Verhaft zu ziehen, und ohne ihn fuͤr ſchwer beſchuldigt zu halten. Wenigſtens war dies der Zweck und Gang des Kriminalrichters, eines eben ſo un- ſtraͤflichen als erleuchteten Mannes, der an der evidenten Unſchuld des Joſeph nicht einen Au- genblik gezweifelt hatte. — Waͤre ihm die Un- terſuchung nicht abgenommen worden, wuͤrde man den Gerichtshoͤfen eine neue Muͤhe, der Menſchheit einen Schimpf, und den Erzaͤlern ihrer Ungluͤksfaͤlle einen neuen Beweis ihrer Gefaren erſpart haben. Bereit, ſeine Auffuͤhrung zu vertheidigen, und ohne Furcht vor dem Wetter, welches ſich uͤber ihn zuſammen zog, kam Joſeph zu ſeinem Regiment zuruͤk. Da fand er die Achtung und das Mitleiden ſeiner Kameraden; weit entfernt, daß ihre Geſinnungen lauer geworden waͤren, hatte vielmehr ſein Ungluͤk, ſie waͤrmer und inni- ger gemacht. Seine Obern wetteiferten ihm die beſten Zeugniſſe zu geben, und ihm die ehrenvoll- ſten Bekundungen daruͤber auszufertigen. Un- M 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/193
Zitationshilfe: Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/193>, abgerufen am 30.04.2024.