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Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

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Entwicklung der äusseren Haut.
Kurze Zeit darauf ist dann durch mich für den menschlichen Embryo
sowohl bei den Haaren und Nägeln, als auch für Talg-, Schweiss-,
Milch- und Ohrenschmalzdrüsen durch ausführliche Untersuchungen
nachgewiesen worden, dass und wie dieselben aus der Epidermis
sich hervorbilden (Zürcher Mittheilungen 1850. Nr. 41, Zeitschr. f.
wiss. Zool. II. St. 67). Eine genauere Beschreibung dieser Verhält-
nisse in das Gebiet der Mikroskopie verweisend (man vergl. meine
Mikr. Anat. II, und Handb. d. Gewebelehre, 3. Aufl.), will ich Ihnen
hier nur den allgemeinen Plan vorführen, nach welchem die Anhänge
der Haut sich bilden.

Erstens die Haare entwickeln sich am Ende des dritten oderEntwicklung der
Haare.

im Anfange des vierten embryonalen Monates und zwar in der Weise,

[Abbildung] Fig. 165.
dass die Schleimschicht der Ober-
haut kleine zapfenförmige Wuche-
rungen nach Innen bildet, die soge-
nannten "Haarkeime" oder genauer
bezeichnet, die Anlagen der Haare
und eines guten Theils der Haar-
säckchen, nämlich der Wurzel-
scheiden. Diese beim Menschen
sicherlich nicht hohlen Wucherungen der Epidermis nun erhalten
von der Cutis eine Umhüllung, welche anfänglich nicht gerade als
[Abbildung] Fig. 166.
etwas Selbständiges auftritt, vielmehr erscheint,
wie in allen diesen Fällen, die Epidermiswu-
cherung als das Wesentliche und Bestimmende
und tritt die Umhüllung von den gefässhaltigen
Theilen erst später mehr hervor und stellt
dann den der Cutis angehörigen Theil des Haar-
balges dar. Im weiteren Verlaufe nun gestalten
sich die Wucherungen der Schleimschicht der
Epidermis zu langen flaschenförmigen Gebilden,
in deren Grund von der Anlage des Haarbalges
aus eine Wucherung sich hineinbildet, die
[Abbildung]

Fig. 165. Haaranlage von der Stirn eines 16 Wochen alten menschlichen
Embryo, 350mal vergr.; a Hornschicht der Oberhaut; b Schleimschicht der-
selben; i structurlose Haut aussen um die Haaranlage herum, die sich zwischen
Schleimschicht und Corium fortzieht; m rundliche, zum Theil längliche Zellen,
welche die Haaranlage vorzüglich zusammensetzen.
Fig. 166. Anlage eines Augenbrauenhaares von 0,22", 50mal vergr., deren

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Entwicklung der äusseren Haut.
Kurze Zeit darauf ist dann durch mich für den menschlichen Embryo
sowohl bei den Haaren und Nägeln, als auch für Talg-, Schweiss-,
Milch- und Ohrenschmalzdrüsen durch ausführliche Untersuchungen
nachgewiesen worden, dass und wie dieselben aus der Epidermis
sich hervorbilden (Zürcher Mittheilungen 1850. Nr. 41, Zeitschr. f.
wiss. Zool. II. St. 67). Eine genauere Beschreibung dieser Verhält-
nisse in das Gebiet der Mikroskopie verweisend (man vergl. meine
Mikr. Anat. II, und Handb. d. Gewebelehre, 3. Aufl.), will ich Ihnen
hier nur den allgemeinen Plan vorführen, nach welchem die Anhänge
der Haut sich bilden.

Erstens die Haare entwickeln sich am Ende des dritten oderEntwicklung der
Haare.

im Anfange des vierten embryonalen Monates und zwar in der Weise,

[Abbildung] Fig. 165.
dass die Schleimschicht der Ober-
haut kleine zapfenförmige Wuche-
rungen nach Innen bildet, die soge-
nannten «Haarkeime» oder genauer
bezeichnet, die Anlagen der Haare
und eines guten Theils der Haar-
säckchen, nämlich der Wurzel-
scheiden. Diese beim Menschen
sicherlich nicht hohlen Wucherungen der Epidermis nun erhalten
von der Cutis eine Umhüllung, welche anfänglich nicht gerade als
[Abbildung] Fig. 166.
etwas Selbständiges auftritt, vielmehr erscheint,
wie in allen diesen Fällen, die Epidermiswu-
cherung als das Wesentliche und Bestimmende
und tritt die Umhüllung von den gefässhaltigen
Theilen erst später mehr hervor und stellt
dann den der Cutis angehörigen Theil des Haar-
balges dar. Im weiteren Verlaufe nun gestalten
sich die Wucherungen der Schleimschicht der
Epidermis zu langen flaschenförmigen Gebilden,
in deren Grund von der Anlage des Haarbalges
aus eine Wucherung sich hineinbildet, die
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Fig. 165. Haaranlage von der Stirn eines 16 Wochen alten menschlichen
Embryo, 350mal vergr.; a Hornschicht der Oberhaut; b Schleimschicht der-
selben; i structurlose Haut aussen um die Haaranlage herum, die sich zwischen
Schleimschicht und Corium fortzieht; m rundliche, zum Theil längliche Zellen,
welche die Haaranlage vorzüglich zusammensetzen.
Fig. 166. Anlage eines Augenbrauenhaares von 0,22″, 50mal vergr., deren

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[339/0355] Entwicklung der äusseren Haut. Kurze Zeit darauf ist dann durch mich für den menschlichen Embryo sowohl bei den Haaren und Nägeln, als auch für Talg-, Schweiss-, Milch- und Ohrenschmalzdrüsen durch ausführliche Untersuchungen nachgewiesen worden, dass und wie dieselben aus der Epidermis sich hervorbilden (Zürcher Mittheilungen 1850. Nr. 41, Zeitschr. f. wiss. Zool. II. St. 67). Eine genauere Beschreibung dieser Verhält- nisse in das Gebiet der Mikroskopie verweisend (man vergl. meine Mikr. Anat. II, und Handb. d. Gewebelehre, 3. Aufl.), will ich Ihnen hier nur den allgemeinen Plan vorführen, nach welchem die Anhänge der Haut sich bilden. Erstens die Haare entwickeln sich am Ende des dritten oder im Anfange des vierten embryonalen Monates und zwar in der Weise, [Abbildung Fig. 165.] dass die Schleimschicht der Ober- haut kleine zapfenförmige Wuche- rungen nach Innen bildet, die soge- nannten «Haarkeime» oder genauer bezeichnet, die Anlagen der Haare und eines guten Theils der Haar- säckchen, nämlich der Wurzel- scheiden. Diese beim Menschen sicherlich nicht hohlen Wucherungen der Epidermis nun erhalten von der Cutis eine Umhüllung, welche anfänglich nicht gerade als [Abbildung Fig. 166.] etwas Selbständiges auftritt, vielmehr erscheint, wie in allen diesen Fällen, die Epidermiswu- cherung als das Wesentliche und Bestimmende und tritt die Umhüllung von den gefässhaltigen Theilen erst später mehr hervor und stellt dann den der Cutis angehörigen Theil des Haar- balges dar. Im weiteren Verlaufe nun gestalten sich die Wucherungen der Schleimschicht der Epidermis zu langen flaschenförmigen Gebilden, in deren Grund von der Anlage des Haarbalges aus eine Wucherung sich hineinbildet, die [Abbildung Fig. 165. Haaranlage von der Stirn eines 16 Wochen alten menschlichen Embryo, 350mal vergr.; a Hornschicht der Oberhaut; b Schleimschicht der- selben; i structurlose Haut aussen um die Haaranlage herum, die sich zwischen Schleimschicht und Corium fortzieht; m rundliche, zum Theil längliche Zellen, welche die Haaranlage vorzüglich zusammensetzen. Fig. 166. Anlage eines Augenbrauenhaares von 0,22″, 50mal vergr., deren] Entwicklung der Haare. 22*

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Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/355>, abgerufen am 29.04.2024.