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Kortum, Carl Arnold: Die Jobsiade. Bd. 3. Dortmund, 1799.

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ge zur Heilung der Krankheiten, machten sie
in kurzer Zeit so berühmt, daß kein ordentli-
cher Arzt gegen sie schier mehr aufkommen konn-
te, und diese genöthigt wurden eine Klage wi-
der sie beim Kollegio Sanitatis einzugeben,
worauf jedoch bisher nicht reflektirt worden ist.

Zuweilen war sie eigensinnig und wollte in
ihrem Schlafe nicht antworten, besonders wenn
sie merkte, daß man gegen sie mißtrauisch war,
oder ihr die Beantwortung zu schwer fiel. Die-
sem Eigensinne bleibt sie auch noch bis auf den
heutigen Tag getreu; deswegen kann sie auch
gewisse Personen nicht leiden und versagt ihnen
die Audienz. Wird sie des Fragens und Vexi-
rens müde und ist niemand da, der sie auf ihr
ausdrückliches Verlangen aus dem Schlafpa-
roxismus weckt, so erwacht sie von selbst mit
einem tiefen Seufzer.

Seit etwa dreiviertel Jahr hat sie sich
auf ihre eigene Hand einen Magnetiseur
angeschafft, nemlich einen jungen Friseurgesellen
mit welchem sie im engsten Rapport steht, und
von dem sie zuweilen sagt, daß sie ihn mit
einem Lichtglanze umgeben oder gar im weißen,
blauen, grünen und rothen Feuer stehen sähe;

ge zur Heilung der Krankheiten, machten ſie
in kurzer Zeit ſo beruͤhmt, daß kein ordentli-
cher Arzt gegen ſie ſchier mehr aufkommen konn-
te, und dieſe genoͤthigt wurden eine Klage wi-
der ſie beim Kollegio Sanitatis einzugeben,
worauf jedoch bisher nicht reflektirt worden iſt.

Zuweilen war ſie eigenſinnig und wollte in
ihrem Schlafe nicht antworten, beſonders wenn
ſie merkte, daß man gegen ſie mißtrauiſch war,
oder ihr die Beantwortung zu ſchwer fiel. Die-
ſem Eigenſinne bleibt ſie auch noch bis auf den
heutigen Tag getreu; deswegen kann ſie auch
gewiſſe Perſonen nicht leiden und verſagt ihnen
die Audienz. Wird ſie des Fragens und Vexi-
rens muͤde und iſt niemand da, der ſie auf ihr
ausdruͤckliches Verlangen aus dem Schlafpa-
roxismus weckt, ſo erwacht ſie von ſelbſt mit
einem tiefen Seufzer.

Seit etwa dreiviertel Jahr hat ſie ſich
auf ihre eigene Hand einen Magnetiſeur
angeſchafft, nemlich einen jungen Friſeurgeſellen
mit welchem ſie im engſten Rapport ſteht, und
von dem ſie zuweilen ſagt, daß ſie ihn mit
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[20/0226] ge zur Heilung der Krankheiten, machten ſie in kurzer Zeit ſo beruͤhmt, daß kein ordentli- cher Arzt gegen ſie ſchier mehr aufkommen konn- te, und dieſe genoͤthigt wurden eine Klage wi- der ſie beim Kollegio Sanitatis einzugeben, worauf jedoch bisher nicht reflektirt worden iſt. Zuweilen war ſie eigenſinnig und wollte in ihrem Schlafe nicht antworten, beſonders wenn ſie merkte, daß man gegen ſie mißtrauiſch war, oder ihr die Beantwortung zu ſchwer fiel. Die- ſem Eigenſinne bleibt ſie auch noch bis auf den heutigen Tag getreu; deswegen kann ſie auch gewiſſe Perſonen nicht leiden und verſagt ihnen die Audienz. Wird ſie des Fragens und Vexi- rens muͤde und iſt niemand da, der ſie auf ihr ausdruͤckliches Verlangen aus dem Schlafpa- roxismus weckt, ſo erwacht ſie von ſelbſt mit einem tiefen Seufzer. Seit etwa dreiviertel Jahr hat ſie ſich auf ihre eigene Hand einen Magnetiſeur angeſchafft, nemlich einen jungen Friſeurgeſellen mit welchem ſie im engſten Rapport ſteht, und von dem ſie zuweilen ſagt, daß ſie ihn mit einem Lichtglanze umgeben oder gar im weißen, blauen, gruͤnen und rothen Feuer ſtehen ſaͤhe;

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Zitationshilfe: Kortum, Carl Arnold: Die Jobsiade. Bd. 3. Dortmund, 1799, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kortum_jobsiade03_1799/226>, abgerufen am 29.04.2024.