Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite

Geschichte der Erde
Ursache davon zu untersuchen, da ich dieselbige bereits in
meiner Naturlehre angezeigt habe, sondern wir dürfen
es nur blos als eine in der Erfahrung gegründete Sache
annehmen. Nun hat Herr Richer wahrgenommen, daß
eiu Perpendicul, welcher zu Paris eine Secunde schlug,
auf der Insel Cayenne in America um 11/4 Linie kürzer
gemacht werden müssen, wenn er eine Secunde schlagen
sollen; und der Herr von Maupertuis hat befunden:
daß der Perpendicul in Lapland hat länger gemacht
werden müssen als zu Paris wenn er eine Secunde hat
schlagen sollen. Daraus folget demnach, daß entweder
unter der Linie der Faden länger oder das Gewichte leichter,
und daß in Lappland entweder der Faden kürzer, oder
das Gewichte schwerer geworden seyn müsse, als es zu
Paris gewesen. Das erstre läßt sich nicht behaupten.
Denn wenn man gleich sagen wollte, daß die Hitze unter
der Linie den Perpendicul verlängert, und die Kälte in
Lapland denselben verkürzt hätte, so geht dieses doch nicht
nur darum nicht an, weil die Experimente unter der Linie
nicht in der Sonnenhitze, sondern in Schatten angestellt
worden sind, sondern weil auch die Gründe der Naturlehre zei-
gen, daß der Perpendicul von einen solchen Grade der Wärme
wie unter der Linie zu seyn pflegt, ohnmöglich so stark ha-
be ausgedehnet werden können. Es bleibet also weiter
nichts übrig, als daß man zugiebet, es sey das Gewichte
unter der Linie leichter, und gegen den Nordpol schwerer
geworden. Wie man solches vernünftig erklären wolle
ohne die vier und zwanzig stündige Bewegung der Erde
um ihre Achse anzunehmen, daran ist gar nicht zu ge-
denken.

§. 63.

Unser Newton hat seine Schlüsse weiter getrieben,
und dadurch ausser der Figur der Erde auch die Gestalt des
Jupiters bestimmt. Vermöge derselben hat er gefunden,

daß

Geſchichte der Erde
Urſache davon zu unterſuchen, da ich dieſelbige bereits in
meiner Naturlehre angezeigt habe, ſondern wir duͤrfen
es nur blos als eine in der Erfahrung gegruͤndete Sache
annehmen. Nun hat Herr Richer wahrgenommen, daß
eiu Perpendicul, welcher zu Paris eine Secunde ſchlug,
auf der Inſel Cayenne in America um 1¼ Linie kuͤrzer
gemacht werden muͤſſen, wenn er eine Secunde ſchlagen
ſollen; und der Herr von Maupertuis hat befunden:
daß der Perpendicul in Lapland hat laͤnger gemacht
werden muͤſſen als zu Paris wenn er eine Secunde hat
ſchlagen ſollen. Daraus folget demnach, daß entweder
unter der Linie der Faden laͤnger oder das Gewichte leichter,
und daß in Lappland entweder der Faden kuͤrzer, oder
das Gewichte ſchwerer geworden ſeyn muͤſſe, als es zu
Paris geweſen. Das erſtre laͤßt ſich nicht behaupten.
Denn wenn man gleich ſagen wollte, daß die Hitze unter
der Linie den Perpendicul verlaͤngert, und die Kaͤlte in
Lapland denſelben verkuͤrzt haͤtte, ſo geht dieſes doch nicht
nur darum nicht an, weil die Experimente unter der Linie
nicht in der Sonnenhitze, ſondern in Schatten angeſtellt
worden ſind, ſondern weil auch die Gruͤnde der Naturlehre zei-
gen, daß der Perpendicul von einen ſolchen Grade der Waͤrme
wie unter der Linie zu ſeyn pflegt, ohnmoͤglich ſo ſtark ha-
be ausgedehnet werden koͤnnen. Es bleibet alſo weiter
nichts uͤbrig, als daß man zugiebet, es ſey das Gewichte
unter der Linie leichter, und gegen den Nordpol ſchwerer
geworden. Wie man ſolches vernuͤnftig erklaͤren wolle
ohne die vier und zwanzig ſtuͤndige Bewegung der Erde
um ihre Achſe anzunehmen, daran iſt gar nicht zu ge-
denken.

§. 63.

Unſer Newton hat ſeine Schluͤſſe weiter getrieben,
und dadurch auſſer der Figur der Erde auch die Geſtalt des
Jupiters beſtimmt. Vermoͤge derſelben hat er gefunden,

daß
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0130" n="116"/><fw place="top" type="header">Ge&#x017F;chichte der Erde</fw><lb/>
Ur&#x017F;ache davon zu unter&#x017F;uchen, da ich die&#x017F;elbige bereits in<lb/>
meiner Naturlehre angezeigt habe, &#x017F;ondern wir du&#x0364;rfen<lb/>
es nur blos als eine in der Erfahrung gegru&#x0364;ndete Sache<lb/>
annehmen. Nun hat Herr <hi rendition="#fr">Richer</hi> wahrgenommen, daß<lb/>
eiu Perpendicul, welcher zu <hi rendition="#fr">Paris</hi> eine Secunde &#x017F;chlug,<lb/>
auf der In&#x017F;el <hi rendition="#fr">Cayenne</hi> in <hi rendition="#fr">America</hi> um 1¼ Linie ku&#x0364;rzer<lb/>
gemacht werden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, wenn er eine Secunde &#x017F;chlagen<lb/>
&#x017F;ollen; und der Herr von <hi rendition="#fr">Maupertuis</hi> hat befunden:<lb/>
daß der Perpendicul in <hi rendition="#fr">Lapland</hi> hat la&#x0364;nger gemacht<lb/>
werden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en als zu <hi rendition="#fr">Paris</hi> wenn er eine Secunde hat<lb/>
&#x017F;chlagen &#x017F;ollen. Daraus folget demnach, daß entweder<lb/>
unter der Linie der Faden la&#x0364;nger oder das Gewichte leichter,<lb/>
und daß in <hi rendition="#fr">Lappland</hi> entweder der Faden ku&#x0364;rzer, oder<lb/>
das Gewichte &#x017F;chwerer geworden &#x017F;eyn mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, als es zu<lb/><hi rendition="#fr">Paris</hi> gewe&#x017F;en. Das er&#x017F;tre la&#x0364;ßt &#x017F;ich nicht behaupten.<lb/>
Denn wenn man gleich &#x017F;agen wollte, daß die Hitze unter<lb/>
der Linie den Perpendicul verla&#x0364;ngert, und die Ka&#x0364;lte in<lb/>
Lapland den&#x017F;elben verku&#x0364;rzt ha&#x0364;tte, &#x017F;o geht die&#x017F;es doch nicht<lb/>
nur darum nicht an, weil die Experimente unter der Linie<lb/>
nicht in der Sonnenhitze, &#x017F;ondern in Schatten ange&#x017F;tellt<lb/>
worden &#x017F;ind, &#x017F;ondern weil auch die Gru&#x0364;nde der Naturlehre zei-<lb/>
gen, daß der Perpendicul von einen &#x017F;olchen Grade der Wa&#x0364;rme<lb/>
wie unter der Linie zu &#x017F;eyn pflegt, ohnmo&#x0364;glich &#x017F;o &#x017F;tark ha-<lb/>
be ausgedehnet werden ko&#x0364;nnen. Es bleibet al&#x017F;o weiter<lb/>
nichts u&#x0364;brig, als daß man zugiebet, es &#x017F;ey das Gewichte<lb/>
unter der Linie leichter, und gegen den Nordpol &#x017F;chwerer<lb/>
geworden. Wie man &#x017F;olches vernu&#x0364;nftig erkla&#x0364;ren wolle<lb/>
ohne die vier und zwanzig &#x017F;tu&#x0364;ndige Bewegung der Erde<lb/>
um ihre Ach&#x017F;e anzunehmen, daran i&#x017F;t gar nicht zu ge-<lb/>
denken.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head>§. 63.</head><lb/>
        <p>Un&#x017F;er <hi rendition="#fr">Newton</hi> hat &#x017F;eine Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e weiter getrieben,<lb/>
und dadurch au&#x017F;&#x017F;er der Figur der Erde auch die Ge&#x017F;talt des<lb/><hi rendition="#fr">Jupiters</hi> be&#x017F;timmt. Vermo&#x0364;ge der&#x017F;elben hat er gefunden,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">daß</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[116/0130] Geſchichte der Erde Urſache davon zu unterſuchen, da ich dieſelbige bereits in meiner Naturlehre angezeigt habe, ſondern wir duͤrfen es nur blos als eine in der Erfahrung gegruͤndete Sache annehmen. Nun hat Herr Richer wahrgenommen, daß eiu Perpendicul, welcher zu Paris eine Secunde ſchlug, auf der Inſel Cayenne in America um 1¼ Linie kuͤrzer gemacht werden muͤſſen, wenn er eine Secunde ſchlagen ſollen; und der Herr von Maupertuis hat befunden: daß der Perpendicul in Lapland hat laͤnger gemacht werden muͤſſen als zu Paris wenn er eine Secunde hat ſchlagen ſollen. Daraus folget demnach, daß entweder unter der Linie der Faden laͤnger oder das Gewichte leichter, und daß in Lappland entweder der Faden kuͤrzer, oder das Gewichte ſchwerer geworden ſeyn muͤſſe, als es zu Paris geweſen. Das erſtre laͤßt ſich nicht behaupten. Denn wenn man gleich ſagen wollte, daß die Hitze unter der Linie den Perpendicul verlaͤngert, und die Kaͤlte in Lapland denſelben verkuͤrzt haͤtte, ſo geht dieſes doch nicht nur darum nicht an, weil die Experimente unter der Linie nicht in der Sonnenhitze, ſondern in Schatten angeſtellt worden ſind, ſondern weil auch die Gruͤnde der Naturlehre zei- gen, daß der Perpendicul von einen ſolchen Grade der Waͤrme wie unter der Linie zu ſeyn pflegt, ohnmoͤglich ſo ſtark ha- be ausgedehnet werden koͤnnen. Es bleibet alſo weiter nichts uͤbrig, als daß man zugiebet, es ſey das Gewichte unter der Linie leichter, und gegen den Nordpol ſchwerer geworden. Wie man ſolches vernuͤnftig erklaͤren wolle ohne die vier und zwanzig ſtuͤndige Bewegung der Erde um ihre Achſe anzunehmen, daran iſt gar nicht zu ge- denken. §. 63. Unſer Newton hat ſeine Schluͤſſe weiter getrieben, und dadurch auſſer der Figur der Erde auch die Geſtalt des Jupiters beſtimmt. Vermoͤge derſelben hat er gefunden, daß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746/130
Zitationshilfe: Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746/130>, abgerufen am 28.04.2024.