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Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746.

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in den allerältesten Zeiten.
daß sich in den Jupiter der Diameter der Pole zum Dia-
meter des Aequators verhalte, wie 8 zu 9. Welches mit
der Erfahrung die Cassini vermittelst der Ferngläser und
des Micrometers angestellt, vollkommen übereinstimmt.
Solchergestalt ist auch die Figur des Jupiters durch die
vollkommenste Harmonie der Vernunft und Erfahrung
ausser Zweifel gesetzt worden. Hier hätte nun Newton
die schönste Gelegenheit gehabt seinen Erfindungen eine
Lobrede zu halten. Er that es aber nicht, sondern be-
schloß seine Demonstration nur mit den kurzen Worten:
Id quod dudum observavit Cassinus. Das machte: New-
ton
wuste wohl, daß die grösten Lobreden die Leichenreden
zu seyn pflegen; und das Schicksal hatte seinen Erfindun-
gen eine unaufhörliche Dauer versprochen. Ueberhaupt
ist leicht zu erachten, daß alle Hauptplaneten in unsern
Weltgebäude die Gestalt einer plattgedruckten Kugel ha-
ben müssen; aber man kan sie deswegen nicht bey allen
mit den Ferngläsern wahrnehmen. Das macht, der
Mercur und die Venus sind allzu klein, und die letzte-
re, denn von den erstern hat man keine Observation, dre-
het sich allzulangsam um ihre Achse, welches verursacht, daß
man eine solche Kleinigkeit in einer solchen Weite nicht
wahrnehmen kan. Eben dieses gilt von dem Mars, wel-
cher fünfmahl kleiner ist als unsere Erde, und doch eine
noch längere Zeit als diese braucht sich um seine Achse her-
um zu drehen. Der Saturn ist allzuweit von uns ent-
fernt, als daß man verlangen könne seine wahre Gestalt
durch ein Fernglaß so gar genau zu erblicken, indem man
so gar nicht einmahl die Zeit weiß, in welcher er sich um
seine Achse bewegt, ob es gleich wahrscheinlich ist, daß er
eine solche Bewegung habe. Aber bey dem Jupiter fal-
len alle diese Beschwerlichkeiten weg. Man weiß, daß er
sich in 9. Stunden und 56. Minuten einmahl herumdre-
het, und daß er im Diameter zehnmahl grösser sey, als un-
sere Erde. Da sich nun die Periepherien der Cirkel wie

ihre
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in den alleraͤlteſten Zeiten.
daß ſich in den Jupiter der Diameter der Pole zum Dia-
meter des Aequators verhalte, wie 8 zu 9. Welches mit
der Erfahrung die Caſſini vermittelſt der Fernglaͤſer und
des Micrometers angeſtellt, vollkommen uͤbereinſtimmt.
Solchergeſtalt iſt auch die Figur des Jupiters durch die
vollkommenſte Harmonie der Vernunft und Erfahrung
auſſer Zweifel geſetzt worden. Hier haͤtte nun Newton
die ſchoͤnſte Gelegenheit gehabt ſeinen Erfindungen eine
Lobrede zu halten. Er that es aber nicht, ſondern be-
ſchloß ſeine Demonſtration nur mit den kurzen Worten:
Id quod dudum obſervavit Caſſinus. Das machte: New-
ton
wuſte wohl, daß die groͤſten Lobreden die Leichenreden
zu ſeyn pflegen; und das Schickſal hatte ſeinen Erfindun-
gen eine unaufhoͤrliche Dauer verſprochen. Ueberhaupt
iſt leicht zu erachten, daß alle Hauptplaneten in unſern
Weltgebaͤude die Geſtalt einer plattgedruckten Kugel ha-
ben muͤſſen; aber man kan ſie deswegen nicht bey allen
mit den Fernglaͤſern wahrnehmen. Das macht, der
Mercur und die Venus ſind allzu klein, und die letzte-
re, denn von den erſtern hat man keine Obſervation, dre-
het ſich allzulangſam um ihre Achſe, welches verurſacht, daß
man eine ſolche Kleinigkeit in einer ſolchen Weite nicht
wahrnehmen kan. Eben dieſes gilt von dem Mars, wel-
cher fuͤnfmahl kleiner iſt als unſere Erde, und doch eine
noch laͤngere Zeit als dieſe braucht ſich um ſeine Achſe her-
um zu drehen. Der Saturn iſt allzuweit von uns ent-
fernt, als daß man verlangen koͤnne ſeine wahre Geſtalt
durch ein Fernglaß ſo gar genau zu erblicken, indem man
ſo gar nicht einmahl die Zeit weiß, in welcher er ſich um
ſeine Achſe bewegt, ob es gleich wahrſcheinlich iſt, daß er
eine ſolche Bewegung habe. Aber bey dem Jupiter fal-
len alle dieſe Beſchwerlichkeiten weg. Man weiß, daß er
ſich in 9. Stunden und 56. Minuten einmahl herumdre-
het, und daß er im Diameter zehnmahl groͤſſer ſey, als un-
ſere Erde. Da ſich nun die Periepherien der Cirkel wie

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[117/0131] in den alleraͤlteſten Zeiten. daß ſich in den Jupiter der Diameter der Pole zum Dia- meter des Aequators verhalte, wie 8 zu 9. Welches mit der Erfahrung die Caſſini vermittelſt der Fernglaͤſer und des Micrometers angeſtellt, vollkommen uͤbereinſtimmt. Solchergeſtalt iſt auch die Figur des Jupiters durch die vollkommenſte Harmonie der Vernunft und Erfahrung auſſer Zweifel geſetzt worden. Hier haͤtte nun Newton die ſchoͤnſte Gelegenheit gehabt ſeinen Erfindungen eine Lobrede zu halten. Er that es aber nicht, ſondern be- ſchloß ſeine Demonſtration nur mit den kurzen Worten: Id quod dudum obſervavit Caſſinus. Das machte: New- ton wuſte wohl, daß die groͤſten Lobreden die Leichenreden zu ſeyn pflegen; und das Schickſal hatte ſeinen Erfindun- gen eine unaufhoͤrliche Dauer verſprochen. Ueberhaupt iſt leicht zu erachten, daß alle Hauptplaneten in unſern Weltgebaͤude die Geſtalt einer plattgedruckten Kugel ha- ben muͤſſen; aber man kan ſie deswegen nicht bey allen mit den Fernglaͤſern wahrnehmen. Das macht, der Mercur und die Venus ſind allzu klein, und die letzte- re, denn von den erſtern hat man keine Obſervation, dre- het ſich allzulangſam um ihre Achſe, welches verurſacht, daß man eine ſolche Kleinigkeit in einer ſolchen Weite nicht wahrnehmen kan. Eben dieſes gilt von dem Mars, wel- cher fuͤnfmahl kleiner iſt als unſere Erde, und doch eine noch laͤngere Zeit als dieſe braucht ſich um ſeine Achſe her- um zu drehen. Der Saturn iſt allzuweit von uns ent- fernt, als daß man verlangen koͤnne ſeine wahre Geſtalt durch ein Fernglaß ſo gar genau zu erblicken, indem man ſo gar nicht einmahl die Zeit weiß, in welcher er ſich um ſeine Achſe bewegt, ob es gleich wahrſcheinlich iſt, daß er eine ſolche Bewegung habe. Aber bey dem Jupiter fal- len alle dieſe Beſchwerlichkeiten weg. Man weiß, daß er ſich in 9. Stunden und 56. Minuten einmahl herumdre- het, und daß er im Diameter zehnmahl groͤſſer ſey, als un- ſere Erde. Da ſich nun die Periepherien der Cirkel wie ihre H 3

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Zitationshilfe: Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746/131>, abgerufen am 28.04.2024.