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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877.

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§. 73. Die Verwaltung des Bankwesens.
Hauptsitz in Berlin errichtet worden, welche unter Aufsicht und
Leitung des Reiches steht und durch Organe des Reiches verwaltet
wird 1). Von den Geschäften derselben gilt im Allgemeinen dasselbe,
was von denen der Post ausgeführt wurde. Ein Hoheitsrecht
des Reiches wird durch den Betrieb von Bankgeschäften nicht aus-
geübt; vielmehr steht das Reich bei dem Abschluß von Geschäften
dieser Art dem Publikum in derselben Stellung wie eine Privat-
bank gegenüber. Der Staat macht, wenn er Banquiergeschäfte über-
nimmt, von seiner Staatsgewalt keinerlei Anwendung, sondern er
contrahirt als Subject des Privatrechts, als Fiskus. Zu den
wesentlichen Funktionen des Staates gehört daher der Betrieb von
Bankgeschäften irgend welcher Art nicht. Aber die Geschäfte der
Bank dienen zugleich zur Förderung der öffentlichen Wohlfarth
indem sie den Geldumlauf regeln, die Zahlungsausgleichungen er-
leichtern und für die Nutzbarmachung verfügbaren Kapitals sorgen.
Der Staat überschreitet daher die aus seinem Begriffe sich ergebende
Aufgabe nicht, wenn er eine öffentliche Anstalt zur Erreichung dieses
Zweckes errichtet. Der Geschäftsbetrieb einer solchen Staatsanstalt
ist kein gewöhnliches Gewerbe, wie das eines Banquiers oder einer
Privatbank, da es nicht vorzugsweise oder ausschließlich zum Zweck
des Vermögenserwerbes, sondern in erster Reihe zur Förderung
der allgemeinen staatlichen Aufgaben und der öffentlichen Wohlfahrt
dienen soll. Ein finanzieller Gewinn ist selbstverständlich bei der
Verwaltung der Reichsbank ebenso wie bei dem Betriebe der Post
weder ausgeschlossen noch als unwesentlich zu betrachten, aber die
Erzielung eines Ueberschusses soll und darf nicht auf Kosten der
allgemeinen volkswirthschaftlichen und handelspolitischen Zwecke an-
gestrebt werden.

Um die Erreichung dieser Zwecke der Reichsbank zu ermög-
lichen und zu erleichtern, und um die Interessen des Publikums,
welches sich der Bank bedient, mit denen des Reichsfiskus auszu-
gleichen, ist die Geschäftsthätigkeit der Reichsbank nicht einfach den

von Soetbeer. -- Berücksichtigt ist das Bankgesetz auch in Ende-
mann
's Handelsrecht. 3. Aufl. §. 82 u. §. 141. Ueber die Verfas-
sung
der Reichsbank ist zu vergleichen der (anonyme) Aufsatz in
Hartmann's Zeitschr. f. Gesetzgeb. u. Praxis auf dem Gebiet des
öffentl. Rechts. Bd. I. (Berlin 1875) S. 590 ff.
1) Bankges. §. 12. §. 26 ff.

§. 73. Die Verwaltung des Bankweſens.
Hauptſitz in Berlin errichtet worden, welche unter Aufſicht und
Leitung des Reiches ſteht und durch Organe des Reiches verwaltet
wird 1). Von den Geſchäften derſelben gilt im Allgemeinen daſſelbe,
was von denen der Poſt ausgeführt wurde. Ein Hoheitsrecht
des Reiches wird durch den Betrieb von Bankgeſchäften nicht aus-
geübt; vielmehr ſteht das Reich bei dem Abſchluß von Geſchäften
dieſer Art dem Publikum in derſelben Stellung wie eine Privat-
bank gegenüber. Der Staat macht, wenn er Banquiergeſchäfte über-
nimmt, von ſeiner Staatsgewalt keinerlei Anwendung, ſondern er
contrahirt als Subject des Privatrechts, als Fiskus. Zu den
weſentlichen Funktionen des Staates gehört daher der Betrieb von
Bankgeſchäften irgend welcher Art nicht. Aber die Geſchäfte der
Bank dienen zugleich zur Förderung der öffentlichen Wohlfarth
indem ſie den Geldumlauf regeln, die Zahlungsausgleichungen er-
leichtern und für die Nutzbarmachung verfügbaren Kapitals ſorgen.
Der Staat überſchreitet daher die aus ſeinem Begriffe ſich ergebende
Aufgabe nicht, wenn er eine öffentliche Anſtalt zur Erreichung dieſes
Zweckes errichtet. Der Geſchäftsbetrieb einer ſolchen Staatsanſtalt
iſt kein gewöhnliches Gewerbe, wie das eines Banquiers oder einer
Privatbank, da es nicht vorzugsweiſe oder ausſchließlich zum Zweck
des Vermögenserwerbes, ſondern in erſter Reihe zur Förderung
der allgemeinen ſtaatlichen Aufgaben und der öffentlichen Wohlfahrt
dienen ſoll. Ein finanzieller Gewinn iſt ſelbſtverſtändlich bei der
Verwaltung der Reichsbank ebenſo wie bei dem Betriebe der Poſt
weder ausgeſchloſſen noch als unweſentlich zu betrachten, aber die
Erzielung eines Ueberſchuſſes ſoll und darf nicht auf Koſten der
allgemeinen volkswirthſchaftlichen und handelspolitiſchen Zwecke an-
geſtrebt werden.

Um die Erreichung dieſer Zwecke der Reichsbank zu ermög-
lichen und zu erleichtern, und um die Intereſſen des Publikums,
welches ſich der Bank bedient, mit denen des Reichsfiskus auszu-
gleichen, iſt die Geſchäftsthätigkeit der Reichsbank nicht einfach den

von Soetbeer. — Berückſichtigt iſt das Bankgeſetz auch in Ende-
mann
’s Handelsrecht. 3. Aufl. §. 82 u. §. 141. Ueber die Verfaſ-
ſung
der Reichsbank iſt zu vergleichen der (anonyme) Aufſatz in
Hartmann’s Zeitſchr. f. Geſetzgeb. u. Praxis auf dem Gebiet des
öffentl. Rechts. Bd. I. (Berlin 1875) S. 590 ff.
1) Bankgeſ. §. 12. §. 26 ff.
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[381/0395] §. 73. Die Verwaltung des Bankweſens. Hauptſitz in Berlin errichtet worden, welche unter Aufſicht und Leitung des Reiches ſteht und durch Organe des Reiches verwaltet wird 1). Von den Geſchäften derſelben gilt im Allgemeinen daſſelbe, was von denen der Poſt ausgeführt wurde. Ein Hoheitsrecht des Reiches wird durch den Betrieb von Bankgeſchäften nicht aus- geübt; vielmehr ſteht das Reich bei dem Abſchluß von Geſchäften dieſer Art dem Publikum in derſelben Stellung wie eine Privat- bank gegenüber. Der Staat macht, wenn er Banquiergeſchäfte über- nimmt, von ſeiner Staatsgewalt keinerlei Anwendung, ſondern er contrahirt als Subject des Privatrechts, als Fiskus. Zu den weſentlichen Funktionen des Staates gehört daher der Betrieb von Bankgeſchäften irgend welcher Art nicht. Aber die Geſchäfte der Bank dienen zugleich zur Förderung der öffentlichen Wohlfarth indem ſie den Geldumlauf regeln, die Zahlungsausgleichungen er- leichtern und für die Nutzbarmachung verfügbaren Kapitals ſorgen. Der Staat überſchreitet daher die aus ſeinem Begriffe ſich ergebende Aufgabe nicht, wenn er eine öffentliche Anſtalt zur Erreichung dieſes Zweckes errichtet. Der Geſchäftsbetrieb einer ſolchen Staatsanſtalt iſt kein gewöhnliches Gewerbe, wie das eines Banquiers oder einer Privatbank, da es nicht vorzugsweiſe oder ausſchließlich zum Zweck des Vermögenserwerbes, ſondern in erſter Reihe zur Förderung der allgemeinen ſtaatlichen Aufgaben und der öffentlichen Wohlfahrt dienen ſoll. Ein finanzieller Gewinn iſt ſelbſtverſtändlich bei der Verwaltung der Reichsbank ebenſo wie bei dem Betriebe der Poſt weder ausgeſchloſſen noch als unweſentlich zu betrachten, aber die Erzielung eines Ueberſchuſſes ſoll und darf nicht auf Koſten der allgemeinen volkswirthſchaftlichen und handelspolitiſchen Zwecke an- geſtrebt werden. Um die Erreichung dieſer Zwecke der Reichsbank zu ermög- lichen und zu erleichtern, und um die Intereſſen des Publikums, welches ſich der Bank bedient, mit denen des Reichsfiskus auszu- gleichen, iſt die Geſchäftsthätigkeit der Reichsbank nicht einfach den *) 1) Bankgeſ. §. 12. §. 26 ff. *) von Soetbeer. — Berückſichtigt iſt das Bankgeſetz auch in Ende- mann’s Handelsrecht. 3. Aufl. §. 82 u. §. 141. Ueber die Verfaſ- ſung der Reichsbank iſt zu vergleichen der (anonyme) Aufſatz in Hartmann’s Zeitſchr. f. Geſetzgeb. u. Praxis auf dem Gebiet des öffentl. Rechts. Bd. I. (Berlin 1875) S. 590 ff.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877, S. 381. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht02_1878/395>, abgerufen am 26.04.2024.