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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877.

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§. 73. Die Verwaltung des Bankwesens.
die Reichsbank ist vielmehr bis zum Ende des Jahres 1890 er-
richtet; nach Ablauf dieser Zeit steht es im alleinigen Belieben
des Reiches, ob die Reichsbank fortbestehen oder aufhören soll,
ohne daß die Antheilseigner dabei ein Zustimmungsrecht haben 1).
Dem Reiche ist nur die Beschränkung auferlegt, daß es die Auf-
hebung ein Jahr vorher ankündigen muß, zuerst am 1. Januar
1889, und daß, wenn die Ankündigung unterbleibt, die Reichsbank
immer um 10 Jahre prolongirt wird.

Die Prolongirung kann daher stillschweigend geschehen,
d. h. ohne Gesetz, Verordnung oder Verfügung des Reichs. Jedoch
ist die Zustimmung des Reichstages dazu erforderlich 2), weil in
der Verlängerung der Existenz der Reichsbank zugleich eine Ver-
längerung des ihr ertheilten Privilegs zur Ausgabe von Bank-
noten enthalten ist, die ohne Genehmigung des Reichstages nicht
erfolgen soll.

Die Auflösung muß ausdrücklich angekündigt werden. Die
hierfür vorgeschriebene Form ist eine, im Einvernehmen mit dem
Bundesrath erlassene Verordnung des Kaisers, welche dem Reichs-
kanzler die Kündigung aufträgt 3). Der Reichskanzler richtet die-
selbe an das Reichsbank-Direktorium und das letztere hat sie zu
veröffentlichen.

Die Auflösung kann auf zwei verschiedene Arten bewirkt wer-
den, entweder durch formelle Aufhebung und Liquidation, wobei
dem Reiche die Befugniß zusteht, die Grundstücke der Reichsbank
gegen Erstattung des Buchwerthes zu erwerben, oder durch schein-
bare Fortführung der Reichsbank unter Enteignung sämmtlicher
Reichsbank-Antheile zum Nennwerthe, so daß der Reichsfiskus der
alleinige Eigenthümer des gesammten Geschäftes wird 4). In bei-
den Fällen wird der bilanzmäßige Reservefonds, soweit derselbe

1) Bankges. Art. 41.
2) Bankges. §. 41 Abs. 3.
3) Die Zustimmung des Reichstages braucht nicht eingeholt zu werden;
der Kaiser und der Bundesrath sind im Voraus gesetzlich zur Kündigung er-
mächtigt. Wenn der Reichstag der Verlängerung der Frist nicht zustimmt,
muß die Kündigung erfolgen; der Bundesrath ist daher gesetzlich verpflichtet,
die Zustimmung zu der Kaiserl. Verordnung zu ertheilen, die dem Reichs-
kanzler die Kündigung aufträgt.
4) Dadurch hört die Reichsbank selbstverständlich auf, eine vom Reichs-
fiskus verschiedene, selbstständige vermögensrechtliche Person zu sein.

§. 73. Die Verwaltung des Bankweſens.
die Reichsbank iſt vielmehr bis zum Ende des Jahres 1890 er-
richtet; nach Ablauf dieſer Zeit ſteht es im alleinigen Belieben
des Reiches, ob die Reichsbank fortbeſtehen oder aufhören ſoll,
ohne daß die Antheilseigner dabei ein Zuſtimmungsrecht haben 1).
Dem Reiche iſt nur die Beſchränkung auferlegt, daß es die Auf-
hebung ein Jahr vorher ankündigen muß, zuerſt am 1. Januar
1889, und daß, wenn die Ankündigung unterbleibt, die Reichsbank
immer um 10 Jahre prolongirt wird.

Die Prolongirung kann daher ſtillſchweigend geſchehen,
d. h. ohne Geſetz, Verordnung oder Verfügung des Reichs. Jedoch
iſt die Zuſtimmung des Reichstages dazu erforderlich 2), weil in
der Verlängerung der Exiſtenz der Reichsbank zugleich eine Ver-
längerung des ihr ertheilten Privilegs zur Ausgabe von Bank-
noten enthalten iſt, die ohne Genehmigung des Reichstages nicht
erfolgen ſoll.

Die Auflöſung muß ausdrücklich angekündigt werden. Die
hierfür vorgeſchriebene Form iſt eine, im Einvernehmen mit dem
Bundesrath erlaſſene Verordnung des Kaiſers, welche dem Reichs-
kanzler die Kündigung aufträgt 3). Der Reichskanzler richtet die-
ſelbe an das Reichsbank-Direktorium und das letztere hat ſie zu
veröffentlichen.

Die Auflöſung kann auf zwei verſchiedene Arten bewirkt wer-
den, entweder durch formelle Aufhebung und Liquidation, wobei
dem Reiche die Befugniß zuſteht, die Grundſtücke der Reichsbank
gegen Erſtattung des Buchwerthes zu erwerben, oder durch ſchein-
bare Fortführung der Reichsbank unter Enteignung ſämmtlicher
Reichsbank-Antheile zum Nennwerthe, ſo daß der Reichsfiskus der
alleinige Eigenthümer des geſammten Geſchäftes wird 4). In bei-
den Fällen wird der bilanzmäßige Reſervefonds, ſoweit derſelbe

1) Bankgeſ. Art. 41.
2) Bankgeſ. §. 41 Abſ. 3.
3) Die Zuſtimmung des Reichstages braucht nicht eingeholt zu werden;
der Kaiſer und der Bundesrath ſind im Voraus geſetzlich zur Kündigung er-
mächtigt. Wenn der Reichstag der Verlängerung der Friſt nicht zuſtimmt,
muß die Kündigung erfolgen; der Bundesrath iſt daher geſetzlich verpflichtet,
die Zuſtimmung zu der Kaiſerl. Verordnung zu ertheilen, die dem Reichs-
kanzler die Kündigung aufträgt.
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fiskus verſchiedene, ſelbſtſtändige vermögensrechtliche Perſon zu ſein.
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[388/0402] §. 73. Die Verwaltung des Bankweſens. die Reichsbank iſt vielmehr bis zum Ende des Jahres 1890 er- richtet; nach Ablauf dieſer Zeit ſteht es im alleinigen Belieben des Reiches, ob die Reichsbank fortbeſtehen oder aufhören ſoll, ohne daß die Antheilseigner dabei ein Zuſtimmungsrecht haben 1). Dem Reiche iſt nur die Beſchränkung auferlegt, daß es die Auf- hebung ein Jahr vorher ankündigen muß, zuerſt am 1. Januar 1889, und daß, wenn die Ankündigung unterbleibt, die Reichsbank immer um 10 Jahre prolongirt wird. Die Prolongirung kann daher ſtillſchweigend geſchehen, d. h. ohne Geſetz, Verordnung oder Verfügung des Reichs. Jedoch iſt die Zuſtimmung des Reichstages dazu erforderlich 2), weil in der Verlängerung der Exiſtenz der Reichsbank zugleich eine Ver- längerung des ihr ertheilten Privilegs zur Ausgabe von Bank- noten enthalten iſt, die ohne Genehmigung des Reichstages nicht erfolgen ſoll. Die Auflöſung muß ausdrücklich angekündigt werden. Die hierfür vorgeſchriebene Form iſt eine, im Einvernehmen mit dem Bundesrath erlaſſene Verordnung des Kaiſers, welche dem Reichs- kanzler die Kündigung aufträgt 3). Der Reichskanzler richtet die- ſelbe an das Reichsbank-Direktorium und das letztere hat ſie zu veröffentlichen. Die Auflöſung kann auf zwei verſchiedene Arten bewirkt wer- den, entweder durch formelle Aufhebung und Liquidation, wobei dem Reiche die Befugniß zuſteht, die Grundſtücke der Reichsbank gegen Erſtattung des Buchwerthes zu erwerben, oder durch ſchein- bare Fortführung der Reichsbank unter Enteignung ſämmtlicher Reichsbank-Antheile zum Nennwerthe, ſo daß der Reichsfiskus der alleinige Eigenthümer des geſammten Geſchäftes wird 4). In bei- den Fällen wird der bilanzmäßige Reſervefonds, ſoweit derſelbe 1) Bankgeſ. Art. 41. 2) Bankgeſ. §. 41 Abſ. 3. 3) Die Zuſtimmung des Reichstages braucht nicht eingeholt zu werden; der Kaiſer und der Bundesrath ſind im Voraus geſetzlich zur Kündigung er- mächtigt. Wenn der Reichstag der Verlängerung der Friſt nicht zuſtimmt, muß die Kündigung erfolgen; der Bundesrath iſt daher geſetzlich verpflichtet, die Zuſtimmung zu der Kaiſerl. Verordnung zu ertheilen, die dem Reichs- kanzler die Kündigung aufträgt. 4) Dadurch hört die Reichsbank ſelbſtverſtändlich auf, eine vom Reichs- fiskus verſchiedene, ſelbſtſtändige vermögensrechtliche Perſon zu ſein.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 2. Tübingen, 1877, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht02_1878/402>, abgerufen am 26.04.2024.