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Lachmann, Karl: Über die ursprüngliche Gestalt des Gedichts von der Nibelungen Noth. Berlin, 1816.

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schmückte Erzählung. Die Manieren sind: Nun mögt ihr
von dem Horte Wunder hören sagen (Z. 4501); Hagen
meinte von dem Schatze noch Vortheil zu ziehen, das
konnte nicht geschehen (Z. 4564); nachher rächte sich wohl
mit Kraft des kühnen Siegfrieds Weib (Z. 4436). In die-
sem Liede kommt auch wieder die Tarnkappe vor. Zwei
Strophen (Z. 4549 -- 4552. 4573 -- 4576), die das nur
kurz erzählte Versenken des Schatzes in den Rhein erklä-
ren sollen, aber den Zusammenhang nur verwirren und
dunkel machen, sind leicht als eingeschaltet zu erkennen;
eine andere (Z. 4469 -- 4472) verräth sich durch den in-
neren Reim.

35.

So kehren wir endlich von unserer langen Reise durch
das Gedicht zurück, wobei, wie ich hoffe, nun der Beweis
für unseren Hauptsatz als vollständig geführt angesehen
werden kann: auf vollständige Nachweisung der Verände-
rungen jedes Liedes machen wir keinen Anspruch, deren
man sich selbst dann noch nicht vergewissert halten dürf-
te, wenn auch alle erkennbaren Änderungen genau und
vollständig gezeigt wären. Uns ist genug, wenn die eigene
Angabe des Ordners unserer Lieder, der erzählen wollte,
was uns Großes in alten Mähren gesagt sei, durch sichere
Anzeigen in der dermahligen Gestalt des Gedichtes ist be-
währt worden.

Wir fügen noch hinzu, daß selbst das spätere Fortle-
ben einzelner Lieder, die wenigstens dem Inhalte nach mit
Theilen unseres Gedichts zusammenfielen, aus bestimmten
Zeugnissen kann erwiesen werden. Für norddeutsche Ge-

ſchmückte Erzählung. Die Manieren ſind: Nun mögt ihr
von dem Horte Wunder hören ſagen (Z. 4501); Hagen
meinte von dem Schatze noch Vortheil zu ziehen, das
konnte nicht geſchehen (Z. 4564); nachher rächte ſich wohl
mit Kraft des kühnen Siegfrieds Weib (Z. 4436). In die-
ſem Liede kommt auch wieder die Tarnkappe vor. Zwei
Strophen (Z. 4549 — 4552. 4573 — 4576), die das nur
kurz erzählte Verſenken des Schatzes in den Rhein erklä-
ren ſollen, aber den Zuſammenhang nur verwirren und
dunkel machen, ſind leicht als eingeſchaltet zu erkennen;
eine andere (Z. 4469 — 4472) verräth ſich durch den in-
neren Reim.

35.

So kehren wir endlich von unſerer langen Reiſe durch
das Gedicht zurück, wobei, wie ich hoffe, nun der Beweis
für unſeren Hauptſatz als vollſtändig geführt angeſehen
werden kann: auf vollſtändige Nachweiſung der Verände-
rungen jedes Liedes machen wir keinen Anſpruch, deren
man ſich ſelbſt dann noch nicht vergewiſſert halten dürf-
te, wenn auch alle erkennbaren Änderungen genau und
vollſtändig gezeigt wären. Uns iſt genug, wenn die eigene
Angabe des Ordners unſerer Lieder, der erzählen wollte,
was uns Großes in alten Mähren geſagt ſei, durch ſichere
Anzeigen in der dermahligen Geſtalt des Gedichtes iſt be-
währt worden.

Wir fügen noch hinzu, daß ſelbſt das ſpätere Fortle-
ben einzelner Lieder, die wenigſtens dem Inhalte nach mit
Theilen unſeres Gedichts zuſammenfielen, aus beſtimmten
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[84/0092] ſchmückte Erzählung. Die Manieren ſind: Nun mögt ihr von dem Horte Wunder hören ſagen (Z. 4501); Hagen meinte von dem Schatze noch Vortheil zu ziehen, das konnte nicht geſchehen (Z. 4564); nachher rächte ſich wohl mit Kraft des kühnen Siegfrieds Weib (Z. 4436). In die- ſem Liede kommt auch wieder die Tarnkappe vor. Zwei Strophen (Z. 4549 — 4552. 4573 — 4576), die das nur kurz erzählte Verſenken des Schatzes in den Rhein erklä- ren ſollen, aber den Zuſammenhang nur verwirren und dunkel machen, ſind leicht als eingeſchaltet zu erkennen; eine andere (Z. 4469 — 4472) verräth ſich durch den in- neren Reim. 35. So kehren wir endlich von unſerer langen Reiſe durch das Gedicht zurück, wobei, wie ich hoffe, nun der Beweis für unſeren Hauptſatz als vollſtändig geführt angeſehen werden kann: auf vollſtändige Nachweiſung der Verände- rungen jedes Liedes machen wir keinen Anſpruch, deren man ſich ſelbſt dann noch nicht vergewiſſert halten dürf- te, wenn auch alle erkennbaren Änderungen genau und vollſtändig gezeigt wären. Uns iſt genug, wenn die eigene Angabe des Ordners unſerer Lieder, der erzählen wollte, was uns Großes in alten Mähren geſagt ſei, durch ſichere Anzeigen in der dermahligen Geſtalt des Gedichtes iſt be- währt worden. Wir fügen noch hinzu, daß ſelbſt das ſpätere Fortle- ben einzelner Lieder, die wenigſtens dem Inhalte nach mit Theilen unſeres Gedichts zuſammenfielen, aus beſtimmten Zeugniſſen kann erwieſen werden. Für norddeutſche Ge-

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Zitationshilfe: Lachmann, Karl: Über die ursprüngliche Gestalt des Gedichts von der Nibelungen Noth. Berlin, 1816, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lachmann_nibelungen_1816/92>, abgerufen am 26.04.2024.