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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.

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Von dem Wahrscheinlichen.

woraus in beyden Fällen folgt

etliche B 1/2 sind C.
etliche C 1/2 sind B.

Die dritte Figur beut demnach immer zugleich gewisse
und 1/2 gewisse Schlußsätze an, wenn beyde Mittelglieder
mit einem Bruche behaftet sind, der den Grad ihrer
Particularität bestimmt.

§. 209. Jn Ansehung der vierten Figur sind die
drey Schlußarten Baralip, Calentes, Dibatis nur umge-
kehrte Schlußarten der ersten Figur, und die Wahr-
scheinlichkeit zieht sich aus den Mittelgliedern eben so in
das Bindwörtgen des Schlußsatzes. Hingegen bey den
übrigen beyden Schlußarten Fesapo, Fresison, kann
das Mittelglied in dem Obersatze keinen Bruch haben
(§. 203.). Hat es aber in dem Untersatze einen Bruch,
so wird Fesapo in Fresison verwandelt, und in beyden
fällt die Wahrscheinlichkeit des Schlußsatzes ganz weg,
weil er gewiß ist.

§. 210. Was wir bisher in Absicht auf alle Schluß-
figuren vorausgesetzt haben, ist, daß in jedem Satze das
Subject entweder alle oder etliche Indiuidua zusammen-
fasse, die unter dem Begriffe des Subjects enthalten
sind; und daß hingegen das Prädicat nicht Indiuidua
sondern den Begriff selbst vorstellen. Diesem nach soll-
ten die Prädicate lauter Adiectiua, die Subjecte aber
läuter Substantiua seyn. So einförmig aber sind die
Sprachen nicht. Jndessen wenn solche Fälle in der
dritten und vierten Figur vorkommen, wo nämlich das
Prädicat des Untersatzes im Schlußsatze zum Subject
wird, so fällt dieser Unterschied zwischen Prädicaten und
Subjecten in die Sinnen. Denn im Prädicat läßt
man die Adiectiua wie sie sind, hingegen im Subject
fügt man ihnen den Begriff Ding als eine metaphysi-
sche Einheit bey, besonders wenn der Satz particular ist,

oder
A a 4
Von dem Wahrſcheinlichen.

woraus in beyden Faͤllen folgt

etliche B ½ ſind C.
etliche C ½ ſind B.

Die dritte Figur beut demnach immer zugleich gewiſſe
und ½ gewiſſe Schlußſaͤtze an, wenn beyde Mittelglieder
mit einem Bruche behaftet ſind, der den Grad ihrer
Particularitaͤt beſtimmt.

§. 209. Jn Anſehung der vierten Figur ſind die
drey Schlußarten Baralip, Calentes, Dibatis nur umge-
kehrte Schlußarten der erſten Figur, und die Wahr-
ſcheinlichkeit zieht ſich aus den Mittelgliedern eben ſo in
das Bindwoͤrtgen des Schlußſatzes. Hingegen bey den
uͤbrigen beyden Schlußarten Feſapo, Freſiſon, kann
das Mittelglied in dem Oberſatze keinen Bruch haben
(§. 203.). Hat es aber in dem Unterſatze einen Bruch,
ſo wird Feſapo in Freſiſon verwandelt, und in beyden
faͤllt die Wahrſcheinlichkeit des Schlußſatzes ganz weg,
weil er gewiß iſt.

§. 210. Was wir bisher in Abſicht auf alle Schluß-
figuren vorausgeſetzt haben, iſt, daß in jedem Satze das
Subject entweder alle oder etliche Indiuidua zuſammen-
faſſe, die unter dem Begriffe des Subjects enthalten
ſind; und daß hingegen das Praͤdicat nicht Indiuidua
ſondern den Begriff ſelbſt vorſtellen. Dieſem nach ſoll-
ten die Praͤdicate lauter Adiectiua, die Subjecte aber
laͤuter Subſtantiua ſeyn. So einfoͤrmig aber ſind die
Sprachen nicht. Jndeſſen wenn ſolche Faͤlle in der
dritten und vierten Figur vorkommen, wo naͤmlich das
Praͤdicat des Unterſatzes im Schlußſatze zum Subject
wird, ſo faͤllt dieſer Unterſchied zwiſchen Praͤdicaten und
Subjecten in die Sinnen. Denn im Praͤdicat laͤßt
man die Adiectiua wie ſie ſind, hingegen im Subject
fuͤgt man ihnen den Begriff Ding als eine metaphyſi-
ſche Einheit bey, beſonders wenn der Satz particular iſt,

oder
A a 4
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[375/0381] Von dem Wahrſcheinlichen. woraus in beyden Faͤllen folgt etliche B ½ ſind C. etliche C ½ ſind B. Die dritte Figur beut demnach immer zugleich gewiſſe und ½ gewiſſe Schlußſaͤtze an, wenn beyde Mittelglieder mit einem Bruche behaftet ſind, der den Grad ihrer Particularitaͤt beſtimmt. §. 209. Jn Anſehung der vierten Figur ſind die drey Schlußarten Baralip, Calentes, Dibatis nur umge- kehrte Schlußarten der erſten Figur, und die Wahr- ſcheinlichkeit zieht ſich aus den Mittelgliedern eben ſo in das Bindwoͤrtgen des Schlußſatzes. Hingegen bey den uͤbrigen beyden Schlußarten Feſapo, Freſiſon, kann das Mittelglied in dem Oberſatze keinen Bruch haben (§. 203.). Hat es aber in dem Unterſatze einen Bruch, ſo wird Feſapo in Freſiſon verwandelt, und in beyden faͤllt die Wahrſcheinlichkeit des Schlußſatzes ganz weg, weil er gewiß iſt. §. 210. Was wir bisher in Abſicht auf alle Schluß- figuren vorausgeſetzt haben, iſt, daß in jedem Satze das Subject entweder alle oder etliche Indiuidua zuſammen- faſſe, die unter dem Begriffe des Subjects enthalten ſind; und daß hingegen das Praͤdicat nicht Indiuidua ſondern den Begriff ſelbſt vorſtellen. Dieſem nach ſoll- ten die Praͤdicate lauter Adiectiua, die Subjecte aber laͤuter Subſtantiua ſeyn. So einfoͤrmig aber ſind die Sprachen nicht. Jndeſſen wenn ſolche Faͤlle in der dritten und vierten Figur vorkommen, wo naͤmlich das Praͤdicat des Unterſatzes im Schlußſatze zum Subject wird, ſo faͤllt dieſer Unterſchied zwiſchen Praͤdicaten und Subjecten in die Sinnen. Denn im Praͤdicat laͤßt man die Adiectiua wie ſie ſind, hingegen im Subject fuͤgt man ihnen den Begriff Ding als eine metaphyſi- ſche Einheit bey, beſonders wenn der Satz particular iſt, oder A a 4

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/381>, abgerufen am 01.11.2024.