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Lange, Max: Lehrbuch des Schachspiels. Halle (Saale), 1856.

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tiger Menschen, die ganz der Obliegenheit ihrer gesell-
schaftlichen Stellung leben und die selbst die Erheiterung
in Spannung und Stärkung ihrer intellectuellen Gaben
setzen. Darauf beruht seine gesellschaftliche Bedeutung
und Trefflichkeit. Unter diesem Gesichtspunkte verdient
es unsere Achtung. Sehen wir darin ein leeres oder eigen-
süchtiges Treiben, so erniedrigen wir es. Das Schach war
nie ein Beruf und kann nie einer werden; es kann in
hohem Masse den Geist eines Geschäftsmannes in Anspruch
nehmen, es kann aber nie eine Lebensaufgabe sein.

6. Kunst und Gesellschaft.

Sechsundsechszigstes Kapitel.
Malerei, Technik und gesellschaftliche Belustigungen.

§. 433. Unter den Künsten ist es namentlich die Malerei,
welche das Schachspiel als Quelle benutzt und Schachideen
zu Productionen ausgebeutet hat. Auch kann die Malerei
in Verbindung mit der Plastik für zweckmässige Grundformen
bei der technischen Bildung von Schachfiguren wesentliche
Dienste leisten. -- Von der Musik ist nicht bekannt geworden,
dass sie durch das Schach zu Schöpfungen geführt hat, ob-
wohl sich Schachmärsche und Schachfantasien mit gleichem
Rechte wie viele ähnliche Compositionen vertheidigen liessen.

Anmerkung. Genial hat Moritz Retzsch das Schachspiel
zu einer sinnigen Zeichnung benutzt, indem er den Kampf
eines Spielers mit dem Teufel darstellte, sinnreiche
Allegorien beim Ausdruck der Schachfignren und der
Umgebung beider Spielenden anbrachte und das Ganze
durch den Federstrich des Meisters weihte. Man findet
eine ausführliche Beschreibung in dem umfassenden litera-
rischen Werke von Anton Schmidt. In neuerer Zeit haben
wir viele geistvolle Oelgemälde und vorzüglich feine Stahl-
stiche gesehen, denen Schachideen zu Grunde liegen. --
Von grosser Wichtigkeit ist die Technik, welche sich auf
der einen Seite mit der äusseren Gestaltung der Schach-
figuren zu verschiedenen Zeiten und in verschiedenen Län-
dern beschäftigt, auf der anderen Seite die bequemsten
und zweckmässigsten Formen für die Bildung der Figuren
zu ergründen hat. In letzterer Beziehung dürfen für den
Gebrauch der Schachclubs wohl nur grosse Bretter und
dauerhafte Figuren (am Besten von Buxbaum und Pock-
holz) empfohlen werden. Bei der Form mag man drei
tiger Menschen, die ganz der Obliegenheit ihrer gesell-
schaftlichen Stellung leben und die selbst die Erheiterung
in Spannung und Stärkung ihrer intellectuellen Gaben
setzen. Darauf beruht seine gesellschaftliche Bedeutung
und Trefflichkeit. Unter diesem Gesichtspunkte verdient
es unsere Achtung. Sehen wir darin ein leeres oder eigen-
süchtiges Treiben, so erniedrigen wir es. Das Schach war
nie ein Beruf und kann nie einer werden; es kann in
hohem Masse den Geist eines Geschäftsmannes in Anspruch
nehmen, es kann aber nie eine Lebensaufgabe sein.

6. Kunst und Gesellschaft.

Sechsundsechszigstes Kapitel.
Malerei, Technik und gesellschaftliche Belustigungen.

§. 433. Unter den Künsten ist es namentlich die Malerei,
welche das Schachspiel als Quelle benutzt und Schachideen
zu Productionen ausgebeutet hat. Auch kann die Malerei
in Verbindung mit der Plastik für zweckmässige Grundformen
bei der technischen Bildung von Schachfiguren wesentliche
Dienste leisten. — Von der Musik ist nicht bekannt geworden,
dass sie durch das Schach zu Schöpfungen geführt hat, ob-
wohl sich Schachmärsche und Schachfantasien mit gleichem
Rechte wie viele ähnliche Compositionen vertheidigen liessen.

Anmerkung. Genial hat Moritz Retzsch das Schachspiel
zu einer sinnigen Zeichnung benutzt, indem er den Kampf
eines Spielers mit dem Teufel darstellte, sinnreiche
Allegorien beim Ausdruck der Schachfignren und der
Umgebung beider Spielenden anbrachte und das Ganze
durch den Federstrich des Meisters weihte. Man findet
eine ausführliche Beschreibung in dem umfassenden litera-
rischen Werke von Anton Schmidt. In neuerer Zeit haben
wir viele geistvolle Oelgemälde und vorzüglich feine Stahl-
stiche gesehen, denen Schachideen zu Grunde liegen. —
Von grosser Wichtigkeit ist die Technik, welche sich auf
der einen Seite mit der äusseren Gestaltung der Schach-
figuren zu verschiedenen Zeiten und in verschiedenen Län-
dern beschäftigt, auf der anderen Seite die bequemsten
und zweckmässigsten Formen für die Bildung der Figuren
zu ergründen hat. In letzterer Beziehung dürfen für den
Gebrauch der Schachclubs wohl nur grosse Bretter und
dauerhafte Figuren (am Besten von Buxbaum und Pock-
holz) empfohlen werden. Bei der Form mag man drei
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[250/0262] tiger Menschen, die ganz der Obliegenheit ihrer gesell- schaftlichen Stellung leben und die selbst die Erheiterung in Spannung und Stärkung ihrer intellectuellen Gaben setzen. Darauf beruht seine gesellschaftliche Bedeutung und Trefflichkeit. Unter diesem Gesichtspunkte verdient es unsere Achtung. Sehen wir darin ein leeres oder eigen- süchtiges Treiben, so erniedrigen wir es. Das Schach war nie ein Beruf und kann nie einer werden; es kann in hohem Masse den Geist eines Geschäftsmannes in Anspruch nehmen, es kann aber nie eine Lebensaufgabe sein. 6. Kunst und Gesellschaft. Sechsundsechszigstes Kapitel. Malerei, Technik und gesellschaftliche Belustigungen. §. 433. Unter den Künsten ist es namentlich die Malerei, welche das Schachspiel als Quelle benutzt und Schachideen zu Productionen ausgebeutet hat. Auch kann die Malerei in Verbindung mit der Plastik für zweckmässige Grundformen bei der technischen Bildung von Schachfiguren wesentliche Dienste leisten. — Von der Musik ist nicht bekannt geworden, dass sie durch das Schach zu Schöpfungen geführt hat, ob- wohl sich Schachmärsche und Schachfantasien mit gleichem Rechte wie viele ähnliche Compositionen vertheidigen liessen. Anmerkung. Genial hat Moritz Retzsch das Schachspiel zu einer sinnigen Zeichnung benutzt, indem er den Kampf eines Spielers mit dem Teufel darstellte, sinnreiche Allegorien beim Ausdruck der Schachfignren und der Umgebung beider Spielenden anbrachte und das Ganze durch den Federstrich des Meisters weihte. Man findet eine ausführliche Beschreibung in dem umfassenden litera- rischen Werke von Anton Schmidt. In neuerer Zeit haben wir viele geistvolle Oelgemälde und vorzüglich feine Stahl- stiche gesehen, denen Schachideen zu Grunde liegen. — Von grosser Wichtigkeit ist die Technik, welche sich auf der einen Seite mit der äusseren Gestaltung der Schach- figuren zu verschiedenen Zeiten und in verschiedenen Län- dern beschäftigt, auf der anderen Seite die bequemsten und zweckmässigsten Formen für die Bildung der Figuren zu ergründen hat. In letzterer Beziehung dürfen für den Gebrauch der Schachclubs wohl nur grosse Bretter und dauerhafte Figuren (am Besten von Buxbaum und Pock- holz) empfohlen werden. Bei der Form mag man drei

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Zitationshilfe: Lange, Max: Lehrbuch des Schachspiels. Halle (Saale), 1856, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_schachspiel_1856/262>, abgerufen am 29.03.2024.