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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

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Hände küßte, und mit männlichem An-
stand sagte:

Gnädige Frau! glauben Sie immer,
daß ich Jhre Einwilligung als eine herab-
lassende Güte ansehe; bleiben Sie aber
auch versichert, daß ich dieser Güte nie-
mals unwürdig seyn werde.

Sie war so liebreich zu sagen: Es er-
freuet mich, Herr Oberster, daß Jhre
Verdienste in meinem Hause eine Beloh-
nung gefunden haben. Er küßte hierauf
die Hände der Gemahlin seines Freundes;
wie viel Dank und Verehrung, rief er
aus, bin ich der großmüthigen Vorspre-
cherin der Angelegenheiten meines Her-
zens schuldig?

"Nichts, Herr Oberster! ich bin stolz,
zu dem Glück Jhres Herzens etwas bey-
zutragen; Jhre brüderliche Freundschaft
soll meine Belohnung seyn."

Er wollte mit seinem Freunde reden;
aber dieser wieß ihn an Fräulein Sophie.
Bey dieser kniete er stillschweigend, und
endlich sprach der edle Mann: Gnädiges

Fräulein!
C 2

Haͤnde kuͤßte, und mit maͤnnlichem An-
ſtand ſagte:

Gnaͤdige Frau! glauben Sie immer,
daß ich Jhre Einwilligung als eine herab-
laſſende Guͤte anſehe; bleiben Sie aber
auch verſichert, daß ich dieſer Guͤte nie-
mals unwuͤrdig ſeyn werde.

Sie war ſo liebreich zu ſagen: Es er-
freuet mich, Herr Oberſter, daß Jhre
Verdienſte in meinem Hauſe eine Beloh-
nung gefunden haben. Er kuͤßte hierauf
die Haͤnde der Gemahlin ſeines Freundes;
wie viel Dank und Verehrung, rief er
aus, bin ich der großmuͤthigen Vorſpre-
cherin der Angelegenheiten meines Her-
zens ſchuldig?

„Nichts, Herr Oberſter! ich bin ſtolz,
zu dem Gluͤck Jhres Herzens etwas bey-
zutragen; Jhre bruͤderliche Freundſchaft
ſoll meine Belohnung ſeyn.“

Er wollte mit ſeinem Freunde reden;
aber dieſer wieß ihn an Fraͤulein Sophie.
Bey dieſer kniete er ſtillſchweigend, und
endlich ſprach der edle Mann: Gnaͤdiges

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[35/0061] Haͤnde kuͤßte, und mit maͤnnlichem An- ſtand ſagte: Gnaͤdige Frau! glauben Sie immer, daß ich Jhre Einwilligung als eine herab- laſſende Guͤte anſehe; bleiben Sie aber auch verſichert, daß ich dieſer Guͤte nie- mals unwuͤrdig ſeyn werde. Sie war ſo liebreich zu ſagen: Es er- freuet mich, Herr Oberſter, daß Jhre Verdienſte in meinem Hauſe eine Beloh- nung gefunden haben. Er kuͤßte hierauf die Haͤnde der Gemahlin ſeines Freundes; wie viel Dank und Verehrung, rief er aus, bin ich der großmuͤthigen Vorſpre- cherin der Angelegenheiten meines Her- zens ſchuldig? „Nichts, Herr Oberſter! ich bin ſtolz, zu dem Gluͤck Jhres Herzens etwas bey- zutragen; Jhre bruͤderliche Freundſchaft ſoll meine Belohnung ſeyn.“ Er wollte mit ſeinem Freunde reden; aber dieſer wieß ihn an Fraͤulein Sophie. Bey dieſer kniete er ſtillſchweigend, und endlich ſprach der edle Mann: Gnaͤdiges Fraͤulein! C 2

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Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/61>, abgerufen am 29.04.2024.