Gnädige Frau! glauben Sie immer, daß ich Jhre Einwilligung als eine herab- lassende Güte ansehe; bleiben Sie aber auch versichert, daß ich dieser Güte nie- mals unwürdig seyn werde.
Sie war so liebreich zu sagen: Es er- freuet mich, Herr Oberster, daß Jhre Verdienste in meinem Hause eine Beloh- nung gefunden haben. Er küßte hierauf die Hände der Gemahlin seines Freundes; wie viel Dank und Verehrung, rief er aus, bin ich der großmüthigen Vorspre- cherin der Angelegenheiten meines Her- zens schuldig?
"Nichts, Herr Oberster! ich bin stolz, zu dem Glück Jhres Herzens etwas bey- zutragen; Jhre brüderliche Freundschaft soll meine Belohnung seyn."
Er wollte mit seinem Freunde reden; aber dieser wieß ihn an Fräulein Sophie. Bey dieser kniete er stillschweigend, und endlich sprach der edle Mann: Gnädiges
Fräulein!
C 2
Haͤnde kuͤßte, und mit maͤnnlichem An- ſtand ſagte:
Gnaͤdige Frau! glauben Sie immer, daß ich Jhre Einwilligung als eine herab- laſſende Guͤte anſehe; bleiben Sie aber auch verſichert, daß ich dieſer Guͤte nie- mals unwuͤrdig ſeyn werde.
Sie war ſo liebreich zu ſagen: Es er- freuet mich, Herr Oberſter, daß Jhre Verdienſte in meinem Hauſe eine Beloh- nung gefunden haben. Er kuͤßte hierauf die Haͤnde der Gemahlin ſeines Freundes; wie viel Dank und Verehrung, rief er aus, bin ich der großmuͤthigen Vorſpre- cherin der Angelegenheiten meines Her- zens ſchuldig?
„Nichts, Herr Oberſter! ich bin ſtolz, zu dem Gluͤck Jhres Herzens etwas bey- zutragen; Jhre bruͤderliche Freundſchaft ſoll meine Belohnung ſeyn.“
Er wollte mit ſeinem Freunde reden; aber dieſer wieß ihn an Fraͤulein Sophie. Bey dieſer kniete er ſtillſchweigend, und endlich ſprach der edle Mann: Gnaͤdiges
Fraͤulein!
C 2
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0061"n="35"/>
Haͤnde kuͤßte, und mit maͤnnlichem An-<lb/>ſtand ſagte:</p><lb/><p>Gnaͤdige Frau! glauben Sie immer,<lb/>
daß ich Jhre Einwilligung als eine herab-<lb/>
laſſende Guͤte anſehe; bleiben Sie aber<lb/>
auch verſichert, daß ich dieſer Guͤte nie-<lb/>
mals unwuͤrdig ſeyn werde.</p><lb/><p>Sie war ſo liebreich zu ſagen: Es er-<lb/>
freuet mich, Herr Oberſter, daß Jhre<lb/>
Verdienſte in meinem Hauſe eine Beloh-<lb/>
nung gefunden haben. Er kuͤßte hierauf<lb/>
die Haͤnde der Gemahlin ſeines Freundes;<lb/>
wie viel Dank und Verehrung, rief er<lb/>
aus, bin ich der großmuͤthigen Vorſpre-<lb/>
cherin der Angelegenheiten meines Her-<lb/>
zens ſchuldig?</p><lb/><p>„Nichts, Herr Oberſter! ich bin ſtolz,<lb/>
zu dem Gluͤck Jhres Herzens etwas bey-<lb/>
zutragen; Jhre bruͤderliche Freundſchaft<lb/>ſoll meine Belohnung ſeyn.“</p><lb/><p>Er wollte mit ſeinem Freunde reden;<lb/>
aber dieſer wieß ihn an Fraͤulein Sophie.<lb/>
Bey dieſer kniete er ſtillſchweigend, und<lb/>
endlich ſprach der edle Mann: Gnaͤdiges<lb/><fwplace="bottom"type="sig">C 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">Fraͤulein!</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[35/0061]
Haͤnde kuͤßte, und mit maͤnnlichem An-
ſtand ſagte:
Gnaͤdige Frau! glauben Sie immer,
daß ich Jhre Einwilligung als eine herab-
laſſende Guͤte anſehe; bleiben Sie aber
auch verſichert, daß ich dieſer Guͤte nie-
mals unwuͤrdig ſeyn werde.
Sie war ſo liebreich zu ſagen: Es er-
freuet mich, Herr Oberſter, daß Jhre
Verdienſte in meinem Hauſe eine Beloh-
nung gefunden haben. Er kuͤßte hierauf
die Haͤnde der Gemahlin ſeines Freundes;
wie viel Dank und Verehrung, rief er
aus, bin ich der großmuͤthigen Vorſpre-
cherin der Angelegenheiten meines Her-
zens ſchuldig?
„Nichts, Herr Oberſter! ich bin ſtolz,
zu dem Gluͤck Jhres Herzens etwas bey-
zutragen; Jhre bruͤderliche Freundſchaft
ſoll meine Belohnung ſeyn.“
Er wollte mit ſeinem Freunde reden;
aber dieſer wieß ihn an Fraͤulein Sophie.
Bey dieſer kniete er ſtillſchweigend, und
endlich ſprach der edle Mann: Gnaͤdiges
Fraͤulein!
C 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/61>, abgerufen am 29.04.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.