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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

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war. Nach dieser Kenntniß theilte ich
meine Aufmerksamkeit und meine Zeit ab.
Mein Ehrgeiz trieb mich, alles was ich
zu thun schuldig war, ohne Aufschub und
auf das Vollkommenste zu verrichten.
War es geschehen, so dachte ich auch an
die Vergnügungen, die meiner Gemüths-
art die gemäßesten waren. Gleiche Ueber-
legungen habe ich über meine itzigen Um-
stände gemacht; und da finde ich mich
mit vierfachen Pflichten beladen. Die er-
ste, gegen meine liebenswürdige Gemah-
lin, welche mir leicht ist, weil immer
mein ganzes Herz zu ihrer Ausübung be-
reit seyn wird. -- Die zwote gegen Jhre
Familie und den übrigen Adel, denen ich,
ohne jemals schmeichlerisch und unterwür-
fig zu seyn, durch alle meine Handlungen
den Beweis zu geben suchen werde, daß
ich der Hand von Sophien P., und der
Aufnahme in die freyherrliche Classe nicht
unwürdig war. Die dritte Pflicht geht
die Personen von demjenigen Stande an,
aus welchem ich herausgezogen bin.
Diese will ich niemals zu denken veran-

lassen,

war. Nach dieſer Kenntniß theilte ich
meine Aufmerkſamkeit und meine Zeit ab.
Mein Ehrgeiz trieb mich, alles was ich
zu thun ſchuldig war, ohne Aufſchub und
auf das Vollkommenſte zu verrichten.
War es geſchehen, ſo dachte ich auch an
die Vergnuͤgungen, die meiner Gemuͤths-
art die gemaͤßeſten waren. Gleiche Ueber-
legungen habe ich uͤber meine itzigen Um-
ſtaͤnde gemacht; und da finde ich mich
mit vierfachen Pflichten beladen. Die er-
ſte, gegen meine liebenswuͤrdige Gemah-
lin, welche mir leicht iſt, weil immer
mein ganzes Herz zu ihrer Ausuͤbung be-
reit ſeyn wird. — Die zwote gegen Jhre
Familie und den uͤbrigen Adel, denen ich,
ohne jemals ſchmeichleriſch und unterwuͤr-
fig zu ſeyn, durch alle meine Handlungen
den Beweis zu geben ſuchen werde, daß
ich der Hand von Sophien P., und der
Aufnahme in die freyherrliche Claſſe nicht
unwuͤrdig war. Die dritte Pflicht geht
die Perſonen von demjenigen Stande an,
aus welchem ich herausgezogen bin.
Dieſe will ich niemals zu denken veran-

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[46/0072] war. Nach dieſer Kenntniß theilte ich meine Aufmerkſamkeit und meine Zeit ab. Mein Ehrgeiz trieb mich, alles was ich zu thun ſchuldig war, ohne Aufſchub und auf das Vollkommenſte zu verrichten. War es geſchehen, ſo dachte ich auch an die Vergnuͤgungen, die meiner Gemuͤths- art die gemaͤßeſten waren. Gleiche Ueber- legungen habe ich uͤber meine itzigen Um- ſtaͤnde gemacht; und da finde ich mich mit vierfachen Pflichten beladen. Die er- ſte, gegen meine liebenswuͤrdige Gemah- lin, welche mir leicht iſt, weil immer mein ganzes Herz zu ihrer Ausuͤbung be- reit ſeyn wird. — Die zwote gegen Jhre Familie und den uͤbrigen Adel, denen ich, ohne jemals ſchmeichleriſch und unterwuͤr- fig zu ſeyn, durch alle meine Handlungen den Beweis zu geben ſuchen werde, daß ich der Hand von Sophien P., und der Aufnahme in die freyherrliche Claſſe nicht unwuͤrdig war. Die dritte Pflicht geht die Perſonen von demjenigen Stande an, aus welchem ich herausgezogen bin. Dieſe will ich niemals zu denken veran- laſſen,

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Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/72>, abgerufen am 29.04.2024.