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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

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schrien und zankten wieder, die Postil-
lions auch. Mylord befahl unsern Leu-
ten zu schweigen, und sagte zu mir: hier
muß etwas ernsthaftes vorgegangen seyn,
da es wichtig genug ist, die gewöhnliche
Gewinnbegierde dieser Leute zu unter-
drücken.

Er rief der Frau freundlich zu: sie
möchte ihm die Ursache sagen, warum sie
uns nicht aufnehmen wollte?

"Weil die Engländer gewissenlose Leu-
"te sind, die sich nichts aus dem Unglü-
"cke der besten Menschen machen, und
"ich meine Tage keinen mehr beherbergen
"will; fahren Sie mit ihren schönen
"Worten nur fort, sie können alle so schö-
"ne Worte geben.

Sie wandte sich von uns weg, und
sagte zu ihrem Sohne, der ihr vermuth-
lich wegen dem Gewinn zuredete. "Nein,
"und wenn sie meine Stube voll Gold
"steckten, so brech' ich meine Gelübde nicht,
"das ich der lieben Dame wegen that --

Jch kochte vor Ungeduld; aber My-
lord, der von seiner Parlamentsstelle her

gewohnt
H 4


ſchrien und zankten wieder, die Poſtil-
lions auch. Mylord befahl unſern Leu-
ten zu ſchweigen, und ſagte zu mir: hier
muß etwas ernſthaftes vorgegangen ſeyn,
da es wichtig genug iſt, die gewoͤhnliche
Gewinnbegierde dieſer Leute zu unter-
druͤcken.

Er rief der Frau freundlich zu: ſie
moͤchte ihm die Urſache ſagen, warum ſie
uns nicht aufnehmen wollte?

„Weil die Englaͤnder gewiſſenloſe Leu-
„te ſind, die ſich nichts aus dem Ungluͤ-
„cke der beſten Menſchen machen, und
„ich meine Tage keinen mehr beherbergen
„will; fahren Sie mit ihren ſchoͤnen
„Worten nur fort, ſie koͤnnen alle ſo ſchoͤ-
„ne Worte geben.

Sie wandte ſich von uns weg, und
ſagte zu ihrem Sohne, der ihr vermuth-
lich wegen dem Gewinn zuredete. „Nein,
„und wenn ſie meine Stube voll Gold
„ſteckten, ſo brech’ ich meine Geluͤbde nicht,
„das ich der lieben Dame wegen that —

Jch kochte vor Ungeduld; aber My-
lord, der von ſeiner Parlamentsſtelle her

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H 4
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[119/0125] ſchrien und zankten wieder, die Poſtil- lions auch. Mylord befahl unſern Leu- ten zu ſchweigen, und ſagte zu mir: hier muß etwas ernſthaftes vorgegangen ſeyn, da es wichtig genug iſt, die gewoͤhnliche Gewinnbegierde dieſer Leute zu unter- druͤcken. Er rief der Frau freundlich zu: ſie moͤchte ihm die Urſache ſagen, warum ſie uns nicht aufnehmen wollte? „Weil die Englaͤnder gewiſſenloſe Leu- „te ſind, die ſich nichts aus dem Ungluͤ- „cke der beſten Menſchen machen, und „ich meine Tage keinen mehr beherbergen „will; fahren Sie mit ihren ſchoͤnen „Worten nur fort, ſie koͤnnen alle ſo ſchoͤ- „ne Worte geben. Sie wandte ſich von uns weg, und ſagte zu ihrem Sohne, der ihr vermuth- lich wegen dem Gewinn zuredete. „Nein, „und wenn ſie meine Stube voll Gold „ſteckten, ſo brech’ ich meine Geluͤbde nicht, „das ich der lieben Dame wegen that — Jch kochte vor Ungeduld; aber My- lord, der von ſeiner Parlamentsſtelle her gewohnt H 4

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Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/125>, abgerufen am 29.04.2024.