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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

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liebte. Jhre Papiere, die sie in der vollen
Aufrichtigkeit ihres Herzens schrieb, be-
weisen mir, daß sie das Beste mir schenkte,
so in ihrer Gewalt war; wahre Hochach-
tung für meinen Character, wahres Ver-
trauen, zärtliche Wünsche für mein Glück.
Der unauflöslich räzelhafte Eigensinn ei-
nes einmal gefaßten Vorzugs hatte schon
lange und unwillkührlich die Neigung ih-
res Herzens gefesselt. -- Jch kenne den
hohen Werth ihrer Seele; ihre Freund-
schaft ist zärtlicher als die Umarmungen der
Liebe einer andern Person. Die Herbst-
jahre des Lebens, in denen ich mich befinde,
lassen mich alle reine Süßigkeit der Freund-
schaft mit Ruhe genießen. Jch werde bey
diesen Glücklichen leben; der zweyte Sohn
soll Lord Rich, soll der Sohn meines Her-
zens, seyn! Alle Tage werde ich mit Lady
Seymour sprechen, und die Schönheit ih-
res Geistes ist mein Eigenthum; ich trage
zu ihrer Glückseligkeit bey. Meine Mut-
ter segnet mich über den Entschluß von ih-
rem geliebten Seymour, und mein Glück
haftet an dem von den wüdigsten und lieb-

sten
T 2

liebte. Jhre Papiere, die ſie in der vollen
Aufrichtigkeit ihres Herzens ſchrieb, be-
weiſen mir, daß ſie das Beſte mir ſchenkte,
ſo in ihrer Gewalt war; wahre Hochach-
tung fuͤr meinen Character, wahres Ver-
trauen, zaͤrtliche Wuͤnſche fuͤr mein Gluͤck.
Der unaufloͤslich raͤzelhafte Eigenſinn ei-
nes einmal gefaßten Vorzugs hatte ſchon
lange und unwillkuͤhrlich die Neigung ih-
res Herzens gefeſſelt. — Jch kenne den
hohen Werth ihrer Seele; ihre Freund-
ſchaft iſt zaͤrtlicher als die Umarmungen der
Liebe einer andern Perſon. Die Herbſt-
jahre des Lebens, in denen ich mich befinde,
laſſen mich alle reine Suͤßigkeit der Freund-
ſchaft mit Ruhe genießen. Jch werde bey
dieſen Gluͤcklichen leben; der zweyte Sohn
ſoll Lord Rich, ſoll der Sohn meines Her-
zens, ſeyn! Alle Tage werde ich mit Lady
Seymour ſprechen, und die Schoͤnheit ih-
res Geiſtes iſt mein Eigenthum; ich trage
zu ihrer Gluͤckſeligkeit bey. Meine Mut-
ter ſegnet mich uͤber den Entſchluß von ih-
rem geliebten Seymour, und mein Gluͤck
haftet an dem von den wuͤdigſten und lieb-

ſten
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[291/0297] liebte. Jhre Papiere, die ſie in der vollen Aufrichtigkeit ihres Herzens ſchrieb, be- weiſen mir, daß ſie das Beſte mir ſchenkte, ſo in ihrer Gewalt war; wahre Hochach- tung fuͤr meinen Character, wahres Ver- trauen, zaͤrtliche Wuͤnſche fuͤr mein Gluͤck. Der unaufloͤslich raͤzelhafte Eigenſinn ei- nes einmal gefaßten Vorzugs hatte ſchon lange und unwillkuͤhrlich die Neigung ih- res Herzens gefeſſelt. — Jch kenne den hohen Werth ihrer Seele; ihre Freund- ſchaft iſt zaͤrtlicher als die Umarmungen der Liebe einer andern Perſon. Die Herbſt- jahre des Lebens, in denen ich mich befinde, laſſen mich alle reine Suͤßigkeit der Freund- ſchaft mit Ruhe genießen. Jch werde bey dieſen Gluͤcklichen leben; der zweyte Sohn ſoll Lord Rich, ſoll der Sohn meines Her- zens, ſeyn! Alle Tage werde ich mit Lady Seymour ſprechen, und die Schoͤnheit ih- res Geiſtes iſt mein Eigenthum; ich trage zu ihrer Gluͤckſeligkeit bey. Meine Mut- ter ſegnet mich uͤber den Entſchluß von ih- rem geliebten Seymour, und mein Gluͤck haftet an dem von den wuͤdigſten und lieb- ſten T 2

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Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/297>, abgerufen am 24.04.2024.