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Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890.

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Heron: Saugerscheinungen. Elemente. Durchsichtigkeit.
so daß infolge dessen die Teilchen wieder zu einander zurück-
kehren. Dieser Rückgang findet sehr schnell statt, weil die
Luftkörperchen bei ihrer Bewegung durchs Leere keinen Wider-
stand zu überwinden haben, bis sie sich wieder aneinander-
schließen. Darauf beruht auch das Anhaften eines Glases
mit enger Öffnung an den Lippen, wenn man Luft aus dem-
selben ausgesaugt hat; desgleichen das Füllen enghalsiger
Flaschen, wie der medizinischen Eier (#, ova medica),
welches geschieht, indem man das ausgesaugte Gefäß mit dem
Finger schließt und unter der Flüssigkeit wieder öffnet,
worauf an Stelle der fehlenden Luft die Teile der Flüssigkeit
eindringen. Ähnliches findet bei den Schröpfköpfen statt,
indem das Feuer die Luft in ihnen teilweise zerstört und
dadurch verdünnt.

Die Elemente werden ineinander verwandelt. Bei der
Zerstörung der Körper durch Feuer bleibt Kohle zurück, welche
dasselbe Volumen (oder ein doch nur wenig geringeres) be-
sitzt, wie das, welches vor der Verbrennung vorhanden war,
während das Gewicht bedeutend abgenommen hat. Es sind
nämlich die übrigen Teile ausgeschieden und je nach ihrer
Dichte in Feuer, Luft oder Erde übergegangen. Die Dämpfe über
glühenden Kesseln sind nichts anderes als verdünnte Flüssigkeit,
die bei der Zerstörung durch Feuer in Luft übergeht. Weitere
Beweise für die leeren Zwischenräume in den Körpern bietet
die Durchsichtigkeit derselben. Ohne Poren könnte weder
durch Wasser noch durch Luft oder irgend einen andren
Körper Licht, Wärme oder irgend eine andre körperliche
Wirkung hindurchgehen. Denn wenn die Lichtstrahlen beim
Hindurchgehen durch Wasser dasselbe gewaltsam zerrissen --
statt durch die Poren zu treten -- so müßte das Wasser im
Gefässe überschäumen. Man beobachtet aber, daß ein Teil
der Strahlen ohne Hindernis hindurchgeht, ein Teil zurückge-
worfen wird. Die Reflexion könnte nicht stattfinden, wenn
die Strahlen das Wasser zerteilten, denn dann müßten alle
Strahlen dasselbe in gleicher Weise passieren; so aber werden
diejenigen zurückgeworfen, welche auf die Luftkörperchen
selbst fallen, während die auf die Poren treffenden hindurch-
gehen. Ferner zeigt die Verteilung des Weines im Wasser,
daß Hohlräume in diesem vorhanden sein müssen.

Heron: Saugerscheinungen. Elemente. Durchsichtigkeit.
so daß infolge dessen die Teilchen wieder zu einander zurück-
kehren. Dieser Rückgang findet sehr schnell statt, weil die
Luftkörperchen bei ihrer Bewegung durchs Leere keinen Wider-
stand zu überwinden haben, bis sie sich wieder aneinander-
schließen. Darauf beruht auch das Anhaften eines Glases
mit enger Öffnung an den Lippen, wenn man Luft aus dem-
selben ausgesaugt hat; desgleichen das Füllen enghalsiger
Flaschen, wie der medizinischen Eier (#, ova medica),
welches geschieht, indem man das ausgesaugte Gefäß mit dem
Finger schließt und unter der Flüssigkeit wieder öffnet,
worauf an Stelle der fehlenden Luft die Teile der Flüssigkeit
eindringen. Ähnliches findet bei den Schröpfköpfen statt,
indem das Feuer die Luft in ihnen teilweise zerstört und
dadurch verdünnt.

Die Elemente werden ineinander verwandelt. Bei der
Zerstörung der Körper durch Feuer bleibt Kohle zurück, welche
dasselbe Volumen (oder ein doch nur wenig geringeres) be-
sitzt, wie das, welches vor der Verbrennung vorhanden war,
während das Gewicht bedeutend abgenommen hat. Es sind
nämlich die übrigen Teile ausgeschieden und je nach ihrer
Dichte in Feuer, Luft oder Erde übergegangen. Die Dämpfe über
glühenden Kesseln sind nichts anderes als verdünnte Flüssigkeit,
die bei der Zerstörung durch Feuer in Luft übergeht. Weitere
Beweise für die leeren Zwischenräume in den Körpern bietet
die Durchsichtigkeit derselben. Ohne Poren könnte weder
durch Wasser noch durch Luft oder irgend einen andren
Körper Licht, Wärme oder irgend eine andre körperliche
Wirkung hindurchgehen. Denn wenn die Lichtstrahlen beim
Hindurchgehen durch Wasser dasselbe gewaltsam zerrissen —
statt durch die Poren zu treten — so müßte das Wasser im
Gefässe überschäumen. Man beobachtet aber, daß ein Teil
der Strahlen ohne Hindernis hindurchgeht, ein Teil zurückge-
worfen wird. Die Reflexion könnte nicht stattfinden, wenn
die Strahlen das Wasser zerteilten, denn dann müßten alle
Strahlen dasselbe in gleicher Weise passieren; so aber werden
diejenigen zurückgeworfen, welche auf die Luftkörperchen
selbst fallen, während die auf die Poren treffenden hindurch-
gehen. Ferner zeigt die Verteilung des Weines im Wasser,
daß Hohlräume in diesem vorhanden sein müssen.

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[216/0234] Heron: Saugerscheinungen. Elemente. Durchsichtigkeit. so daß infolge dessen die Teilchen wieder zu einander zurück- kehren. Dieser Rückgang findet sehr schnell statt, weil die Luftkörperchen bei ihrer Bewegung durchs Leere keinen Wider- stand zu überwinden haben, bis sie sich wieder aneinander- schließen. Darauf beruht auch das Anhaften eines Glases mit enger Öffnung an den Lippen, wenn man Luft aus dem- selben ausgesaugt hat; desgleichen das Füllen enghalsiger Flaschen, wie der medizinischen Eier (#, ova medica), welches geschieht, indem man das ausgesaugte Gefäß mit dem Finger schließt und unter der Flüssigkeit wieder öffnet, worauf an Stelle der fehlenden Luft die Teile der Flüssigkeit eindringen. Ähnliches findet bei den Schröpfköpfen statt, indem das Feuer die Luft in ihnen teilweise zerstört und dadurch verdünnt. Die Elemente werden ineinander verwandelt. Bei der Zerstörung der Körper durch Feuer bleibt Kohle zurück, welche dasselbe Volumen (oder ein doch nur wenig geringeres) be- sitzt, wie das, welches vor der Verbrennung vorhanden war, während das Gewicht bedeutend abgenommen hat. Es sind nämlich die übrigen Teile ausgeschieden und je nach ihrer Dichte in Feuer, Luft oder Erde übergegangen. Die Dämpfe über glühenden Kesseln sind nichts anderes als verdünnte Flüssigkeit, die bei der Zerstörung durch Feuer in Luft übergeht. Weitere Beweise für die leeren Zwischenräume in den Körpern bietet die Durchsichtigkeit derselben. Ohne Poren könnte weder durch Wasser noch durch Luft oder irgend einen andren Körper Licht, Wärme oder irgend eine andre körperliche Wirkung hindurchgehen. Denn wenn die Lichtstrahlen beim Hindurchgehen durch Wasser dasselbe gewaltsam zerrissen — statt durch die Poren zu treten — so müßte das Wasser im Gefässe überschäumen. Man beobachtet aber, daß ein Teil der Strahlen ohne Hindernis hindurchgeht, ein Teil zurückge- worfen wird. Die Reflexion könnte nicht stattfinden, wenn die Strahlen das Wasser zerteilten, denn dann müßten alle Strahlen dasselbe in gleicher Weise passieren; so aber werden diejenigen zurückgeworfen, welche auf die Luftkörperchen selbst fallen, während die auf die Poren treffenden hindurch- gehen. Ferner zeigt die Verteilung des Weines im Wasser, daß Hohlräume in diesem vorhanden sein müssen.

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Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Geschichte der Atomistik. Bd. 1. Hamburg, 1890, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_atom01_1890/234>, abgerufen am 15.05.2024.