Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laube, Heinrich: Die Bernsteinhexe. Leipzig, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Bernsteinhexe.
sen muß! Und das Alles bloß aus Begier, mich ihrer in
Wißbegier und Verlangen zu bemächtigen.
(Pause.)
Warum nicht? Man trachtet nach seiner Befriedi-
gung, es koste, was es wolle -- auch im Untergange liegt
eine Befriedigung. Das alltägliche Pack begnügt sich mit
Naschen und Nippen, und läßt sich abweisen, wo es an
die letzte Decke des eigentlichen Lebensbornes kommt, und
wo allerdings die eigentliche Lebensgefahr beginnt -- zu
diesen Hausthieren auf Erden gehör' ich nicht! -- Jch
muß es erzwingen, daß sich die geheimste Faser dieser
Mädchenseele vor mir enthülle!

Ein Jnbegriff von Zauberwelt ist in diesem Mädchen-
leibe verschlossen! Jn Liebe will sie mir's nicht offenba-
ren -- vielleicht offenbart sie's in Todesfurcht, und über-
dauert sie auch diese, so strahlt sie es aus in der Gluth
des Feuertodes!
(Aufstehend.) Soll ich kleinmüthig ent-
sagen, um großmüthig zu heißen, und soll sie diesem nüch-
ternen Rüdiger überlassen, der keine Ahnung hat von der
geheimnißvollen Zauberwelt dieser feingesponnenen Wei-
besmacht! Dieser Bursche! Wie nichtswürdig lohnt er
mir, wes ich an ihn gewendet! Wie tief gleichgültig bin
ich ihm innerlich! Er kann nicht dafür, unsre Naturen
haben keine wohlthätigen Berührungspunkte mit einander,
freilich! Deshalb kümmert er auch mich nicht! Jch habe
weggeworfen, was ich an ihn gewendet, und ich will's
nicht noch einmal bezahlen durch neue Rücksicht, die ich
auf ihn nehmen könnte. Wir haben reinen Tisch, und es
Die Bernſteinhexe.
ſen muß! Und das Alles bloß aus Begier, mich ihrer in
Wißbegier und Verlangen zu bemaͤchtigen.
(Pauſe.)
Warum nicht? Man trachtet nach ſeiner Befriedi-
gung, es koſte, was es wolle — auch im Untergange liegt
eine Befriedigung. Das alltaͤgliche Pack begnuͤgt ſich mit
Naſchen und Nippen, und laͤßt ſich abweiſen, wo es an
die letzte Decke des eigentlichen Lebensbornes kommt, und
wo allerdings die eigentliche Lebensgefahr beginnt — zu
dieſen Hausthieren auf Erden gehoͤr’ ich nicht! — Jch
muß es erzwingen, daß ſich die geheimſte Faſer dieſer
Maͤdchenſeele vor mir enthuͤlle!

Ein Jnbegriff von Zauberwelt iſt in dieſem Maͤdchen-
leibe verſchloſſen! Jn Liebe will ſie mir’s nicht offenba-
ren — vielleicht offenbart ſie’s in Todesfurcht, und uͤber-
dauert ſie auch dieſe, ſo ſtrahlt ſie es aus in der Gluth
des Feuertodes!
(Aufſtehend.) Soll ich kleinmuͤthig ent-
ſagen, um großmuͤthig zu heißen, und ſoll ſie dieſem nuͤch-
ternen Ruͤdiger uͤberlaſſen, der keine Ahnung hat von der
geheimnißvollen Zauberwelt dieſer feingeſponnenen Wei-
besmacht! Dieſer Burſche! Wie nichtswuͤrdig lohnt er
mir, wes ich an ihn gewendet! Wie tief gleichguͤltig bin
ich ihm innerlich! Er kann nicht dafuͤr, unſre Naturen
haben keine wohlthaͤtigen Beruͤhrungspunkte mit einander,
freilich! Deshalb kuͤmmert er auch mich nicht! Jch habe
weggeworfen, was ich an ihn gewendet, und ich will’s
nicht noch einmal bezahlen durch neue Ruͤckſicht, die ich
auf ihn nehmen koͤnnte. Wir haben reinen Tiſch, und es
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <sp who="#WIT">
              <p><pb facs="#f0184" n="178"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Die Bern&#x017F;teinhexe</hi>.</fw><lb/>
&#x017F;en muß! Und das Alles bloß aus Begier, mich ihrer in<lb/>
Wißbegier und Verlangen zu bema&#x0364;chtigen.</p>
              <stage>(Pau&#x017F;e.)</stage><lb/>
              <p>Warum nicht? Man trachtet nach &#x017F;einer Befriedi-<lb/>
gung, es ko&#x017F;te, was es wolle &#x2014; auch im Untergange liegt<lb/>
eine Befriedigung. Das allta&#x0364;gliche Pack begnu&#x0364;gt &#x017F;ich mit<lb/>
Na&#x017F;chen und Nippen, und la&#x0364;ßt &#x017F;ich abwei&#x017F;en, wo es an<lb/>
die letzte Decke des eigentlichen Lebensbornes kommt, und<lb/>
wo allerdings die eigentliche Lebensgefahr beginnt &#x2014; zu<lb/>
die&#x017F;en Hausthieren auf Erden geho&#x0364;r&#x2019; ich nicht! &#x2014; Jch<lb/>
muß es erzwingen, daß &#x017F;ich die geheim&#x017F;te Fa&#x017F;er die&#x017F;er<lb/>
Ma&#x0364;dchen&#x017F;eele vor mir enthu&#x0364;lle!</p><lb/>
              <p>Ein Jnbegriff von Zauberwelt i&#x017F;t in die&#x017F;em Ma&#x0364;dchen-<lb/>
leibe ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en! Jn Liebe will &#x017F;ie mir&#x2019;s nicht offenba-<lb/>
ren &#x2014; vielleicht offenbart &#x017F;ie&#x2019;s in Todesfurcht, und u&#x0364;ber-<lb/>
dauert &#x017F;ie auch die&#x017F;e, &#x017F;o &#x017F;trahlt &#x017F;ie es aus in der Gluth<lb/>
des Feuertodes!</p>
              <stage>(Auf&#x017F;tehend.)</stage>
              <p>Soll ich kleinmu&#x0364;thig ent-<lb/>
&#x017F;agen, um großmu&#x0364;thig zu heißen, und &#x017F;oll &#x017F;ie die&#x017F;em nu&#x0364;ch-<lb/>
ternen Ru&#x0364;diger u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;en, der keine Ahnung hat von der<lb/>
geheimnißvollen Zauberwelt die&#x017F;er feinge&#x017F;ponnenen Wei-<lb/>
besmacht! Die&#x017F;er Bur&#x017F;che! Wie nichtswu&#x0364;rdig lohnt er<lb/>
mir, wes ich an ihn gewendet! Wie tief gleichgu&#x0364;ltig bin<lb/>
ich ihm innerlich! Er kann nicht dafu&#x0364;r, un&#x017F;re Naturen<lb/>
haben keine wohltha&#x0364;tigen Beru&#x0364;hrungspunkte mit einander,<lb/>
freilich! Deshalb ku&#x0364;mmert er auch mich nicht! Jch habe<lb/>
weggeworfen, was ich an ihn gewendet, und ich will&#x2019;s<lb/>
nicht noch einmal bezahlen durch neue Ru&#x0364;ck&#x017F;icht, die ich<lb/>
auf ihn nehmen ko&#x0364;nnte. Wir haben reinen Ti&#x017F;ch, und es<lb/></p>
            </sp>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[178/0184] Die Bernſteinhexe. ſen muß! Und das Alles bloß aus Begier, mich ihrer in Wißbegier und Verlangen zu bemaͤchtigen. (Pauſe.) Warum nicht? Man trachtet nach ſeiner Befriedi- gung, es koſte, was es wolle — auch im Untergange liegt eine Befriedigung. Das alltaͤgliche Pack begnuͤgt ſich mit Naſchen und Nippen, und laͤßt ſich abweiſen, wo es an die letzte Decke des eigentlichen Lebensbornes kommt, und wo allerdings die eigentliche Lebensgefahr beginnt — zu dieſen Hausthieren auf Erden gehoͤr’ ich nicht! — Jch muß es erzwingen, daß ſich die geheimſte Faſer dieſer Maͤdchenſeele vor mir enthuͤlle! Ein Jnbegriff von Zauberwelt iſt in dieſem Maͤdchen- leibe verſchloſſen! Jn Liebe will ſie mir’s nicht offenba- ren — vielleicht offenbart ſie’s in Todesfurcht, und uͤber- dauert ſie auch dieſe, ſo ſtrahlt ſie es aus in der Gluth des Feuertodes! (Aufſtehend.) Soll ich kleinmuͤthig ent- ſagen, um großmuͤthig zu heißen, und ſoll ſie dieſem nuͤch- ternen Ruͤdiger uͤberlaſſen, der keine Ahnung hat von der geheimnißvollen Zauberwelt dieſer feingeſponnenen Wei- besmacht! Dieſer Burſche! Wie nichtswuͤrdig lohnt er mir, wes ich an ihn gewendet! Wie tief gleichguͤltig bin ich ihm innerlich! Er kann nicht dafuͤr, unſre Naturen haben keine wohlthaͤtigen Beruͤhrungspunkte mit einander, freilich! Deshalb kuͤmmert er auch mich nicht! Jch habe weggeworfen, was ich an ihn gewendet, und ich will’s nicht noch einmal bezahlen durch neue Ruͤckſicht, die ich auf ihn nehmen koͤnnte. Wir haben reinen Tiſch, und es

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_bernsteinhexe_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_bernsteinhexe_1846/184
Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Die Bernsteinhexe. Leipzig, 1846, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_bernsteinhexe_1846/184>, abgerufen am 28.04.2024.