Vor allen Dingen aber empfehle ich Dir dringend: halte Deine Pflegbefohlnen fern von aller producirenden Poesie! Du weißt selbst, daß sie zwar schöne Stunden schafft, weißt aber auch, daß Poeten (nach wiederholten Bescheiden des Kammergerichts) immer noch mit Seil¬ tänzern, lüderlichen Dirnen und sonstigem Gesindel von der "feinen Welt" auf eine Stufe gestellt werden. Fer¬ ner erzeugt die Poesie Mangel an Selbstdenken, raubt die höheren Gesichtspunkte etc. -- welches Alles zur in¬ struktionsmäßigen Verwaltung vieler Aemter so unum¬ gänglich nothwendig ist, kurz, sie macht uns zu rohen, unbrauchbaren Menschen. Wir sind nun einmal von diesem Gifte angesteckt und werden es wohl nie wieder ganz los werden. Das müssen wir ertragen; aber ver¬ hindern wollen wir doch, daß unsere heranwachsende Ju¬ gend mehr davon erschnappe, als zur Führung eines geistrei¬ chen Gesprächs in einer Theegesellschaft nöthig ist. Dixi.
-- Wir wollen doch die Recensionen abwarten, die sich im Jahre 18 -- 19 -- in irgend einem Literaturblatte verbreiten werden über "pp. sämmtliche
4
W. Wer Pech angreift, beſudelt ſich.
W. Wer Pech angreift, beſudelt ſich,
V. Vor Kritikaſtern hüte Dich.
Vor allen Dingen aber empfehle ich Dir dringend: halte Deine Pflegbefohlnen fern von aller producirenden Poeſie! Du weißt ſelbſt, daß ſie zwar ſchöne Stunden ſchafft, weißt aber auch, daß Poeten (nach wiederholten Beſcheiden des Kammergerichts) immer noch mit Seil¬ tänzern, lüderlichen Dirnen und ſonſtigem Geſindel von der „feinen Welt“ auf eine Stufe geſtellt werden. Fer¬ ner erzeugt die Poeſie Mangel an Selbſtdenken, raubt die höheren Geſichtspunkte ꝛc. — welches Alles zur in¬ ſtruktionsmäßigen Verwaltung vieler Aemter ſo unum¬ gänglich nothwendig iſt, kurz, ſie macht uns zu rohen, unbrauchbaren Menſchen. Wir ſind nun einmal von dieſem Gifte angeſteckt und werden es wohl nie wieder ganz los werden. Das müſſen wir ertragen; aber ver¬ hindern wollen wir doch, daß unſere heranwachſende Ju¬ gend mehr davon erſchnappe, als zur Führung eines geiſtrei¬ chen Geſprächs in einer Theegeſellſchaft nöthig iſt. Dixi.
— Wir wollen doch die Recenſionen abwarten, die ſich im Jahre 18 — 19 — in irgend einem Literaturblatte verbreiten werden über „pp. ſämmtliche
4
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0083"n="73"/><p>W. Wer Pech angreift, beſudelt ſich.</p><lb/><p>W. Wer Pech angreift, beſudelt ſich,</p><lb/><p>V. Vor Kritikaſtern hüte Dich.</p><lb/><p>Vor allen Dingen aber empfehle ich Dir dringend:<lb/>
halte Deine Pflegbefohlnen fern von aller producirenden<lb/>
Poeſie! Du weißt ſelbſt, daß ſie zwar ſchöne Stunden<lb/>ſchafft, weißt aber auch, daß Poeten (nach wiederholten<lb/>
Beſcheiden des Kammergerichts) immer noch mit Seil¬<lb/>
tänzern, lüderlichen Dirnen und ſonſtigem Geſindel von<lb/>
der „feinen Welt“ auf eine Stufe geſtellt werden. Fer¬<lb/>
ner erzeugt die Poeſie Mangel an Selbſtdenken, raubt<lb/>
die höheren Geſichtspunkte ꝛc. — welches Alles zur in¬<lb/>ſtruktionsmäßigen Verwaltung vieler Aemter ſo unum¬<lb/>
gänglich nothwendig iſt, kurz, ſie macht uns zu rohen,<lb/>
unbrauchbaren Menſchen. Wir ſind nun einmal von<lb/>
dieſem Gifte angeſteckt und werden es wohl nie wieder<lb/>
ganz los werden. Das müſſen wir ertragen; aber ver¬<lb/>
hindern wollen wir doch, daß unſere heranwachſende Ju¬<lb/>
gend mehr davon erſchnappe, als zur Führung eines geiſtrei¬<lb/>
chen Geſprächs in einer Theegeſellſchaft nöthig iſt. <hirendition="#aq">Dixi</hi>.</p><lb/><p>— Wir wollen doch die Recenſionen abwarten,<lb/>
die ſich im Jahre 18 — 19 — in irgend einem<lb/>
Literaturblatte verbreiten werden über „<hirendition="#aq">pp</hi>. ſämmtliche<lb/><fwplace="bottom"type="sig">4<lb/></fw></p></div></body></text></TEI>
[73/0083]
W. Wer Pech angreift, beſudelt ſich.
W. Wer Pech angreift, beſudelt ſich,
V. Vor Kritikaſtern hüte Dich.
Vor allen Dingen aber empfehle ich Dir dringend:
halte Deine Pflegbefohlnen fern von aller producirenden
Poeſie! Du weißt ſelbſt, daß ſie zwar ſchöne Stunden
ſchafft, weißt aber auch, daß Poeten (nach wiederholten
Beſcheiden des Kammergerichts) immer noch mit Seil¬
tänzern, lüderlichen Dirnen und ſonſtigem Geſindel von
der „feinen Welt“ auf eine Stufe geſtellt werden. Fer¬
ner erzeugt die Poeſie Mangel an Selbſtdenken, raubt
die höheren Geſichtspunkte ꝛc. — welches Alles zur in¬
ſtruktionsmäßigen Verwaltung vieler Aemter ſo unum¬
gänglich nothwendig iſt, kurz, ſie macht uns zu rohen,
unbrauchbaren Menſchen. Wir ſind nun einmal von
dieſem Gifte angeſteckt und werden es wohl nie wieder
ganz los werden. Das müſſen wir ertragen; aber ver¬
hindern wollen wir doch, daß unſere heranwachſende Ju¬
gend mehr davon erſchnappe, als zur Führung eines geiſtrei¬
chen Geſprächs in einer Theegeſellſchaft nöthig iſt. Dixi.
— Wir wollen doch die Recenſionen abwarten,
die ſich im Jahre 18 — 19 — in irgend einem
Literaturblatte verbreiten werden über „pp. ſämmtliche
4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 1. Leipzig, 1833, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0101_1833/83>, abgerufen am 10.12.2023.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2023. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.