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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 2. Leipzig, 1833.

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war nicht wie sonst munter und ausgelassen, sie lachte
nicht, aber sie sah wie ein Engel aus, der sich freut.
Nur wenn mein Glück mitunter aufjauchzte, sprang
ihr sonstiges hüpfendes Temperament aus ihr hervor:
die Augen blitzten, alle Züge des Gesichts jubelten, alle
Glieder hoben sich zum schwebenden Tanze, sie begann
ein fröhliches Lied, und tänzelte eine Strecke hin. Ich
konnte ihr nicht sagen, was mir das Herz bewegte,
denn Alberta ging nicht von unsrer Seite. Wir schwärm¬
ten also in romantischer Ungewißheit den halben Tag in
Garten und Wald umher, unsre Blicke sprachen von
vollem Herzen, von süßem Glücke, unsre Lippen bar¬
gen die Schönheit der Welt. Hie und da schien mir
ein Schatten über Camillas Angesicht zu fliegen, wenn
ich mit Alberta tändelte, und mit dem lieben kindlichen
Wesen kosende Worte wechselte.

Der Graf ist in der letzten Zeit unsrer Einsam¬
keit wieder aufgelebt; an die Stelle des langweiligen
Fips, der endlich seine diplomatischen Bestrebungen auf¬
gegeben und seine Lenden gegürtet hat, ist sein bunter
Marschall der Laune, Camilla, getreten. Wir leben wie
die Engel, und wollen in einigen Monaten nach Pa¬
ris kommen. Die romantische Ungewißheit mit Camilla

war nicht wie ſonſt munter und ausgelaſſen, ſie lachte
nicht, aber ſie ſah wie ein Engel aus, der ſich freut.
Nur wenn mein Glück mitunter aufjauchzte, ſprang
ihr ſonſtiges hüpfendes Temperament aus ihr hervor:
die Augen blitzten, alle Züge des Geſichts jubelten, alle
Glieder hoben ſich zum ſchwebenden Tanze, ſie begann
ein fröhliches Lied, und tänzelte eine Strecke hin. Ich
konnte ihr nicht ſagen, was mir das Herz bewegte,
denn Alberta ging nicht von unſrer Seite. Wir ſchwärm¬
ten alſo in romantiſcher Ungewißheit den halben Tag in
Garten und Wald umher, unſre Blicke ſprachen von
vollem Herzen, von ſüßem Glücke, unſre Lippen bar¬
gen die Schönheit der Welt. Hie und da ſchien mir
ein Schatten über Camillas Angeſicht zu fliegen, wenn
ich mit Alberta tändelte, und mit dem lieben kindlichen
Weſen koſende Worte wechſelte.

Der Graf iſt in der letzten Zeit unſrer Einſam¬
keit wieder aufgelebt; an die Stelle des langweiligen
Fips, der endlich ſeine diplomatiſchen Beſtrebungen auf¬
gegeben und ſeine Lenden gegürtet hat, iſt ſein bunter
Marſchall der Laune, Camilla, getreten. Wir leben wie
die Engel, und wollen in einigen Monaten nach Pa¬
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[151/0163] war nicht wie ſonſt munter und ausgelaſſen, ſie lachte nicht, aber ſie ſah wie ein Engel aus, der ſich freut. Nur wenn mein Glück mitunter aufjauchzte, ſprang ihr ſonſtiges hüpfendes Temperament aus ihr hervor: die Augen blitzten, alle Züge des Geſichts jubelten, alle Glieder hoben ſich zum ſchwebenden Tanze, ſie begann ein fröhliches Lied, und tänzelte eine Strecke hin. Ich konnte ihr nicht ſagen, was mir das Herz bewegte, denn Alberta ging nicht von unſrer Seite. Wir ſchwärm¬ ten alſo in romantiſcher Ungewißheit den halben Tag in Garten und Wald umher, unſre Blicke ſprachen von vollem Herzen, von ſüßem Glücke, unſre Lippen bar¬ gen die Schönheit der Welt. Hie und da ſchien mir ein Schatten über Camillas Angeſicht zu fliegen, wenn ich mit Alberta tändelte, und mit dem lieben kindlichen Weſen koſende Worte wechſelte. Der Graf iſt in der letzten Zeit unſrer Einſam¬ keit wieder aufgelebt; an die Stelle des langweiligen Fips, der endlich ſeine diplomatiſchen Beſtrebungen auf¬ gegeben und ſeine Lenden gegürtet hat, iſt ſein bunter Marſchall der Laune, Camilla, getreten. Wir leben wie die Engel, und wollen in einigen Monaten nach Pa¬ ris kommen. Die romantiſche Ungewißheit mit Camilla

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Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 2. Leipzig, 1833, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0102_1833/163>, abgerufen am 30.04.2024.