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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 2. Leipzig, 1833.

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mit meiner schwächlichen Empfindsamkeit voraussah. Das
Duell ist mir verhaßt, und wenn ich an die sogenann¬
ten Skandäler auf der Universität zurückdenke, so kom¬
men auch alle die Harlekinaden mit, aus deren bunten
Lappen das ganze Studentenleben bestand, und jene
Paukereien erscheinen mir wie ein ernsthaftes Spiel,
bei dem leicht ein Unglück geschieht. Wenn man aber
die Harlekinsjacke ausgezogen hat, soll man auch das
Spielen lassen. Ich würde es von Staatswegen Nie¬
mand verbieten, weil es eine Beschränkung der per¬
sönlichen Freiheit wäre, und weil es wirklich Verhältnisse
giebt, von deren feinen Linien das bürgerliche Recht
keine Kenntniß haben kann, da es seiner Natur nach
al fresco gemalt sein muß. Ich kann es Niemand
wehren, an den Vortheilen der Civilisation keinen An¬
theil nehmen zu wollen, sobald er einen Andern, der das
will, nicht stört. Wenn also ihrer zwei außer dem Ge¬
setze begriffen sein und ihre Angelegenheit durch Degen
oder Kugel schlichten wollen, so soll man sie gewähren
lassen. Aber man betrachte jedes Duell mit also mi߬
trauischen Augen, als man es noch immer mit günsti¬
gen thut. Man gestatte Jedem, es unbeschadet seiner
äußern Ehre zurückzuweisen; man blamire, verlache diese

mit meiner ſchwächlichen Empfindſamkeit vorausſah. Das
Duell iſt mir verhaßt, und wenn ich an die ſogenann¬
ten Skandäler auf der Univerſität zurückdenke, ſo kom¬
men auch alle die Harlekinaden mit, aus deren bunten
Lappen das ganze Studentenleben beſtand, und jene
Paukereien erſcheinen mir wie ein ernſthaftes Spiel,
bei dem leicht ein Unglück geſchieht. Wenn man aber
die Harlekinsjacke ausgezogen hat, ſoll man auch das
Spielen laſſen. Ich würde es von Staatswegen Nie¬
mand verbieten, weil es eine Beſchränkung der per¬
ſönlichen Freiheit wäre, und weil es wirklich Verhältniſſe
giebt, von deren feinen Linien das bürgerliche Recht
keine Kenntniß haben kann, da es ſeiner Natur nach
al fresco gemalt ſein muß. Ich kann es Niemand
wehren, an den Vortheilen der Civiliſation keinen An¬
theil nehmen zu wollen, ſobald er einen Andern, der das
will, nicht ſtört. Wenn alſo ihrer zwei außer dem Ge¬
ſetze begriffen ſein und ihre Angelegenheit durch Degen
oder Kugel ſchlichten wollen, ſo ſoll man ſie gewähren
laſſen. Aber man betrachte jedes Duell mit alſo mi߬
trauiſchen Augen, als man es noch immer mit günſti¬
gen thut. Man geſtatte Jedem, es unbeſchadet ſeiner
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[43/0055] mit meiner ſchwächlichen Empfindſamkeit vorausſah. Das Duell iſt mir verhaßt, und wenn ich an die ſogenann¬ ten Skandäler auf der Univerſität zurückdenke, ſo kom¬ men auch alle die Harlekinaden mit, aus deren bunten Lappen das ganze Studentenleben beſtand, und jene Paukereien erſcheinen mir wie ein ernſthaftes Spiel, bei dem leicht ein Unglück geſchieht. Wenn man aber die Harlekinsjacke ausgezogen hat, ſoll man auch das Spielen laſſen. Ich würde es von Staatswegen Nie¬ mand verbieten, weil es eine Beſchränkung der per¬ ſönlichen Freiheit wäre, und weil es wirklich Verhältniſſe giebt, von deren feinen Linien das bürgerliche Recht keine Kenntniß haben kann, da es ſeiner Natur nach al fresco gemalt ſein muß. Ich kann es Niemand wehren, an den Vortheilen der Civiliſation keinen An¬ theil nehmen zu wollen, ſobald er einen Andern, der das will, nicht ſtört. Wenn alſo ihrer zwei außer dem Ge¬ ſetze begriffen ſein und ihre Angelegenheit durch Degen oder Kugel ſchlichten wollen, ſo ſoll man ſie gewähren laſſen. Aber man betrachte jedes Duell mit alſo mi߬ trauiſchen Augen, als man es noch immer mit günſti¬ gen thut. Man geſtatte Jedem, es unbeſchadet ſeiner äußern Ehre zurückzuweiſen; man blamire, verlache dieſe

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Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 2. Leipzig, 1833, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0102_1833/55>, abgerufen am 26.04.2024.