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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 2. Leipzig, 1833.

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heilige Versicherung, daß Alles in vollgültiger Richtig¬
keit sei, habe ich mich zu der wunderlichen Farce ent¬
schließen müssen, ein Duell mit Jemand einzugehen, den
ich nicht kenne, dessen Vorwürfe und Zornesgründe mir
unbekannt sind. Morgen früh werden sich zwei Leute
im Park schießen. Der Eine tritt wie eine Sache, wie
ein Pfahl ans Ziel hin, der Andre aber wird, Gott
weiß, wessen Ehre durch einen Schuß auf diesen Pfahl
reinigen. O Welt, mit wie viel Fratzenbildern bist du
eingezäunt!

Begegnet mir etwas Menschliches, so bedaure die
Enkel, daß ihnen ein Kämpfer für ihre Freiheit gefallen
ist, beneide die jetzt Herrschenden, daß sie einen unver¬
söhnlichen Feind ihrer Herrschaft weniger haben. Ich
habe nur ein großes Interesse auf dieser Welt, das ist
die Freiheit, nur weil ich noch für sie sterben kann,
würd' ich ungern im Fratzenkampfe untergehen. -- --

Eben höre ich mit tiefem Schmerz, daß Camilla
bei Ankunft des Fremden außer sich gerathen ist, sich
eingeschlossen, gepackt und so eben den Reisewagen be¬
stellt hat. Der Wagen rollt vor das Schloß -- lautes
Geräusch auf der Flur, der Treppe. -- --

Ich ging an die Thür und hörte eine fremde Stimme

heilige Verſicherung, daß Alles in vollgültiger Richtig¬
keit ſei, habe ich mich zu der wunderlichen Farce ent¬
ſchließen müſſen, ein Duell mit Jemand einzugehen, den
ich nicht kenne, deſſen Vorwürfe und Zornesgründe mir
unbekannt ſind. Morgen früh werden ſich zwei Leute
im Park ſchießen. Der Eine tritt wie eine Sache, wie
ein Pfahl ans Ziel hin, der Andre aber wird, Gott
weiß, weſſen Ehre durch einen Schuß auf dieſen Pfahl
reinigen. O Welt, mit wie viel Fratzenbildern biſt du
eingezäunt!

Begegnet mir etwas Menſchliches, ſo bedaure die
Enkel, daß ihnen ein Kämpfer für ihre Freiheit gefallen
iſt, beneide die jetzt Herrſchenden, daß ſie einen unver¬
ſöhnlichen Feind ihrer Herrſchaft weniger haben. Ich
habe nur ein großes Intereſſe auf dieſer Welt, das iſt
die Freiheit, nur weil ich noch für ſie ſterben kann,
würd' ich ungern im Fratzenkampfe untergehen. — —

Eben höre ich mit tiefem Schmerz, daß Camilla
bei Ankunft des Fremden außer ſich gerathen iſt, ſich
eingeſchloſſen, gepackt und ſo eben den Reiſewagen be¬
ſtellt hat. Der Wagen rollt vor das Schloß — lautes
Geräuſch auf der Flur, der Treppe. — —

Ich ging an die Thür und hörte eine fremde Stimme

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[60/0072] heilige Verſicherung, daß Alles in vollgültiger Richtig¬ keit ſei, habe ich mich zu der wunderlichen Farce ent¬ ſchließen müſſen, ein Duell mit Jemand einzugehen, den ich nicht kenne, deſſen Vorwürfe und Zornesgründe mir unbekannt ſind. Morgen früh werden ſich zwei Leute im Park ſchießen. Der Eine tritt wie eine Sache, wie ein Pfahl ans Ziel hin, der Andre aber wird, Gott weiß, weſſen Ehre durch einen Schuß auf dieſen Pfahl reinigen. O Welt, mit wie viel Fratzenbildern biſt du eingezäunt! Begegnet mir etwas Menſchliches, ſo bedaure die Enkel, daß ihnen ein Kämpfer für ihre Freiheit gefallen iſt, beneide die jetzt Herrſchenden, daß ſie einen unver¬ ſöhnlichen Feind ihrer Herrſchaft weniger haben. Ich habe nur ein großes Intereſſe auf dieſer Welt, das iſt die Freiheit, nur weil ich noch für ſie ſterben kann, würd' ich ungern im Fratzenkampfe untergehen. — — Eben höre ich mit tiefem Schmerz, daß Camilla bei Ankunft des Fremden außer ſich gerathen iſt, ſich eingeſchloſſen, gepackt und ſo eben den Reiſewagen be¬ ſtellt hat. Der Wagen rollt vor das Schloß — lautes Geräuſch auf der Flur, der Treppe. — — Ich ging an die Thür und hörte eine fremde Stimme

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Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 2. Leipzig, 1833, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0102_1833/72>, abgerufen am 28.04.2024.