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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792.

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von liegt. -- Mein Vater überließ es unterwegs
meiner Wahl, ob ich Jura oder Theologie studiren
wollte; er stellte mir aber auch vor, daß ich in der
Pfalz als Jurist keine Versorgung, oder doch nur
sehr schwerlich zu erwarten hätte. Er fügte hinzu,
daß P[ - 1 Zeichen fehlt]otestanten wegen ihrer Religion wenig An-
sprüche auf kurfürstliche Bedienungen machen dürften.
Er rieth mir also zur Theologie, ob er gleich im Her-
zen die meisten Sätze des Kompendiums für Erdich-
tungen oder erzwungene Lehrvorschriften hielt. Ich
versprach demnach, Theologie zu studiren; aber im
Ernst hatte ich das nicht im Sinne. Ich wollte
nämlich noch sehen, wie es mit meinem Mädchen
und ihrem Anhang werden würde. In Beiseyn
meines Vaters versprach ich zwar hoch und theuer,
an Theresen nicht mehr zu denken, und noch weniger
an sie zu schreiben; aber mein Herz hing noch fest an
ihr, so fest nämlich, als es für das Herz eines äus-
serst leichtsinnigen und unerfahrnen jungen Menschen
möglich ist: -- und noch hatte ich keine andre Vorstel-
lung von Glück, als von dem in ihrem Besitz. Ich
wollte also, wie schon gesagt ist, zusehen, wie es noch
werden würde.

In Gießen ließ ich mich inmatrikuliren, und
meinen Hut nach der neuesten Mode zustutzen. So-
dann suchte ich mir auf dem Lektions-Katalog einige
Collegien aus, pränumerirte sie, kaufte die Kompen-

von liegt. — Mein Vater uͤberließ es unterwegs
meiner Wahl, ob ich Jura oder Theologie ſtudiren
wollte; er ſtellte mir aber auch vor, daß ich in der
Pfalz als Juriſt keine Verſorgung, oder doch nur
ſehr ſchwerlich zu erwarten haͤtte. Er fuͤgte hinzu,
daß P[ – 1 Zeichen fehlt]oteſtanten wegen ihrer Religion wenig An-
ſpruͤche auf kurfuͤrſtliche Bedienungen machen duͤrften.
Er rieth mir alſo zur Theologie, ob er gleich im Her-
zen die meiſten Saͤtze des Kompendiums fuͤr Erdich-
tungen oder erzwungene Lehrvorſchriften hielt. Ich
verſprach demnach, Theologie zu ſtudiren; aber im
Ernſt hatte ich das nicht im Sinne. Ich wollte
naͤmlich noch ſehen, wie es mit meinem Maͤdchen
und ihrem Anhang werden wuͤrde. In Beiſeyn
meines Vaters verſprach ich zwar hoch und theuer,
an Thereſen nicht mehr zu denken, und noch weniger
an ſie zu ſchreiben; aber mein Herz hing noch feſt an
ihr, ſo feſt naͤmlich, als es fuͤr das Herz eines aͤuſ-
ſerſt leichtſinnigen und unerfahrnen jungen Menſchen
moͤglich iſt: — und noch hatte ich keine andre Vorſtel-
lung von Gluͤck, als von dem in ihrem Beſitz. Ich
wollte alſo, wie ſchon geſagt iſt, zuſehen, wie es noch
werden wuͤrde.

In Gießen ließ ich mich inmatrikuliren, und
meinen Hut nach der neueſten Mode zuſtutzen. So-
dann ſuchte ich mir auf dem Lektions-Katalog einige
Collegien aus, praͤnumerirte ſie, kaufte die Kompen-

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[66/0080] von liegt. — Mein Vater uͤberließ es unterwegs meiner Wahl, ob ich Jura oder Theologie ſtudiren wollte; er ſtellte mir aber auch vor, daß ich in der Pfalz als Juriſt keine Verſorgung, oder doch nur ſehr ſchwerlich zu erwarten haͤtte. Er fuͤgte hinzu, daß P_oteſtanten wegen ihrer Religion wenig An- ſpruͤche auf kurfuͤrſtliche Bedienungen machen duͤrften. Er rieth mir alſo zur Theologie, ob er gleich im Her- zen die meiſten Saͤtze des Kompendiums fuͤr Erdich- tungen oder erzwungene Lehrvorſchriften hielt. Ich verſprach demnach, Theologie zu ſtudiren; aber im Ernſt hatte ich das nicht im Sinne. Ich wollte naͤmlich noch ſehen, wie es mit meinem Maͤdchen und ihrem Anhang werden wuͤrde. In Beiſeyn meines Vaters verſprach ich zwar hoch und theuer, an Thereſen nicht mehr zu denken, und noch weniger an ſie zu ſchreiben; aber mein Herz hing noch feſt an ihr, ſo feſt naͤmlich, als es fuͤr das Herz eines aͤuſ- ſerſt leichtſinnigen und unerfahrnen jungen Menſchen moͤglich iſt: — und noch hatte ich keine andre Vorſtel- lung von Gluͤck, als von dem in ihrem Beſitz. Ich wollte alſo, wie ſchon geſagt iſt, zuſehen, wie es noch werden wuͤrde. In Gießen ließ ich mich inmatrikuliren, und meinen Hut nach der neueſten Mode zuſtutzen. So- dann ſuchte ich mir auf dem Lektions-Katalog einige Collegien aus, praͤnumerirte ſie, kaufte die Kompen-

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 1. Halle, 1792, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben01_1792/80>, abgerufen am 26.04.2024.