Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

komment nachgelaufen, und so ein vollkommener
Bursche, im burschikosesten Sinn geworden. Ueber-
haupt scheinen mir die Universitäten gar der Ort
nicht zu seyn, wo man feine Sitten lernen könnte.
In der Pfalz hatte ich zwar vielerlei Umgang; allein
dieser Umgang konnte mich nicht bessern. Die Frauen-
zimmer, mit denen ich umging, waren auch nicht
dazu geschickt. Mit Thereschen stand ich, wie man
schon weis: und da sah das Mädchen nur mich;
und alles, was an mir war, gefiel ihr. -- Die an-
dern Damen und Mamsellen, mit denen ich umging,
freuten sich, nach Art des Pfälzischen Frauenzim-
mers, mehr über mein ungezwungenes Benehmen
und meine Lustigkeit, als wenn ich noch so sein ge-
wesen wäre. -- Jetzt freilich mache ich mir gar nichts
mehr daraus: Komplimente und dergleichen Possen
schicken sich für einen Soldaten eben so wenig, wie
für den Mosellaner Senior in Jena. Aber damals
bedaurte ich doch, daß ich nicht besser Komplimente
machen und mit Dezenz ein Pfötchen küssen und
nicht Stundenlang die Weibleins mit Tändeleien und
nichts und wieder nichts unterhalten konnte, und
tausend andre Possen nicht verstand, wodurch sich
die bessere Lebensart markirt. Denn dieser Mangel
zog mir den Namen eines Tölpels und Grobians zu,
und versperte mir den Zutritt zu vornehmen Zirkeln
wie zur Gunst der Damen. Tanzen konnte ich auch

komment nachgelaufen, und ſo ein vollkommener
Burſche, im burſchikoſeſten Sinn geworden. Ueber-
haupt ſcheinen mir die Univerſitaͤten gar der Ort
nicht zu ſeyn, wo man feine Sitten lernen koͤnnte.
In der Pfalz hatte ich zwar vielerlei Umgang; allein
dieſer Umgang konnte mich nicht beſſern. Die Frauen-
zimmer, mit denen ich umging, waren auch nicht
dazu geſchickt. Mit Thereschen ſtand ich, wie man
ſchon weis: und da ſah das Maͤdchen nur mich;
und alles, was an mir war, gefiel ihr. — Die an-
dern Damen und Mamſellen, mit denen ich umging,
freuten ſich, nach Art des Pfaͤlziſchen Frauenzim-
mers, mehr uͤber mein ungezwungenes Benehmen
und meine Luſtigkeit, als wenn ich noch ſo ſein ge-
weſen waͤre. — Jetzt freilich mache ich mir gar nichts
mehr daraus: Komplimente und dergleichen Poſſen
ſchicken ſich fuͤr einen Soldaten eben ſo wenig, wie
fuͤr den Moſellaner Senior in Jena. Aber damals
bedaurte ich doch, daß ich nicht beſſer Komplimente
machen und mit Dezenz ein Pfoͤtchen kuͤſſen und
nicht Stundenlang die Weibleins mit Taͤndeleien und
nichts und wieder nichts unterhalten konnte, und
tauſend andre Poſſen nicht verſtand, wodurch ſich
die beſſere Lebensart markirt. Denn dieſer Mangel
zog mir den Namen eines Toͤlpels und Grobians zu,
und verſperte mir den Zutritt zu vornehmen Zirkeln
wie zur Gunſt der Damen. Tanzen konnte ich auch

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0216" n="214"/>
komment nachgelaufen, und &#x017F;o ein vollkommener<lb/>
Bur&#x017F;che, im bur&#x017F;chiko&#x017F;e&#x017F;ten Sinn geworden. Ueber-<lb/>
haupt &#x017F;cheinen mir die Univer&#x017F;ita&#x0364;ten gar der Ort<lb/>
nicht zu &#x017F;eyn, wo man feine Sitten lernen ko&#x0364;nnte.<lb/>
In der Pfalz hatte ich zwar vielerlei Umgang; allein<lb/>
die&#x017F;er Umgang konnte mich nicht be&#x017F;&#x017F;ern. Die Frauen-<lb/>
zimmer, mit denen ich umging, waren auch nicht<lb/>
dazu ge&#x017F;chickt. Mit Thereschen &#x017F;tand ich, wie man<lb/>
&#x017F;chon weis: und da &#x017F;ah das Ma&#x0364;dchen nur mich;<lb/>
und alles, was an mir war, gefiel ihr. &#x2014; Die an-<lb/>
dern Damen und Mam&#x017F;ellen, mit denen ich umging,<lb/>
freuten &#x017F;ich, nach Art des Pfa&#x0364;lzi&#x017F;chen Frauenzim-<lb/>
mers, mehr u&#x0364;ber mein ungezwungenes Benehmen<lb/>
und meine Lu&#x017F;tigkeit, als wenn ich noch &#x017F;o &#x017F;ein ge-<lb/>
we&#x017F;en wa&#x0364;re. &#x2014; Jetzt freilich mache ich mir gar nichts<lb/>
mehr daraus: Komplimente und dergleichen Po&#x017F;&#x017F;en<lb/>
&#x017F;chicken &#x017F;ich fu&#x0364;r einen Soldaten eben &#x017F;o wenig, wie<lb/>
fu&#x0364;r den Mo&#x017F;ellaner Senior in Jena. Aber damals<lb/>
bedaurte ich doch, daß ich nicht be&#x017F;&#x017F;er Komplimente<lb/>
machen und mit Dezenz ein Pfo&#x0364;tchen ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en und<lb/>
nicht Stundenlang die Weibleins mit Ta&#x0364;ndeleien und<lb/>
nichts und wieder nichts unterhalten konnte, und<lb/>
tau&#x017F;end andre Po&#x017F;&#x017F;en nicht ver&#x017F;tand, wodurch &#x017F;ich<lb/>
die be&#x017F;&#x017F;ere Lebensart markirt. Denn die&#x017F;er Mangel<lb/>
zog mir den Namen eines To&#x0364;lpels und Grobians zu,<lb/>
und ver&#x017F;perte mir den Zutritt zu vornehmen Zirkeln<lb/>
wie zur Gun&#x017F;t der Damen. Tanzen konnte ich auch<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[214/0216] komment nachgelaufen, und ſo ein vollkommener Burſche, im burſchikoſeſten Sinn geworden. Ueber- haupt ſcheinen mir die Univerſitaͤten gar der Ort nicht zu ſeyn, wo man feine Sitten lernen koͤnnte. In der Pfalz hatte ich zwar vielerlei Umgang; allein dieſer Umgang konnte mich nicht beſſern. Die Frauen- zimmer, mit denen ich umging, waren auch nicht dazu geſchickt. Mit Thereschen ſtand ich, wie man ſchon weis: und da ſah das Maͤdchen nur mich; und alles, was an mir war, gefiel ihr. — Die an- dern Damen und Mamſellen, mit denen ich umging, freuten ſich, nach Art des Pfaͤlziſchen Frauenzim- mers, mehr uͤber mein ungezwungenes Benehmen und meine Luſtigkeit, als wenn ich noch ſo ſein ge- weſen waͤre. — Jetzt freilich mache ich mir gar nichts mehr daraus: Komplimente und dergleichen Poſſen ſchicken ſich fuͤr einen Soldaten eben ſo wenig, wie fuͤr den Moſellaner Senior in Jena. Aber damals bedaurte ich doch, daß ich nicht beſſer Komplimente machen und mit Dezenz ein Pfoͤtchen kuͤſſen und nicht Stundenlang die Weibleins mit Taͤndeleien und nichts und wieder nichts unterhalten konnte, und tauſend andre Poſſen nicht verſtand, wodurch ſich die beſſere Lebensart markirt. Denn dieſer Mangel zog mir den Namen eines Toͤlpels und Grobians zu, und verſperte mir den Zutritt zu vornehmen Zirkeln wie zur Gunſt der Damen. Tanzen konnte ich auch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/216
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/216>, abgerufen am 26.04.2024.