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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

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meiner Besserung zum Grunde hatte, als herrsch-
süchtige Rüge. Ja, von allen meinen Zuchtmei-
stern hat er am angemessensten auf mich gewirkt.
Meine meisten Fehltritte in Halle entstanden aus
Mangel an Lebensunterhalt und Beschäftigung. Die-
sem Mangel half er absichtlich, wie ich hintendrein
bemerkte, auf allerhand Art ab. Bald unterstüzte
er mich mit Geld, bald gab er mir etwas zu über-
setzen oder auszuziehen: über dieses wurde gemein-
schaftlich gesprochen, dies oder jenes gerügt und ver-
bessert: bald über allerhand philosophische Materien
sowohl dentsch als lateinisch disputirt: zur andern
Zeit machte er mich auf neuere Bücher aufmerksam,
und hatte überhaupt die Güte, mir zu jeder Zeit
freien Zutritt zu ihm, und freien Gebrauch von sei-
ner Bibliothek zu erlauben. Hierdurch ward ich
allmälig an bestimmte Arbeiten und Lectüre
gewöhnt, fand sogar endlich Geschmack daran, und
entzog mich, um diesen zu befriedigen, meinen ehe-
maligen schlechten Zusammenkünften, übernahm mich
seltner im Trunk, und kurz, ich fing allmälig an, --
mich zu bessern. So viel vermag die Behandlung
eines Mannes, der, durch die Nothphilosophie ge-
übt, mit Dido sagen kann:
Non ignara mali, Miseris fuccurrere disco.

Daß aber Herr Bispink die Nothphilosophie theore-
tisch und praktisch gelernt habe, beweisen seine Ge-

meiner Beſſerung zum Grunde hatte, als herrſch-
ſuͤchtige Ruͤge. Ja, von allen meinen Zuchtmei-
ſtern hat er am angemeſſenſten auf mich gewirkt.
Meine meiſten Fehltritte in Halle entſtanden aus
Mangel an Lebensunterhalt und Beſchaͤftigung. Die-
ſem Mangel half er abſichtlich, wie ich hintendrein
bemerkte, auf allerhand Art ab. Bald unterſtuͤzte
er mich mit Geld, bald gab er mir etwas zu uͤber-
ſetzen oder auszuziehen: uͤber dieſes wurde gemein-
ſchaftlich geſprochen, dies oder jenes geruͤgt und ver-
beſſert: bald uͤber allerhand philoſophiſche Materien
ſowohl dentſch als lateiniſch diſputirt: zur andern
Zeit machte er mich auf neuere Buͤcher aufmerkſam,
und hatte uͤberhaupt die Guͤte, mir zu jeder Zeit
freien Zutritt zu ihm, und freien Gebrauch von ſei-
ner Bibliothek zu erlauben. Hierdurch ward ich
allmaͤlig an beſtimmte Arbeiten und Lectuͤre
gewoͤhnt, fand ſogar endlich Geſchmack daran, und
entzog mich, um dieſen zu befriedigen, meinen ehe-
maligen ſchlechten Zuſammenkuͤnften, uͤbernahm mich
ſeltner im Trunk, und kurz, ich fing allmaͤlig an, —
mich zu beſſern. So viel vermag die Behandlung
eines Mannes, der, durch die Nothphiloſophie ge-
uͤbt, mit Dido ſagen kann:
Non ignara mali, Miſeris fuccurrere diſco.

Daß aber Herr Bispink die Nothphiloſophie theore-
tiſch und praktiſch gelernt habe, beweiſen ſeine Ge-

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[380[382]/0384] meiner Beſſerung zum Grunde hatte, als herrſch- ſuͤchtige Ruͤge. Ja, von allen meinen Zuchtmei- ſtern hat er am angemeſſenſten auf mich gewirkt. Meine meiſten Fehltritte in Halle entſtanden aus Mangel an Lebensunterhalt und Beſchaͤftigung. Die- ſem Mangel half er abſichtlich, wie ich hintendrein bemerkte, auf allerhand Art ab. Bald unterſtuͤzte er mich mit Geld, bald gab er mir etwas zu uͤber- ſetzen oder auszuziehen: uͤber dieſes wurde gemein- ſchaftlich geſprochen, dies oder jenes geruͤgt und ver- beſſert: bald uͤber allerhand philoſophiſche Materien ſowohl dentſch als lateiniſch diſputirt: zur andern Zeit machte er mich auf neuere Buͤcher aufmerkſam, und hatte uͤberhaupt die Guͤte, mir zu jeder Zeit freien Zutritt zu ihm, und freien Gebrauch von ſei- ner Bibliothek zu erlauben. Hierdurch ward ich allmaͤlig an beſtimmte Arbeiten und Lectuͤre gewoͤhnt, fand ſogar endlich Geſchmack daran, und entzog mich, um dieſen zu befriedigen, meinen ehe- maligen ſchlechten Zuſammenkuͤnften, uͤbernahm mich ſeltner im Trunk, und kurz, ich fing allmaͤlig an, — mich zu beſſern. So viel vermag die Behandlung eines Mannes, der, durch die Nothphiloſophie ge- uͤbt, mit Dido ſagen kann: Non ignara mali, Miſeris fuccurrere diſco. Daß aber Herr Bispink die Nothphiloſophie theore- tiſch und praktiſch gelernt habe, beweiſen ſeine Ge-

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 380[382]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/384>, abgerufen am 14.05.2024.