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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

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fängniß-Gedichte unter dem Titel: Fragmenta
psychologico-moralia
n). -- Wie viel Gutes
ließe sich von vielen verirrten Unglücklichen, oder
moralischen Krüppeln erwarten, wenn ihre Vorge-
sezten ein -- Bispink wären! -- Doch ich muß
ja noch mehr von diesem rechtschaffenen Mann sa-
gen: daher will ich jezt in meiner übrigen Erzählung
fortfahren.

Um Weihnachten dieses Jahres (1787) kam
Herr Dietsch, der Weinhändler, der mir den Ur-
laub bewirkt hatte, nach Halle. Er ließ mich kom-
men, und ich mußte ihm die Gründe meiner Rück-
kehr anzeigen, womit er sich auch vollkommen be-
gnügte. Er streckte mir einen Louisd'or vor auf
Rechnung meines Vaters. Er gab mir viele Nach-
richten von meinen Verwandten, worüber ich zum
Theil lachte, zum Theil aber mich gewaltig ärgerte.
Von letzterer Art war folgende:

Herr Leveaux hatte, wie ich erzählt habe,
für mich Kaution gemacht, und würde sie fortgesetzt
haben, wenn mein Vater nicht hieher geschrieben
hätte, daß sie aufgehoben seyn sollte. Ich konnte
mir dies von Seiten meines Vaters nicht erklären:
denn er sowohl, als meine Mutter, hatten mir hei-
lig versprochen, die Kaution für mich stehen zu las-

n) Hagae, in Comitatu Marcano. 1784.

faͤngniß-Gedichte unter dem Titel: Fragmenta
pſychologico-moralia
n). — Wie viel Gutes
ließe ſich von vielen verirrten Ungluͤcklichen, oder
moraliſchen Kruͤppeln erwarten, wenn ihre Vorge-
ſezten ein — Bispink waͤren! — Doch ich muß
ja noch mehr von dieſem rechtſchaffenen Mann ſa-
gen: daher will ich jezt in meiner uͤbrigen Erzaͤhlung
fortfahren.

Um Weihnachten dieſes Jahres (1787) kam
Herr Dietſch, der Weinhaͤndler, der mir den Ur-
laub bewirkt hatte, nach Halle. Er ließ mich kom-
men, und ich mußte ihm die Gruͤnde meiner Ruͤck-
kehr anzeigen, womit er ſich auch vollkommen be-
gnuͤgte. Er ſtreckte mir einen Louisd'or vor auf
Rechnung meines Vaters. Er gab mir viele Nach-
richten von meinen Verwandten, woruͤber ich zum
Theil lachte, zum Theil aber mich gewaltig aͤrgerte.
Von letzterer Art war folgende:

Herr Leveaux hatte, wie ich erzaͤhlt habe,
fuͤr mich Kaution gemacht, und wuͤrde ſie fortgeſetzt
haben, wenn mein Vater nicht hieher geſchrieben
haͤtte, daß ſie aufgehoben ſeyn ſollte. Ich konnte
mir dies von Seiten meines Vaters nicht erklaͤren:
denn er ſowohl, als meine Mutter, hatten mir hei-
lig verſprochen, die Kaution fuͤr mich ſtehen zu laſ-

n) Hagae, in Comitatu Marcano. 1784.
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[381[383]/0385] faͤngniß-Gedichte unter dem Titel: Fragmenta pſychologico-moralia n). — Wie viel Gutes ließe ſich von vielen verirrten Ungluͤcklichen, oder moraliſchen Kruͤppeln erwarten, wenn ihre Vorge- ſezten ein — Bispink waͤren! — Doch ich muß ja noch mehr von dieſem rechtſchaffenen Mann ſa- gen: daher will ich jezt in meiner uͤbrigen Erzaͤhlung fortfahren. Um Weihnachten dieſes Jahres (1787) kam Herr Dietſch, der Weinhaͤndler, der mir den Ur- laub bewirkt hatte, nach Halle. Er ließ mich kom- men, und ich mußte ihm die Gruͤnde meiner Ruͤck- kehr anzeigen, womit er ſich auch vollkommen be- gnuͤgte. Er ſtreckte mir einen Louisd'or vor auf Rechnung meines Vaters. Er gab mir viele Nach- richten von meinen Verwandten, woruͤber ich zum Theil lachte, zum Theil aber mich gewaltig aͤrgerte. Von letzterer Art war folgende: Herr Leveaux hatte, wie ich erzaͤhlt habe, fuͤr mich Kaution gemacht, und wuͤrde ſie fortgeſetzt haben, wenn mein Vater nicht hieher geſchrieben haͤtte, daß ſie aufgehoben ſeyn ſollte. Ich konnte mir dies von Seiten meines Vaters nicht erklaͤren: denn er ſowohl, als meine Mutter, hatten mir hei- lig verſprochen, die Kaution fuͤr mich ſtehen zu laſ- n) Hagae, in Comitatu Marcano. 1784.

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 381[383]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/385>, abgerufen am 28.04.2024.