Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

bach, Wisbaden und an allen Orten von
Hochheim bis nach Höchst war alles so stark über-
legt, daß in einem Hause oft 20, 30 und mehrere
Mann Quartier hatten. Unser Dienst war indeß
sehr geringe, wenn man die lästigen Commandos,
die nach Hochheim gegeben wurden, und die ich
selbst viermal mitgemacht habe, davon ausnimmt.
Bey diesen Umständen erholten sich unsre Soldaten
auch nach und nach und gelangten wieder zu ihrer
ehemaligen Munterkeit.

Die Bürger zu Halle, durch Privatbriefe, welche
in unzählbarer Menge, wegen der Postfreyheit,
dahin geschrieben wurden, von dem Elende und
dem Mangel der Soldaten unterrichtet, ließen sich
durch eine Gutmüthigkeit von besonderer Art -- be-
wegen, dem Regimente von Thadden, welches
schon seit 1665, also schon über 122 Jahre, in ihrer
Stadt in Garnison gelegen hatte, ein Präsent von
Branntwein, Speck und Tobak zu schicken. Der
Wille an sich war gut und löblich; nicht so das
Werk: denn der Branntwein war verdorben, weil
er in unreine Gefäße gefüllt war, und der Tobak
war scheußlich: der Speck aber war zu genießen.
Besser hätten die Hallenser immer gethan, wenn
sie den Soldaten das zusammengebrachte Geld ge-
schickt hätten. Wenigstens wären dann weder sie,

bach, Wisbaden und an allen Orten von
Hochheim bis nach Hoͤchſt war alles ſo ſtark uͤber-
legt, daß in einem Hauſe oft 20, 30 und mehrere
Mann Quartier hatten. Unſer Dienſt war indeß
ſehr geringe, wenn man die laͤſtigen Commandos,
die nach Hochheim gegeben wurden, und die ich
ſelbſt viermal mitgemacht habe, davon ausnimmt.
Bey dieſen Umſtaͤnden erholten ſich unſre Soldaten
auch nach und nach und gelangten wieder zu ihrer
ehemaligen Munterkeit.

Die Buͤrger zu Halle, durch Privatbriefe, welche
in unzaͤhlbarer Menge, wegen der Poſtfreyheit,
dahin geſchrieben wurden, von dem Elende und
dem Mangel der Soldaten unterrichtet, ließen ſich
durch eine Gutmuͤthigkeit von beſonderer Art — be-
wegen, dem Regimente von Thadden, welches
ſchon ſeit 1665, alſo ſchon uͤber 122 Jahre, in ihrer
Stadt in Garniſon gelegen hatte, ein Praͤſent von
Branntwein, Speck und Tobak zu ſchicken. Der
Wille an ſich war gut und loͤblich; nicht ſo das
Werk: denn der Branntwein war verdorben, weil
er in unreine Gefaͤße gefuͤllt war, und der Tobak
war ſcheußlich: der Speck aber war zu genießen.
Beſſer haͤtten die Hallenſer immer gethan, wenn
ſie den Soldaten das zuſammengebrachte Geld ge-
ſchickt haͤtten. Wenigſtens waͤren dann weder ſie,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0304" n="292"/><hi rendition="#g">bach</hi>, <hi rendition="#g">Wisbaden</hi> und an allen Orten von<lb/>
Hochheim bis nach Ho&#x0364;ch&#x017F;t war alles &#x017F;o &#x017F;tark u&#x0364;ber-<lb/>
legt, daß in einem Hau&#x017F;e oft 20, 30 und mehrere<lb/>
Mann Quartier hatten. Un&#x017F;er Dien&#x017F;t war indeß<lb/>
&#x017F;ehr geringe, wenn man die la&#x0364;&#x017F;tigen Commandos,<lb/>
die nach Hochheim gegeben wurden, und die ich<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t viermal mitgemacht habe, davon ausnimmt.<lb/>
Bey die&#x017F;en Um&#x017F;ta&#x0364;nden erholten &#x017F;ich un&#x017F;re Soldaten<lb/>
auch nach und nach und gelangten wieder zu ihrer<lb/>
ehemaligen Munterkeit.</p><lb/>
        <p>Die Bu&#x0364;rger zu Halle, durch Privatbriefe, welche<lb/>
in unza&#x0364;hlbarer Menge, wegen der Po&#x017F;tfreyheit,<lb/>
dahin ge&#x017F;chrieben wurden, von dem Elende und<lb/>
dem Mangel der Soldaten unterrichtet, ließen &#x017F;ich<lb/>
durch eine Gutmu&#x0364;thigkeit von be&#x017F;onderer Art &#x2014; be-<lb/>
wegen, dem Regimente von <hi rendition="#g">Thadden</hi>, welches<lb/>
&#x017F;chon &#x017F;eit 1665, al&#x017F;o &#x017F;chon u&#x0364;ber 122 Jahre, in ihrer<lb/>
Stadt in Garni&#x017F;on gelegen hatte, ein Pra&#x0364;&#x017F;ent von<lb/>
Branntwein, Speck und Tobak zu &#x017F;chicken. Der<lb/>
Wille an &#x017F;ich war gut und lo&#x0364;blich; nicht &#x017F;o das<lb/>
Werk: denn der Branntwein war verdorben, weil<lb/>
er in unreine Gefa&#x0364;ße gefu&#x0364;llt war, und der Tobak<lb/>
war &#x017F;cheußlich: der Speck aber war zu genießen.<lb/>
Be&#x017F;&#x017F;er ha&#x0364;tten die Hallen&#x017F;er immer gethan, wenn<lb/>
&#x017F;ie den Soldaten das zu&#x017F;ammengebrachte Geld ge-<lb/>
&#x017F;chickt ha&#x0364;tten. Wenig&#x017F;tens wa&#x0364;ren dann weder &#x017F;ie,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[292/0304] bach, Wisbaden und an allen Orten von Hochheim bis nach Hoͤchſt war alles ſo ſtark uͤber- legt, daß in einem Hauſe oft 20, 30 und mehrere Mann Quartier hatten. Unſer Dienſt war indeß ſehr geringe, wenn man die laͤſtigen Commandos, die nach Hochheim gegeben wurden, und die ich ſelbſt viermal mitgemacht habe, davon ausnimmt. Bey dieſen Umſtaͤnden erholten ſich unſre Soldaten auch nach und nach und gelangten wieder zu ihrer ehemaligen Munterkeit. Die Buͤrger zu Halle, durch Privatbriefe, welche in unzaͤhlbarer Menge, wegen der Poſtfreyheit, dahin geſchrieben wurden, von dem Elende und dem Mangel der Soldaten unterrichtet, ließen ſich durch eine Gutmuͤthigkeit von beſonderer Art — be- wegen, dem Regimente von Thadden, welches ſchon ſeit 1665, alſo ſchon uͤber 122 Jahre, in ihrer Stadt in Garniſon gelegen hatte, ein Praͤſent von Branntwein, Speck und Tobak zu ſchicken. Der Wille an ſich war gut und loͤblich; nicht ſo das Werk: denn der Branntwein war verdorben, weil er in unreine Gefaͤße gefuͤllt war, und der Tobak war ſcheußlich: der Speck aber war zu genießen. Beſſer haͤtten die Hallenſer immer gethan, wenn ſie den Soldaten das zuſammengebrachte Geld ge- ſchickt haͤtten. Wenigſtens waͤren dann weder ſie,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/304
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/304>, abgerufen am 15.05.2024.