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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797.

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sem Unglücke schuld, und foderte im Aufruhr ihre
Bestrafung. Man stillte den Aufruhr, und die
alte Frau wurde eingezogen, saß über 2 Jahre und
starb im Gefängniß.

Ich: Schrecklich! Aber jezt habt ihr die Thor-
heit fahren lassen?

Er: Allerdings! Die Revolution hat dem Aber-
glauben ein Ende gemacht. Seitdem es keine Krea-
turen mehr giebt, die das Privilegium hatten, die
Leichtgläubigkeit der Menschen durch Aberglauben
in Contribution zu setzen, wie dieß unter der heillo-
sen Pfaffenschaar die Mönche am besten verstanden,
so giebt es auch keine Gespenster, Hexen und vom
Teufel beseßne mehr, ja, kein Teufel selbst mehr;
und überhaupt hören alle Teufelskünste auf, sobald
die Wunderwerke aufhören: denn wo der liebe Gott
nicht mehr unmittelbar wirkt, da treibt der leidige
Satan sein Spiel auch nicht mehr.

Der lezte Gedanke des alten Mauriceau gefiel
mir, und schien sich durch die Historie des neuen
Testaments vollkommen zu bestätigen. Grade zu
der Zeit, wo der Herr Jesus die großen Zeichen
und Wunder gethan haben soll, war auch der Sa-
tan außerordentlich geschäftig; und als vor meh-
reren Jahren Gaßner Wunder wirkte, war in sei-
ner Gegend beynahe kein fein-organisirtes Mädchen,

ſem Ungluͤcke ſchuld, und foderte im Aufruhr ihre
Beſtrafung. Man ſtillte den Aufruhr, und die
alte Frau wurde eingezogen, ſaß uͤber 2 Jahre und
ſtarb im Gefaͤngniß.

Ich: Schrecklich! Aber jezt habt ihr die Thor-
heit fahren laſſen?

Er: Allerdings! Die Revolution hat dem Aber-
glauben ein Ende gemacht. Seitdem es keine Krea-
turen mehr giebt, die das Privilegium hatten, die
Leichtglaͤubigkeit der Menſchen durch Aberglauben
in Contribution zu ſetzen, wie dieß unter der heillo-
ſen Pfaffenſchaar die Moͤnche am beſten verſtanden,
ſo giebt es auch keine Geſpenſter, Hexen und vom
Teufel beſeßne mehr, ja, kein Teufel ſelbſt mehr;
und uͤberhaupt hoͤren alle Teufelskuͤnſte auf, ſobald
die Wunderwerke aufhoͤren: denn wo der liebe Gott
nicht mehr unmittelbar wirkt, da treibt der leidige
Satan ſein Spiel auch nicht mehr.

Der lezte Gedanke des alten Mauriceau gefiel
mir, und ſchien ſich durch die Hiſtorie des neuen
Teſtaments vollkommen zu beſtaͤtigen. Grade zu
der Zeit, wo der Herr Jeſus die großen Zeichen
und Wunder gethan haben ſoll, war auch der Sa-
tan außerordentlich geſchaͤftig; und als vor meh-
reren Jahren Gaßner Wunder wirkte, war in ſei-
ner Gegend beynahe kein fein-organiſirtes Maͤdchen,

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[503/0507] ſem Ungluͤcke ſchuld, und foderte im Aufruhr ihre Beſtrafung. Man ſtillte den Aufruhr, und die alte Frau wurde eingezogen, ſaß uͤber 2 Jahre und ſtarb im Gefaͤngniß. Ich: Schrecklich! Aber jezt habt ihr die Thor- heit fahren laſſen? Er: Allerdings! Die Revolution hat dem Aber- glauben ein Ende gemacht. Seitdem es keine Krea- turen mehr giebt, die das Privilegium hatten, die Leichtglaͤubigkeit der Menſchen durch Aberglauben in Contribution zu ſetzen, wie dieß unter der heillo- ſen Pfaffenſchaar die Moͤnche am beſten verſtanden, ſo giebt es auch keine Geſpenſter, Hexen und vom Teufel beſeßne mehr, ja, kein Teufel ſelbſt mehr; und uͤberhaupt hoͤren alle Teufelskuͤnſte auf, ſobald die Wunderwerke aufhoͤren: denn wo der liebe Gott nicht mehr unmittelbar wirkt, da treibt der leidige Satan ſein Spiel auch nicht mehr. Der lezte Gedanke des alten Mauriceau gefiel mir, und ſchien ſich durch die Hiſtorie des neuen Teſtaments vollkommen zu beſtaͤtigen. Grade zu der Zeit, wo der Herr Jeſus die großen Zeichen und Wunder gethan haben ſoll, war auch der Sa- tan außerordentlich geſchaͤftig; und als vor meh- reren Jahren Gaßner Wunder wirkte, war in ſei- ner Gegend beynahe kein fein-organiſirtes Maͤdchen,

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 503. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/507>, abgerufen am 30.04.2024.