Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

Da ich um die Sache wußte, so gab ich jezt vor:
ich müßte verreisen, wegen meiner Gesundheit,
nahm einen Paß, und zog ab. Ich reisete nach
Metz, um den Juden zu stempeln, dem wir das
Gold und Silber verkauft hatten. Aber dieser war
ausgewandert, nachdem er vielleicht sehr viel Kir-
chensachen an sich gekauft hatte. Also war ich auf
dieser Seite gedeckt. Meine Frau schrieb: der
Pfarrer sey wieder los, und so wanderte ich ohne
alle Furcht zurück nach Hause. Auf dem Rück-
wege kehrte ich in eben dem Weinhause ein, wo
wir den Wein genommen hatten. Ich erzählte
dem Wirthe meinen Unfall, und daß ich den Wein
für vergiftet halten müßte. Der Wirth stuzte und
fing an: das hat wahrlich dein Begleiter gethan!
Er hat mit der Flasche etwas im Verborgenen
vorgenommen: ich weiß es noch recht gut, wie er
mit der Flasche allein ging.

Mehr konnte er mir zwar nicht sagen, aber
dieses schien mir hinlänglich, um einzusehen, daß
der Pfarrer mich habe vergiften wollen, theils,
um mir sein Versprechen nicht zu halten, theils
aber auch, um sich an mir wegen meiner vermein-
ten Untreue zu rächen. Aber ich schwieg doch,
denn ich befürchtete, der Pfarrer, der bey der Ent-
deckung einer Vergiftung dem Schafott nicht ent-

Da ich um die Sache wußte, ſo gab ich jezt vor:
ich muͤßte verreiſen, wegen meiner Geſundheit,
nahm einen Paß, und zog ab. Ich reiſete nach
Metz, um den Juden zu ſtempeln, dem wir das
Gold und Silber verkauft hatten. Aber dieſer war
ausgewandert, nachdem er vielleicht ſehr viel Kir-
chenſachen an ſich gekauft hatte. Alſo war ich auf
dieſer Seite gedeckt. Meine Frau ſchrieb: der
Pfarrer ſey wieder los, und ſo wanderte ich ohne
alle Furcht zuruͤck nach Hauſe. Auf dem Ruͤck-
wege kehrte ich in eben dem Weinhauſe ein, wo
wir den Wein genommen hatten. Ich erzaͤhlte
dem Wirthe meinen Unfall, und daß ich den Wein
fuͤr vergiftet halten muͤßte. Der Wirth ſtuzte und
fing an: das hat wahrlich dein Begleiter gethan!
Er hat mit der Flaſche etwas im Verborgenen
vorgenommen: ich weiß es noch recht gut, wie er
mit der Flaſche allein ging.

Mehr konnte er mir zwar nicht ſagen, aber
dieſes ſchien mir hinlaͤnglich, um einzuſehen, daß
der Pfarrer mich habe vergiften wollen, theils,
um mir ſein Verſprechen nicht zu halten, theils
aber auch, um ſich an mir wegen meiner vermein-
ten Untreue zu raͤchen. Aber ich ſchwieg doch,
denn ich befuͤrchtete, der Pfarrer, der bey der Ent-
deckung einer Vergiftung dem Schafott nicht ent-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0015" n="11"/>
Da ich um die Sache wußte, &#x017F;o gab ich jezt vor:<lb/>
ich mu&#x0364;ßte verrei&#x017F;en, wegen meiner Ge&#x017F;undheit,<lb/>
nahm einen Paß, und zog ab. Ich rei&#x017F;ete nach<lb/><hi rendition="#g">Metz</hi>, um den Juden zu &#x017F;tempeln, dem wir das<lb/>
Gold und Silber verkauft hatten. Aber die&#x017F;er war<lb/>
ausgewandert, nachdem er vielleicht &#x017F;ehr viel Kir-<lb/>
chen&#x017F;achen an &#x017F;ich gekauft hatte. Al&#x017F;o war ich auf<lb/>
die&#x017F;er Seite gedeckt. Meine Frau &#x017F;chrieb: der<lb/>
Pfarrer &#x017F;ey wieder los, und &#x017F;o wanderte ich ohne<lb/>
alle Furcht zuru&#x0364;ck nach Hau&#x017F;e. Auf dem Ru&#x0364;ck-<lb/>
wege kehrte ich in eben dem Weinhau&#x017F;e ein, wo<lb/>
wir den Wein genommen hatten. Ich erza&#x0364;hlte<lb/>
dem Wirthe meinen Unfall, und daß ich den Wein<lb/>
fu&#x0364;r vergiftet halten mu&#x0364;ßte. Der Wirth &#x017F;tuzte und<lb/>
fing an: das hat wahrlich dein Begleiter gethan!<lb/>
Er hat mit der Fla&#x017F;che etwas im Verborgenen<lb/>
vorgenommen: ich weiß es noch recht gut, wie er<lb/>
mit der Fla&#x017F;che allein ging.</p><lb/>
        <p>Mehr konnte er mir zwar nicht &#x017F;agen, aber<lb/>
die&#x017F;es &#x017F;chien mir hinla&#x0364;nglich, um einzu&#x017F;ehen, daß<lb/>
der Pfarrer mich habe vergiften wollen, theils,<lb/>
um mir &#x017F;ein Ver&#x017F;prechen nicht zu halten, theils<lb/>
aber auch, um &#x017F;ich an mir wegen meiner vermein-<lb/>
ten Untreue zu ra&#x0364;chen. Aber ich &#x017F;chwieg doch,<lb/>
denn ich befu&#x0364;rchtete, der Pfarrer, der bey der Ent-<lb/>
deckung einer Vergiftung dem Schafott nicht ent-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[11/0015] Da ich um die Sache wußte, ſo gab ich jezt vor: ich muͤßte verreiſen, wegen meiner Geſundheit, nahm einen Paß, und zog ab. Ich reiſete nach Metz, um den Juden zu ſtempeln, dem wir das Gold und Silber verkauft hatten. Aber dieſer war ausgewandert, nachdem er vielleicht ſehr viel Kir- chenſachen an ſich gekauft hatte. Alſo war ich auf dieſer Seite gedeckt. Meine Frau ſchrieb: der Pfarrer ſey wieder los, und ſo wanderte ich ohne alle Furcht zuruͤck nach Hauſe. Auf dem Ruͤck- wege kehrte ich in eben dem Weinhauſe ein, wo wir den Wein genommen hatten. Ich erzaͤhlte dem Wirthe meinen Unfall, und daß ich den Wein fuͤr vergiftet halten muͤßte. Der Wirth ſtuzte und fing an: das hat wahrlich dein Begleiter gethan! Er hat mit der Flaſche etwas im Verborgenen vorgenommen: ich weiß es noch recht gut, wie er mit der Flaſche allein ging. Mehr konnte er mir zwar nicht ſagen, aber dieſes ſchien mir hinlaͤnglich, um einzuſehen, daß der Pfarrer mich habe vergiften wollen, theils, um mir ſein Verſprechen nicht zu halten, theils aber auch, um ſich an mir wegen meiner vermein- ten Untreue zu raͤchen. Aber ich ſchwieg doch, denn ich befuͤrchtete, der Pfarrer, der bey der Ent- deckung einer Vergiftung dem Schafott nicht ent-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/15
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/15>, abgerufen am 28.04.2024.