Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

pertinentesten Ton alle zugleich fragten: was ich
schaffte d. i. haben wollte?

Ich: Meine Herren, ich habe Sie gehorsamst
ersuchen wollen, mir einen Paß nach Zürich zu
geben, wohin ich gewisser Absichten wegen, gern
gehen wollte.

Die Herren: (alle zugleich, und im äch-
ten unerträglichen Schweizerton) Nein, nein,
daraus wird nichts! Der Herr sieht aus, wie
ein Vagabunde: Nein aus dem Paß wird nichts!

Ich: Meine Herren, ich bin kein Vagabun-
de: ich habe ehemals dem König in Preußen
gedient, und mögte den Hrn. Prof. Ulrich und
den Hrn. Geßner in Zürich besuchen.

Die Herren: (wie zuvor, aber immer lau-
ter) Nein, nein, daraus wird nichts! Der Herr
kommt aus Frankreich, und wer aus Frankreich
kommt, als Deserteur oder als Gefangener, darf
in der Schweiz nicht reisen. Jezt geh der Herr!

Ich ärgerte mich über die impertinente Grob-
heit der Baseler Herren und schob ab, ohne ein
Wort weiter zu verlieren.

Hier will ich im Vorbeygehen bemerken, daß
die meisten Schweizer in Ihrem Lande eben so
impertinent, grob und stolz sind, als sie sich in
fremden Ländern biegsam, artig und fein zu be-
tragen suchen. In ihrem Lande dünken sie sich

pertinenteſten Ton alle zugleich fragten: was ich
ſchaffte d. i. haben wollte?

Ich: Meine Herren, ich habe Sie gehorſamſt
erſuchen wollen, mir einen Paß nach Zuͤrich zu
geben, wohin ich gewiſſer Abſichten wegen, gern
gehen wollte.

Die Herren: (alle zugleich, und im aͤch-
ten unertraͤglichen Schweizerton) Nein, nein,
daraus wird nichts! Der Herr ſieht aus, wie
ein Vagabunde: Nein aus dem Paß wird nichts!

Ich: Meine Herren, ich bin kein Vagabun-
de: ich habe ehemals dem Koͤnig in Preußen
gedient, und moͤgte den Hrn. Prof. Ulrich und
den Hrn. Geßner in Zuͤrich beſuchen.

Die Herren: (wie zuvor, aber immer lau-
ter) Nein, nein, daraus wird nichts! Der Herr
kommt aus Frankreich, und wer aus Frankreich
kommt, als Deſerteur oder als Gefangener, darf
in der Schweiz nicht reiſen. Jezt geh der Herr!

Ich aͤrgerte mich uͤber die impertinente Grob-
heit der Baſeler Herren und ſchob ab, ohne ein
Wort weiter zu verlieren.

Hier will ich im Vorbeygehen bemerken, daß
die meiſten Schweizer in Ihrem Lande eben ſo
impertinent, grob und ſtolz ſind, als ſie ſich in
fremden Laͤndern biegſam, artig und fein zu be-
tragen ſuchen. In ihrem Lande duͤnken ſie ſich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0170" n="166"/>
pertinente&#x017F;ten Ton alle zugleich fragten: was ich<lb/>
&#x017F;chaffte d. i. haben wollte?</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Ich</hi>: Meine Herren, ich habe Sie gehor&#x017F;am&#x017F;t<lb/>
er&#x017F;uchen wollen, mir einen Paß nach Zu&#x0364;rich zu<lb/>
geben, wohin ich gewi&#x017F;&#x017F;er Ab&#x017F;ichten wegen, gern<lb/>
gehen wollte.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Die Herren</hi>: (alle zugleich, und im a&#x0364;ch-<lb/>
ten unertra&#x0364;glichen Schweizerton) Nein, nein,<lb/>
daraus wird nichts! Der Herr &#x017F;ieht aus, wie<lb/>
ein Vagabunde: Nein aus dem Paß wird nichts!</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Ich</hi>: Meine Herren, ich bin kein Vagabun-<lb/>
de: ich habe ehemals dem Ko&#x0364;nig in Preußen<lb/>
gedient, und mo&#x0364;gte den Hrn. Prof. <hi rendition="#g">Ulrich</hi> und<lb/>
den Hrn. <hi rendition="#g">Geßner</hi> in Zu&#x0364;rich be&#x017F;uchen.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Die Herren</hi>: (wie zuvor, aber immer lau-<lb/>
ter) Nein, nein, daraus wird nichts! Der Herr<lb/>
kommt aus Frankreich, und wer aus Frankreich<lb/>
kommt, als De&#x017F;erteur oder als Gefangener, darf<lb/>
in der Schweiz nicht rei&#x017F;en. Jezt geh der Herr!</p><lb/>
        <p>Ich a&#x0364;rgerte mich u&#x0364;ber die impertinente Grob-<lb/>
heit der Ba&#x017F;eler Herren und &#x017F;chob ab, ohne ein<lb/>
Wort weiter zu verlieren.</p><lb/>
        <p>Hier will ich im Vorbeygehen bemerken, daß<lb/>
die mei&#x017F;ten Schweizer in Ihrem Lande eben &#x017F;o<lb/>
impertinent, grob und &#x017F;tolz &#x017F;ind, als &#x017F;ie &#x017F;ich in<lb/>
fremden La&#x0364;ndern bieg&#x017F;am, artig und fein zu be-<lb/>
tragen &#x017F;uchen. In ihrem Lande du&#x0364;nken &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[166/0170] pertinenteſten Ton alle zugleich fragten: was ich ſchaffte d. i. haben wollte? Ich: Meine Herren, ich habe Sie gehorſamſt erſuchen wollen, mir einen Paß nach Zuͤrich zu geben, wohin ich gewiſſer Abſichten wegen, gern gehen wollte. Die Herren: (alle zugleich, und im aͤch- ten unertraͤglichen Schweizerton) Nein, nein, daraus wird nichts! Der Herr ſieht aus, wie ein Vagabunde: Nein aus dem Paß wird nichts! Ich: Meine Herren, ich bin kein Vagabun- de: ich habe ehemals dem Koͤnig in Preußen gedient, und moͤgte den Hrn. Prof. Ulrich und den Hrn. Geßner in Zuͤrich beſuchen. Die Herren: (wie zuvor, aber immer lau- ter) Nein, nein, daraus wird nichts! Der Herr kommt aus Frankreich, und wer aus Frankreich kommt, als Deſerteur oder als Gefangener, darf in der Schweiz nicht reiſen. Jezt geh der Herr! Ich aͤrgerte mich uͤber die impertinente Grob- heit der Baſeler Herren und ſchob ab, ohne ein Wort weiter zu verlieren. Hier will ich im Vorbeygehen bemerken, daß die meiſten Schweizer in Ihrem Lande eben ſo impertinent, grob und ſtolz ſind, als ſie ſich in fremden Laͤndern biegſam, artig und fein zu be- tragen ſuchen. In ihrem Lande duͤnken ſie ſich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/170
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/170>, abgerufen am 13.05.2024.