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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797.

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nöthig gewesen ist, und glaube fest, daß die Be-
mühungen des Ropespierre und seiner Anhän-
ger den Gegenbemühungen der Emigranten und
der Uebelgesinnten am besten begegnet sind. Aber
dem ohngeachtet mußte das Schreckenssystem
doch einmal aufhören; und gerade gegen das Ende
des Jahres 1794 schien der Zeitpunkt gekommen
zu seyn, wo man wieder mit mehrerer Freyheit in
Frankreich leben könnte. Die Jakobiner waren
wirklich zu zahlreich und dadurch der bürgerlichen
Freyheit gefährlich geworden: denn obgleich an-
fangs nach dem eignen System dieser Klubs, je-
der Bürger völlige Freyheit haben sollte, sich in
den Klub zu begeben oder nicht, so wurde doch bald
hernach jeder, der sich mit den Jakobinern nicht
vereinigte, für einen schlechten und verdächtigen
Bürger gehalten.

Dieses hatte sehr viele und böse Folgen. Ein-
mal wurden alle obrigkeitlichen Aemter mit Jakobi-
nern besezt. Ich habe 1794 die ganze Regie-
rungs-Administratoren in Coted'or zusammen ge-
halten mit den Listen der Klubbisten, oder der Mit-
glieder der in diesem Departement existirenden
Volkssocietäten, und gefunden, daß beynahe kein
einziger etwas zu sagen hatte, der nicht ein Ja-
kobiner gewesen wäre. Freilich konnten die Leute
nicht anders sprechen, als nach dem Gesetze, und

noͤthig geweſen iſt, und glaube feſt, daß die Be-
muͤhungen des Ropespierre und ſeiner Anhaͤn-
ger den Gegenbemuͤhungen der Emigranten und
der Uebelgeſinnten am beſten begegnet ſind. Aber
dem ohngeachtet mußte das Schreckensſyſtem
doch einmal aufhoͤren; und gerade gegen das Ende
des Jahres 1794 ſchien der Zeitpunkt gekommen
zu ſeyn, wo man wieder mit mehrerer Freyheit in
Frankreich leben koͤnnte. Die Jakobiner waren
wirklich zu zahlreich und dadurch der buͤrgerlichen
Freyheit gefaͤhrlich geworden: denn obgleich an-
fangs nach dem eignen Syſtem dieſer Klubs, je-
der Buͤrger voͤllige Freyheit haben ſollte, ſich in
den Klub zu begeben oder nicht, ſo wurde doch bald
hernach jeder, der ſich mit den Jakobinern nicht
vereinigte, fuͤr einen ſchlechten und verdaͤchtigen
Buͤrger gehalten.

Dieſes hatte ſehr viele und boͤſe Folgen. Ein-
mal wurden alle obrigkeitlichen Aemter mit Jakobi-
nern beſezt. Ich habe 1794 die ganze Regie-
rungs-Adminiſtratoren in Coted'or zuſammen ge-
halten mit den Liſten der Klubbiſten, oder der Mit-
glieder der in dieſem Departement exiſtirenden
Volksſocietaͤten, und gefunden, daß beynahe kein
einziger etwas zu ſagen hatte, der nicht ein Ja-
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[45/0049] noͤthig geweſen iſt, und glaube feſt, daß die Be- muͤhungen des Ropespierre und ſeiner Anhaͤn- ger den Gegenbemuͤhungen der Emigranten und der Uebelgeſinnten am beſten begegnet ſind. Aber dem ohngeachtet mußte das Schreckensſyſtem doch einmal aufhoͤren; und gerade gegen das Ende des Jahres 1794 ſchien der Zeitpunkt gekommen zu ſeyn, wo man wieder mit mehrerer Freyheit in Frankreich leben koͤnnte. Die Jakobiner waren wirklich zu zahlreich und dadurch der buͤrgerlichen Freyheit gefaͤhrlich geworden: denn obgleich an- fangs nach dem eignen Syſtem dieſer Klubs, je- der Buͤrger voͤllige Freyheit haben ſollte, ſich in den Klub zu begeben oder nicht, ſo wurde doch bald hernach jeder, der ſich mit den Jakobinern nicht vereinigte, fuͤr einen ſchlechten und verdaͤchtigen Buͤrger gehalten. Dieſes hatte ſehr viele und boͤſe Folgen. Ein- mal wurden alle obrigkeitlichen Aemter mit Jakobi- nern beſezt. Ich habe 1794 die ganze Regie- rungs-Adminiſtratoren in Coted'or zuſammen ge- halten mit den Liſten der Klubbiſten, oder der Mit- glieder der in dieſem Departement exiſtirenden Volksſocietaͤten, und gefunden, daß beynahe kein einziger etwas zu ſagen hatte, der nicht ein Ja- kobiner geweſen waͤre. Freilich konnten die Leute nicht anders ſprechen, als nach dem Geſetze, und

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/49>, abgerufen am 28.04.2024.