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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Die Darstellung des Schweisseisens.
nisse zu liefern, zuvor einer künstlichen Trocknung in besonderen
Darrkammern unterworfen werden. Diese Darrkammern aber erheischen
eine Grundfläche, welche gewöhnlich grösser ist, als die der Puddel-
hütte selbst; ihre Heizung macht einen Brennstoffaufwand, ihre Be-
dienung einen Aufwand an Löhnen erforderlich. Dadurch wird die
ganze Methode schwerfällig und kostspielig. Je mehr daher die Aus-
dehnung des Eisenbahnnetzes fortschritt und je billiger infolge davon
die Steinkohlen auch in entlegeneren Gegenden wurden, desto seltener
wurden die soeben beschriebenen Puddelöfen. Vielfach wurden sie
durch Steinkohlenpuddelöfen mit directer Feuerung ersetzt; in anderen
Fällen auch ging man zum Siemens'schen Feuerungssystem über,
welches bei Anwendung geringwerthiger Brennstoffe eine Condensation
der Wasserdämpfe innerhalb der Gasleitung ermöglichte und dadurch
jene umfänglichen Darrvorrichtungen, zugleich aber auch die immerhin
lästige Anwendung von Gebläsewind entbehrlich machte.

Die Gründe, weshalb Siemenspuddelöfen für Steinkohlenfeuerung
ziemlich selten geblieben sind, wurden schon oben erörtert. Am häufig-
sten dürften sie bei Benutzung von Braunkohlen Verwendung gefunden
haben, welche, obwohl dem Holze und Torfe an Heizwerth voran-
stehend, doch bei directer Feuerung des Puddelofens nicht immer be-
friedigende Ergebnisse liefern. Nach einem Berichte von Borbely
will man auf dem Ungarischen Eisenwerke Salgo-Tarjan in Siemens-
puddelöfen mit Braunkohlenfeuerung die dreifache Production als in
Oefen mit directer Feuerung erlangt haben, während der Brennstoff-
aufwand per 1000 kg Luppeneisen incl. der bei Gasfeuerung erforder-
lichen Kohlen zur Kesselheizung annähernd gleich blieb, Arbeitslöhne
und Abbrand aber sich verringerten.1)

Unter den neueren einfacheren Systemen der Gasfeuerung, welche
allerdings für Benutzung von Steinkohlen geeigneter sind als für Be-
nutzung weniger heizkräftiger Brennstoffe, dürfte der Bicherouxofen
der in Puddelwerken am häufigsten angewendete sein. Die allgemeine
Einrichtung desselben wurde bereits auf S. 123 besprochen.2) Man
pflegt bei Puddelöfen dieses Systems die Verbrennungsluft zunächst
unter der gusseisernen Herdplatte hindurchzuführen, um diese zu kühlen,
worauf sie, wie schon früher beschrieben wurde, in eine Kammer an
der Rückseite des Ofens gelangt, um von hier im erhitzten Zustande
durch zahlreiche Oeffnungen hinter der Feuerbrücke in den Ofen ein-
zutreten und sich mit dem Gase zu mischen. Die hauptsächlichsten
Vortheile, welche durch Anwendung der Bicherouxfeuerung bei Puddel-
öfen erlangt wurden, sind Brennstoffersparung und Verringerung des
Abbrandes. Auf dem Eisenwerke zu Ougree verringerte sich der Brenn-
stoffaufwand seit Einführung der Bicherouxöfen beim Puddeln von
etwa 950 kg Steinkohle auf 600 kg per 1000 kg Luppeneisen, der Ab-
brand von etwa 14 Proc. auf 9.5 Proc.3) Die Abnahme des Brenn-
stoffverbrauches ist eine Folge theils der günstigeren Ausnutzung des

1) Vergl. Literatur.
2) Eine ausführliche Abbildung eines Bicheroux-Puddelofens enthält Dürre,
Anlage und Betrieb der Eisenhütten, Bd. 3.
3) "Stahl und Eisen" 1882, S. 430.

Die Darstellung des Schweisseisens.
nisse zu liefern, zuvor einer künstlichen Trocknung in besonderen
Darrkammern unterworfen werden. Diese Darrkammern aber erheischen
eine Grundfläche, welche gewöhnlich grösser ist, als die der Puddel-
hütte selbst; ihre Heizung macht einen Brennstoffaufwand, ihre Be-
dienung einen Aufwand an Löhnen erforderlich. Dadurch wird die
ganze Methode schwerfällig und kostspielig. Je mehr daher die Aus-
dehnung des Eisenbahnnetzes fortschritt und je billiger infolge davon
die Steinkohlen auch in entlegeneren Gegenden wurden, desto seltener
wurden die soeben beschriebenen Puddelöfen. Vielfach wurden sie
durch Steinkohlenpuddelöfen mit directer Feuerung ersetzt; in anderen
Fällen auch ging man zum Siemens’schen Feuerungssystem über,
welches bei Anwendung geringwerthiger Brennstoffe eine Condensation
der Wasserdämpfe innerhalb der Gasleitung ermöglichte und dadurch
jene umfänglichen Darrvorrichtungen, zugleich aber auch die immerhin
lästige Anwendung von Gebläsewind entbehrlich machte.

Die Gründe, weshalb Siemenspuddelöfen für Steinkohlenfeuerung
ziemlich selten geblieben sind, wurden schon oben erörtert. Am häufig-
sten dürften sie bei Benutzung von Braunkohlen Verwendung gefunden
haben, welche, obwohl dem Holze und Torfe an Heizwerth voran-
stehend, doch bei directer Feuerung des Puddelofens nicht immer be-
friedigende Ergebnisse liefern. Nach einem Berichte von Borbély
will man auf dem Ungarischen Eisenwerke Salgó-Tarján in Siemens-
puddelöfen mit Braunkohlenfeuerung die dreifache Production als in
Oefen mit directer Feuerung erlangt haben, während der Brennstoff-
aufwand per 1000 kg Luppeneisen incl. der bei Gasfeuerung erforder-
lichen Kohlen zur Kesselheizung annähernd gleich blieb, Arbeitslöhne
und Abbrand aber sich verringerten.1)

Unter den neueren einfacheren Systemen der Gasfeuerung, welche
allerdings für Benutzung von Steinkohlen geeigneter sind als für Be-
nutzung weniger heizkräftiger Brennstoffe, dürfte der Bicherouxofen
der in Puddelwerken am häufigsten angewendete sein. Die allgemeine
Einrichtung desselben wurde bereits auf S. 123 besprochen.2) Man
pflegt bei Puddelöfen dieses Systems die Verbrennungsluft zunächst
unter der gusseisernen Herdplatte hindurchzuführen, um diese zu kühlen,
worauf sie, wie schon früher beschrieben wurde, in eine Kammer an
der Rückseite des Ofens gelangt, um von hier im erhitzten Zustande
durch zahlreiche Oeffnungen hinter der Feuerbrücke in den Ofen ein-
zutreten und sich mit dem Gase zu mischen. Die hauptsächlichsten
Vortheile, welche durch Anwendung der Bicherouxfeuerung bei Puddel-
öfen erlangt wurden, sind Brennstoffersparung und Verringerung des
Abbrandes. Auf dem Eisenwerke zu Ougrée verringerte sich der Brenn-
stoffaufwand seit Einführung der Bicherouxöfen beim Puddeln von
etwa 950 kg Steinkohle auf 600 kg per 1000 kg Luppeneisen, der Ab-
brand von etwa 14 Proc. auf 9.5 Proc.3) Die Abnahme des Brenn-
stoffverbrauches ist eine Folge theils der günstigeren Ausnutzung des

1) Vergl. Literatur.
2) Eine ausführliche Abbildung eines Bicheroux-Puddelofens enthält Dürre,
Anlage und Betrieb der Eisenhütten, Bd. 3.
3) „Stahl und Eisen“ 1882, S. 430.
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[784/0860] Die Darstellung des Schweisseisens. nisse zu liefern, zuvor einer künstlichen Trocknung in besonderen Darrkammern unterworfen werden. Diese Darrkammern aber erheischen eine Grundfläche, welche gewöhnlich grösser ist, als die der Puddel- hütte selbst; ihre Heizung macht einen Brennstoffaufwand, ihre Be- dienung einen Aufwand an Löhnen erforderlich. Dadurch wird die ganze Methode schwerfällig und kostspielig. Je mehr daher die Aus- dehnung des Eisenbahnnetzes fortschritt und je billiger infolge davon die Steinkohlen auch in entlegeneren Gegenden wurden, desto seltener wurden die soeben beschriebenen Puddelöfen. Vielfach wurden sie durch Steinkohlenpuddelöfen mit directer Feuerung ersetzt; in anderen Fällen auch ging man zum Siemens’schen Feuerungssystem über, welches bei Anwendung geringwerthiger Brennstoffe eine Condensation der Wasserdämpfe innerhalb der Gasleitung ermöglichte und dadurch jene umfänglichen Darrvorrichtungen, zugleich aber auch die immerhin lästige Anwendung von Gebläsewind entbehrlich machte. Die Gründe, weshalb Siemenspuddelöfen für Steinkohlenfeuerung ziemlich selten geblieben sind, wurden schon oben erörtert. Am häufig- sten dürften sie bei Benutzung von Braunkohlen Verwendung gefunden haben, welche, obwohl dem Holze und Torfe an Heizwerth voran- stehend, doch bei directer Feuerung des Puddelofens nicht immer be- friedigende Ergebnisse liefern. Nach einem Berichte von Borbély will man auf dem Ungarischen Eisenwerke Salgó-Tarján in Siemens- puddelöfen mit Braunkohlenfeuerung die dreifache Production als in Oefen mit directer Feuerung erlangt haben, während der Brennstoff- aufwand per 1000 kg Luppeneisen incl. der bei Gasfeuerung erforder- lichen Kohlen zur Kesselheizung annähernd gleich blieb, Arbeitslöhne und Abbrand aber sich verringerten. 1) Unter den neueren einfacheren Systemen der Gasfeuerung, welche allerdings für Benutzung von Steinkohlen geeigneter sind als für Be- nutzung weniger heizkräftiger Brennstoffe, dürfte der Bicherouxofen der in Puddelwerken am häufigsten angewendete sein. Die allgemeine Einrichtung desselben wurde bereits auf S. 123 besprochen. 2) Man pflegt bei Puddelöfen dieses Systems die Verbrennungsluft zunächst unter der gusseisernen Herdplatte hindurchzuführen, um diese zu kühlen, worauf sie, wie schon früher beschrieben wurde, in eine Kammer an der Rückseite des Ofens gelangt, um von hier im erhitzten Zustande durch zahlreiche Oeffnungen hinter der Feuerbrücke in den Ofen ein- zutreten und sich mit dem Gase zu mischen. Die hauptsächlichsten Vortheile, welche durch Anwendung der Bicherouxfeuerung bei Puddel- öfen erlangt wurden, sind Brennstoffersparung und Verringerung des Abbrandes. Auf dem Eisenwerke zu Ougrée verringerte sich der Brenn- stoffaufwand seit Einführung der Bicherouxöfen beim Puddeln von etwa 950 kg Steinkohle auf 600 kg per 1000 kg Luppeneisen, der Ab- brand von etwa 14 Proc. auf 9.5 Proc. 3) Die Abnahme des Brenn- stoffverbrauches ist eine Folge theils der günstigeren Ausnutzung des 1) Vergl. Literatur. 2) Eine ausführliche Abbildung eines Bicheroux-Puddelofens enthält Dürre, Anlage und Betrieb der Eisenhütten, Bd. 3. 3) „Stahl und Eisen“ 1882, S. 430.

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 784. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/860>, abgerufen am 29.04.2024.