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Leisewitz, Johann Anton: Julius von Tarent. Leipzig, 1776.

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Fürst. Kennst du den Leichnam?
Guido. Ach, ich kenne ihn!
Fürst (indem er Guidos Dolch zu Julius
Füssen aufdeckt)
Kennst Du den auch?
Guido. Nur halb, (indem er darnach
greift)
aber ich werde ihn ganz kennen lernen.
Fürst. (hält ihn ab) Häufe nicht Sünde auf
Sünde! -- Verflucht sey die Stunde, in der ich
mein Weib zum erstenmal sah; -- Verflucht jeder
Tropfen, den die Hochzeitsgäste tranken, jeder
Reihen, den sie tanzten; verflucht mein hoch-
zeitliches Bette, und seine Freuden!
Guido. Fluchen Sie nicht auf Jhr Leben!
Jhren Namen wird die Nachwelt mit Ruhm nen-
nen, aber wenn sie meinen kennt, so hat sie ihn
an einer Schandsäule gelesen: -- den Tod Vater!
Fürst. Guido, Guido, dacht' ich es, Du
würdest mir zwey Söhne rauben, als die Hebam-
me zu mir sprach, Herr, Jhnen ist ein Sohn gebo-
ren, und Dich zum erstenmal auf meine Hände
legte? Ach Guido, Guido!
Guido. Den Tod Vater! auch man hat mich
auf ewig aus dem Tempel des Ruhms ausge-
schlossen! und vielleicht bin ich es auch aus den
Wohnungen der Seligen. -- Nur Tod kan mein
Verbrechen tilgen, das Brandmark der Sünde an
meiner Stirne auslöschen -- Den Tod Vater!


Fuͤrſt. Kennſt du den Leichnam?
Guido. Ach, ich kenne ihn!
Fuͤrſt (indem er Guidos Dolch zu Julius
Fuͤſſen aufdeckt)
Kennſt Du den auch?
Guido. Nur halb, (indem er darnach
greift)
aber ich werde ihn ganz kennen lernen.
Fuͤrſt. (haͤlt ihn ab) Haͤufe nicht Suͤnde auf
Suͤnde! — Verflucht ſey die Stunde, in der ich
mein Weib zum erſtenmal ſah; — Verflucht jeder
Tropfen, den die Hochzeitsgaͤſte tranken, jeder
Reihen, den ſie tanzten; verflucht mein hoch-
zeitliches Bette, und ſeine Freuden!
Guido. Fluchen Sie nicht auf Jhr Leben!
Jhren Namen wird die Nachwelt mit Ruhm nen-
nen, aber wenn ſie meinen kennt, ſo hat ſie ihn
an einer Schandſaͤule geleſen: — den Tod Vater!
Fuͤrſt. Guido, Guido, dacht’ ich es, Du
wuͤrdeſt mir zwey Soͤhne rauben, als die Hebam-
me zu mir ſprach, Herr, Jhnen iſt ein Sohn gebo-
ren, und Dich zum erſtenmal auf meine Haͤnde
legte? Ach Guido, Guido!
Guido. Den Tod Vater! auch man hat mich
auf ewig aus dem Tempel des Ruhms ausge-
ſchloſſen! und vielleicht bin ich es auch aus den
Wohnungen der Seligen. — Nur Tod kan mein
Verbrechen tilgen, das Brandmark der Suͤnde an
meiner Stirne ausloͤſchen — Den Tod Vater!
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[105/0109] Fuͤrſt. Kennſt du den Leichnam? Guido. Ach, ich kenne ihn! Fuͤrſt (indem er Guidos Dolch zu Julius Fuͤſſen aufdeckt) Kennſt Du den auch? Guido. Nur halb, (indem er darnach greift) aber ich werde ihn ganz kennen lernen. Fuͤrſt. (haͤlt ihn ab) Haͤufe nicht Suͤnde auf Suͤnde! — Verflucht ſey die Stunde, in der ich mein Weib zum erſtenmal ſah; — Verflucht jeder Tropfen, den die Hochzeitsgaͤſte tranken, jeder Reihen, den ſie tanzten; verflucht mein hoch- zeitliches Bette, und ſeine Freuden! Guido. Fluchen Sie nicht auf Jhr Leben! Jhren Namen wird die Nachwelt mit Ruhm nen- nen, aber wenn ſie meinen kennt, ſo hat ſie ihn an einer Schandſaͤule geleſen: — den Tod Vater! Fuͤrſt. Guido, Guido, dacht’ ich es, Du wuͤrdeſt mir zwey Soͤhne rauben, als die Hebam- me zu mir ſprach, Herr, Jhnen iſt ein Sohn gebo- ren, und Dich zum erſtenmal auf meine Haͤnde legte? Ach Guido, Guido! Guido. Den Tod Vater! auch man hat mich auf ewig aus dem Tempel des Ruhms ausge- ſchloſſen! und vielleicht bin ich es auch aus den Wohnungen der Seligen. — Nur Tod kan mein Verbrechen tilgen, das Brandmark der Suͤnde an meiner Stirne ausloͤſchen — Den Tod Vater!

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Zitationshilfe: Leisewitz, Johann Anton: Julius von Tarent. Leipzig, 1776, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/leisewitz_julius_1776/109>, abgerufen am 29.04.2024.