Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Leisewitz, Johann Anton: Julius von Tarent. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite


hunderte werd' ich brauchen, ehe ich wieder Freu-
den fühlen kan, zumahl unendliche Freuden --
und, Aebtissin, wenn Du denn meinem Gebeine das
versprochne Opfer bringst, und Du hörst ein sanf-
tes Lispeln, so denke das heisst auf irrdisch, Schwe-
ster bald Rosen und Thränen für Dich.
Aebtissin. (im Herausgehn) Ach solche
Klagen hörte dies Gewölbe seit Jahrhunderten.
Vierter Aufzug.
Erster Auftritt.
(Jm Pallast.)
Julius.
Auf ewig verlassen -- auf ewig! hätt' ich es
von ferne dieser Empfindung angesehen, daß sie so
stark wäre! aber bisher hab' ich nur auf meine
Vereinigung mit Blankan, und nicht auf Trennung
von Vater und Vaterland gedacht. Einen Vater
am Rande des Grabes verlassen. -- Wie wird
er sich ängstigen, eh' er mein Schicksal erfährt,
und wenn ers erfährt, ist er glücklicher, wenn er
gewisse Betrübnis für ungewisse Angst eintauscht?
-- Nie dich wiedersehn, Tarent, nie die Sonne
hier heller scheinen, und die Blumen frischer blühn
sehn, als an jedem andern Orte! Und ihr Freuden


hunderte werd’ ich brauchen, ehe ich wieder Freu-
den fuͤhlen kan, zumahl unendliche Freuden —
und, Aebtiſſin, wenn Du denn meinem Gebeine das
verſprochne Opfer bringſt, und Du hoͤrſt ein ſanf-
tes Liſpeln, ſo denke das heiſſt auf irrdiſch, Schwe-
ſter bald Roſen und Thraͤnen fuͤr Dich.
Aebtiſſin. (im Herausgehn) Ach ſolche
Klagen hoͤrte dies Gewoͤlbe ſeit Jahrhunderten.
Vierter Aufzug.
Erſter Auftritt.
(Jm Pallaſt.)
Julius.
Auf ewig verlaſſen — auf ewig! haͤtt’ ich es
von ferne dieſer Empfindung angeſehen, daß ſie ſo
ſtark waͤre! aber bisher hab’ ich nur auf meine
Vereinigung mit Blankan, und nicht auf Trennung
von Vater und Vaterland gedacht. Einen Vater
am Rande des Grabes verlaſſen. — Wie wird
er ſich aͤngſtigen, eh’ er mein Schickſal erfaͤhrt,
und wenn ers erfaͤhrt, iſt er gluͤcklicher, wenn er
gewiſſe Betruͤbnis fuͤr ungewiſſe Angſt eintauſcht?
— Nie dich wiederſehn, Tarent, nie die Sonne
hier heller ſcheinen, und die Blumen friſcher bluͤhn
ſehn, als an jedem andern Orte! Und ihr Freuden
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#BLA">
            <p><pb facs="#f0081" n="77"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
hunderte werd&#x2019; ich brauchen, ehe ich wieder Freu-<lb/>
den fu&#x0364;hlen kan, zumahl unendliche Freuden &#x2014;<lb/>
und, Aebti&#x017F;&#x017F;in, wenn Du denn meinem Gebeine das<lb/>
ver&#x017F;prochne Opfer bring&#x017F;t, und Du ho&#x0364;r&#x017F;t ein &#x017F;anf-<lb/>
tes Li&#x017F;peln, &#x017F;o denke das hei&#x017F;&#x017F;t auf irrdi&#x017F;ch, Schwe-<lb/>
&#x017F;ter bald Ro&#x017F;en und Thra&#x0364;nen fu&#x0364;r Dich.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#AEB">
            <speaker>Aebti&#x017F;&#x017F;in.</speaker>
            <stage>(im Herausgehn)</stage>
            <p>Ach &#x017F;olche<lb/>
Klagen ho&#x0364;rte dies Gewo&#x0364;lbe &#x017F;eit Jahrhunderten.</p>
          </sp>
        </div>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">Vierter Aufzug.</hi> </hi> </head><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">Er&#x017F;ter Auftritt.</hi> </hi> </head><lb/>
          <stage> <hi rendition="#c">(Jm Palla&#x017F;t.)</hi> </stage><lb/>
          <sp who="#JUL">
            <speaker> <hi rendition="#c">Julius.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Auf ewig verla&#x017F;&#x017F;en &#x2014; auf ewig! ha&#x0364;tt&#x2019; ich es<lb/>
von ferne die&#x017F;er Empfindung ange&#x017F;ehen, daß &#x017F;ie &#x017F;o<lb/>
&#x017F;tark wa&#x0364;re! aber bisher hab&#x2019; ich nur auf meine<lb/>
Vereinigung mit Blankan, und nicht auf Trennung<lb/>
von Vater und Vaterland gedacht. Einen Vater<lb/>
am Rande des Grabes verla&#x017F;&#x017F;en. &#x2014; Wie wird<lb/>
er &#x017F;ich a&#x0364;ng&#x017F;tigen, eh&#x2019; er mein Schick&#x017F;al erfa&#x0364;hrt,<lb/>
und wenn ers erfa&#x0364;hrt, i&#x017F;t er glu&#x0364;cklicher, wenn er<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;e Betru&#x0364;bnis fu&#x0364;r ungewi&#x017F;&#x017F;e Ang&#x017F;t eintau&#x017F;cht?<lb/>
&#x2014; Nie dich wieder&#x017F;ehn, Tarent, nie die Sonne<lb/>
hier heller &#x017F;cheinen, und die Blumen fri&#x017F;cher blu&#x0364;hn<lb/>
&#x017F;ehn, als an jedem andern Orte! Und ihr Freuden<lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[77/0081] hunderte werd’ ich brauchen, ehe ich wieder Freu- den fuͤhlen kan, zumahl unendliche Freuden — und, Aebtiſſin, wenn Du denn meinem Gebeine das verſprochne Opfer bringſt, und Du hoͤrſt ein ſanf- tes Liſpeln, ſo denke das heiſſt auf irrdiſch, Schwe- ſter bald Roſen und Thraͤnen fuͤr Dich. Aebtiſſin. (im Herausgehn) Ach ſolche Klagen hoͤrte dies Gewoͤlbe ſeit Jahrhunderten. Vierter Aufzug. Erſter Auftritt. (Jm Pallaſt.) Julius. Auf ewig verlaſſen — auf ewig! haͤtt’ ich es von ferne dieſer Empfindung angeſehen, daß ſie ſo ſtark waͤre! aber bisher hab’ ich nur auf meine Vereinigung mit Blankan, und nicht auf Trennung von Vater und Vaterland gedacht. Einen Vater am Rande des Grabes verlaſſen. — Wie wird er ſich aͤngſtigen, eh’ er mein Schickſal erfaͤhrt, und wenn ers erfaͤhrt, iſt er gluͤcklicher, wenn er gewiſſe Betruͤbnis fuͤr ungewiſſe Angſt eintauſcht? — Nie dich wiederſehn, Tarent, nie die Sonne hier heller ſcheinen, und die Blumen friſcher bluͤhn ſehn, als an jedem andern Orte! Und ihr Freuden

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/leisewitz_julius_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/leisewitz_julius_1776/81
Zitationshilfe: Leisewitz, Johann Anton: Julius von Tarent. Leipzig, 1776, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/leisewitz_julius_1776/81>, abgerufen am 29.04.2024.