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Leisewitz, Johann Anton: Julius von Tarent. Leipzig, 1776.

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bey mir vorbey, und die Zeit der Jugend ist vor-
über, wo in einem Wunsche schon tausend andro
liegen, wie in einem Saamenkorn ein künftiger
Wald schlummert. Siehe, hier ist für mich keine
Zukunft mehr. Nur Dich glücklich und groß zu
sehen, das ist mein einziger Wunsch. (Pause)

Julius nimm mir die reizende Aussicht
nicht, daß Du einst den Segen meiner Bürger,
den ich Dir hinterlasse, vergrössert Deinem Nach-
folger übergiebst, und daß den künftigen Fürsten
von Tarent bey Deinem Namen das Herz für
Nacheiferung poche.

Macht Dich der Gedanke nicht wonnetrun-
ken, daß durch Nachahmung deiner Thaten an-
dre edel handeln; und daß durch deinen Nach-
ruhm gereizt, deine Kinder berühmt werden, wie
ein Feuer andre entzündet, ohne selbst zu verlöschen?

(Pause. Julius steht tiefsinnig; Fürst um-
armt ihn)

Hinweg mit dieser traurenden Mine! Erst-
ling meiner Liebe, der mir mein Weib theurer
machte, und mir zuerst den Namen Vater entgegen
lallte -- Mein Erstgebohrner, dem ich meinen
besten Segen aufhebe.
Julius. O mein Vater, geben sie mir jezt
diesen Segen.


bey mir vorbey, und die Zeit der Jugend iſt vor-
uͤber, wo in einem Wunſche ſchon tauſend andro
liegen, wie in einem Saamenkorn ein kuͤnftiger
Wald ſchlummert. Siehe, hier iſt fuͤr mich keine
Zukunft mehr. Nur Dich gluͤcklich und groß zu
ſehen, das iſt mein einziger Wunſch. (Pauſe)

Julius nimm mir die reizende Ausſicht
nicht, daß Du einſt den Segen meiner Buͤrger,
den ich Dir hinterlaſſe, vergroͤſſert Deinem Nach-
folger uͤbergiebſt, und daß den kuͤnftigen Fuͤrſten
von Tarent bey Deinem Namen das Herz fuͤr
Nacheiferung poche.

Macht Dich der Gedanke nicht wonnetrun-
ken, daß durch Nachahmung deiner Thaten an-
dre edel handeln; und daß durch deinen Nach-
ruhm gereizt, deine Kinder beruͤhmt werden, wie
ein Feuer andre entzuͤndet, ohne ſelbſt zu verloͤſchen?

(Pauſe. Julius ſteht tiefſinnig; Fuͤrſt um-
armt ihn)

Hinweg mit dieſer traurenden Mine! Erſt-
ling meiner Liebe, der mir mein Weib theurer
machte, und mir zuerſt den Namen Vater entgegen
lallte — Mein Erſtgebohrner, dem ich meinen
beſten Segen aufhebe.
Julius. O mein Vater, geben ſie mir jezt
dieſen Segen.
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[84/0088] bey mir vorbey, und die Zeit der Jugend iſt vor- uͤber, wo in einem Wunſche ſchon tauſend andro liegen, wie in einem Saamenkorn ein kuͤnftiger Wald ſchlummert. Siehe, hier iſt fuͤr mich keine Zukunft mehr. Nur Dich gluͤcklich und groß zu ſehen, das iſt mein einziger Wunſch. (Pauſe) Julius nimm mir die reizende Ausſicht nicht, daß Du einſt den Segen meiner Buͤrger, den ich Dir hinterlaſſe, vergroͤſſert Deinem Nach- folger uͤbergiebſt, und daß den kuͤnftigen Fuͤrſten von Tarent bey Deinem Namen das Herz fuͤr Nacheiferung poche. Macht Dich der Gedanke nicht wonnetrun- ken, daß durch Nachahmung deiner Thaten an- dre edel handeln; und daß durch deinen Nach- ruhm gereizt, deine Kinder beruͤhmt werden, wie ein Feuer andre entzuͤndet, ohne ſelbſt zu verloͤſchen? (Pauſe. Julius ſteht tiefſinnig; Fuͤrſt um- armt ihn) Hinweg mit dieſer traurenden Mine! Erſt- ling meiner Liebe, der mir mein Weib theurer machte, und mir zuerſt den Namen Vater entgegen lallte — Mein Erſtgebohrner, dem ich meinen beſten Segen aufhebe. Julius. O mein Vater, geben ſie mir jezt dieſen Segen.

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Zitationshilfe: Leisewitz, Johann Anton: Julius von Tarent. Leipzig, 1776, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/leisewitz_julius_1776/88>, abgerufen am 28.04.2024.