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Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721.

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[Beginn Spaltensatz]

Es ist in Wahrheit ein jeder Faden von dem Spinnenhäuslein nicht eben gar viel dünner als ein Seidenfaden, wann man erwäget, daß er um ein gut Theil schwächer ist. Doch dieses wird es darum nicht ausmachen, indem es sehr schwer ist viel solcher Fäden wol zusammen zu bringen: dann, ausser dem, daß dieses grosse Mühe giebt, so steht dabey auch zu befürchten, es möchten diese zarten Fäden sich nicht alle recht gleich ziehen lassen, daher sie folglich alle mit einander so viel Stärcke niemahls haben dürfften, dergleichen doch ein jeder Faden an und für sich selbsten haben könte. Die Menge dieser zarten Fäden, daraus ein jeder Faden von der Spinnenseide bestehen muß, wann er so dicke werden soll, als wie ein Faden von den Seidenwürmern ist, möchte auch wol zum Theil Schuld seyn, daß die von dieser Seide bereitete Arbeit bey weitem keinen solchen Glantz bekommen solte, als wie die von der Seidenwürmerseide. Ihr Glantz ist in der That nicht also schön; und dessen Ursach ist; ie mehr ein solcher Seidenfaden kleine leere Räumlein hat, als sonst ein anderer Seidenfaden, ie schlechtern Glantz wird er darum auch haben; dann das Licht wird nicht so sehr davon zurücke schlagen, weil ausser allen Zweiffel eine noch viel grössere Anzahl solcher kleinen Räumlein an dergleichen Faden zu befinden, der aus viel andern wircklich von einander abgesonderten Fäden bestehet, als wie an einem solchen Faden, der von gleicher Dicke ist und gar aus keinen anderen und unterschiednen Faden nicht bestehet. Die Theilgen von dem Schleim, daraus derselbige besteht, die müssen sich ohne Zweiffel besser und viel näher an einander angeleget haben, daher sie auch an mehrern Orten an einander stossen; als wie die Fäden, die wircklich von einander abgesondert sind. Gesetzt nun, daß ein Faden von der Spinnen ihrer Seide von Natur keinen grössern Glanz nicht hätte, als wie ein Faden von der Seidenwürmerseide, so ists doch gantz gewiß, wann man wird fünff dergleichen Fäden mit einander nehmen und einen daraus machen, der eben also dick seyn soll, als wie ein seidner Faden von Natur, daß ein solcher aus andern zusammengesetzter Faden, und die daraus verftertigte Arbeit, bey weiten keinen solchen Glantz nicht haben werden, als wie ein Faden von der Seidenwürmerseide, und die davon bereitete Arbeit.

Wolte man nun setzen, daß nur zwey Wärtzlein Fäden zu der Spinnenwebe hergegeben hätten, und daß iedwedes dererselben einen einfachen Faden gegeben, da sie sonst oftmahls einen Faden geben, der aus gar vielen Faden ist zusammen gesetzt; und es sind die Fäden zu der Spinnenwebe achtzehenmahl schwächer, als ein Faden von dem Häuslein, so müste dieser letztere, der fünffmahl dünner ist, als wie ein seidner Faden (wie oben auch erinnert worden) zum wenigsten aus sechs und dreyßig zarten Fäden zusammen gesetzet seyn. Wie klein muß dann ein Faden seyn, den wir dannoch erblicken können, der auch nicht gar viel dicker ist, als der hundert und achtzigste Theil eines einfachen seidnen Fadens, welcher einfache Faden selbst nur der zweyhunderte Theil von einem Faden von der zartesten Seide ist, die wir zum nähen brauchen? dann spricht de Reaumur, ich habe manchmahl dergleichen Seidenfäden in zweyhundert Fäden, oder doch bey nahe in so viel, zertheilet: so daß ein Faden von der Spinnenseide, der wie ein Faden [Spaltenumbruch] Näheseide dick seyn soll, gewißlich biß auf sechs und dreißig tausend Fäden haben müste: und man könte sie natürlicher Weise bis in tausend theilen.

Der Faden von der Spinneseide, welcher aus 36000. einfachen Fäden bestehet, möchte vielleicht etwas dicker seyn als ein Faden von der Seidenwürmerseide, der aus 200. einfachen Fäden bestehet, obgleich 36000. und 200. gegen einander gerechnet einerley seyn dürffte, indem es schwer genung hergehen solte, eine so grosse Anzahl Fäden dergestalt zusammen zu bringen, daß keine leere Räumlein zwischen ihnen blieben, welche dererselben Umfang, dem Ansehen nach, vergrössern dürfften. Daher man auch vermeinet, es würde sich die Spinnenseide zur Arbeit noch viel besser schicken, als die Seidenwümerseide. Alleine, wann man auch zugleich erwogen hätte, daß sie dagegen um ein gutes schwächer müste seyn, so würde sichs gewiesen haben, daß dieses vielmehr einer von den Mängeln dieser Seide sey, dieweil ein dicker Faden, von derselben nicht stärcker seyn kan, als ein mittelmäßiger Faden von der Seidenwürmer Seide. Wir wollen aber endlich, verfolgt der de Reaumur, zum letzten Hauptpuncte kommen, und wollen sehen, wie sich die Menge Seide, welche eine iede Spinne jährlich giebet, wird mit derjenigen, die von den Seidenwürmern kommt, vergleichen lassen. Ich habe gar viel Seindenwürmer Häuslein mit gröstem Fleiß gewogen, und befunden, wie daß die allerstärckesten, oder, soviel der Wurm in einem Jahre hat gesponnen, vier Gran gewogen haben, und die geringsten mehr als drey; so daß zu einem Pfund von sechzehn Untzen zum allerwenigsten 2305. Würmer gehören, wann man will ein Pfund Seide haben.

Mit eben also genauer Aufsicht habe ich eine grosse Anzahl Spinnenhäuslein nachgewogen, und iederzeit befunden, daß bis vier Stück der grösten gegen ein Seidenwürmer-Häuslein und dessen Gewichte zu vergleichen gehören, und jedes ein Gran schwer gewesen; daher man vier der grösten Spinnen haben müste, wann sie soviel als wie ein Seidenwurm Seide geben solten, und wann nicht mehr von der einen Art Seide abgienge, als wie von der andern, wann sie auch alle durchgehends Seide gäben. Allein, von denen Spinnenhäuslein gehet ungleich mehr ab, als bey den Seidenwürmerhäuslein niemahls zu besorgen. Diesen Schaden aber verursachet, daß die Spinnenhäuslein zusamt den Schalen von den Eyerlein gewogen werden, darinn die kleinen Spinnen sassen, bevor sie ausgekrochen, und weil auch sonst viel Unrath unter diese Seide sich gemischet hat.

Will man dann diesen Abgang rechnen, so werden wir gar gern mehr als zwey Drittheil vom Gewicht abziehen müssen, dieweil Herr Bon von dreyzehn Untzen unreiner Seide mehr nicht als nur vier Untzen reine hat bekommen. Hingegen geht an denen Seidenwürmerhäuslein nichts nicht ab, oder doch so wenig, daß er gar leichtlich zu ersetzen ist, wann man den Abgang von den Spinnenhäuslein auf zwey Drittheil rechnet. Nun haben wir gesehen, daß das Gewichte eines Spinnenhäusleins, bevor es ist gereinigt worden, gegen das Gewichte eines Seidenwurmhäusleins als wie eins gegen viere sich verhält, darum wird sein Gewichte, wann es ist gereinigt [Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz]

Es ist in Wahrheit ein jeder Faden von dem Spinnenhäuslein nicht eben gar viel dünner als ein Seidenfaden, wann man erwäget, daß er um ein gut Theil schwächer ist. Doch dieses wird es darum nicht ausmachen, indem es sehr schwer ist viel solcher Fäden wol zusammen zu bringen: dann, ausser dem, daß dieses grosse Mühe giebt, so steht dabey auch zu befürchten, es möchten diese zarten Fäden sich nicht alle recht gleich ziehen lassen, daher sie folglich alle mit einander so viel Stärcke niemahls haben dürfften, dergleichen doch ein jeder Faden an und für sich selbsten haben könte. Die Menge dieser zarten Fäden, daraus ein jeder Faden von der Spinnenseide bestehen muß, wann er so dicke werden soll, als wie ein Faden von den Seidenwürmern ist, möchte auch wol zum Theil Schuld seyn, daß die von dieser Seide bereitete Arbeit bey weitem keinen solchen Glantz bekommen solte, als wie die von der Seidenwürmerseide. Ihr Glantz ist in der That nicht also schön; und dessen Ursach ist; ie mehr ein solcher Seidenfaden kleine leere Räumlein hat, als sonst ein anderer Seidenfaden, ie schlechtern Glantz wird er darum auch haben; dann das Licht wird nicht so sehr davon zurücke schlagen, weil ausser allen Zweiffel eine noch viel grössere Anzahl solcher kleinen Räumlein an dergleichen Faden zu befinden, der aus viel andern wircklich von einander abgesonderten Fäden bestehet, als wie an einem solchen Faden, der von gleicher Dicke ist und gar aus keinen anderen und unterschiednen Faden nicht bestehet. Die Theilgen von dem Schleim, daraus derselbige besteht, die müssen sich ohne Zweiffel besser und viel näher an einander angeleget haben, daher sie auch an mehrern Orten an einander stossen; als wie die Fäden, die wircklich von einander abgesondert sind. Gesetzt nun, daß ein Faden von der Spinnen ihrer Seide von Natur keinen grössern Glanz nicht hätte, als wie ein Faden von der Seidenwürmerseide, so ists doch gantz gewiß, wann man wird fünff dergleichen Fäden mit einander nehmen und einen daraus machen, der eben also dick seyn soll, als wie ein seidner Faden von Natur, daß ein solcher aus andern zusammengesetzter Faden, und die daraus verftertigte Arbeit, bey weiten keinen solchen Glantz nicht haben werden, als wie ein Faden von der Seidenwürmerseide, und die davon bereitete Arbeit.

Wolte man nun setzen, daß nur zwey Wärtzlein Fäden zu der Spinnenwebe hergegeben hätten, und daß iedwedes dererselben einen einfachen Faden gegeben, da sie sonst oftmahls einen Faden geben, der aus gar vielen Faden ist zusammen gesetzt; und es sind die Fäden zu der Spinnenwebe achtzehenmahl schwächer, als ein Faden von dem Häuslein, so müste dieser letztere, der fünffmahl dünner ist, als wie ein seidner Faden (wie oben auch erinnert worden) zum wenigsten aus sechs und dreyßig zarten Fäden zusammen gesetzet seyn. Wie klein muß dann ein Faden seyn, den wir dannoch erblicken können, der auch nicht gar viel dicker ist, als der hundert und achtzigste Theil eines einfachen seidnen Fadens, welcher einfache Faden selbst nur der zweyhunderte Theil von einem Faden von der zartesten Seide ist, die wir zum nähen brauchen? dann spricht de Reaumur, ich habe manchmahl dergleichen Seidenfäden in zweyhundert Fäden, oder doch bey nahe in so viel, zertheilet: so daß ein Faden von der Spinnenseide, der wie ein Faden [Spaltenumbruch] Näheseide dick seyn soll, gewißlich biß auf sechs und dreißig tausend Fäden haben müste: und man könte sie natürlicher Weise bis in tausend theilen.

Der Faden von der Spinneseide, welcher aus 36000. einfachen Fäden bestehet, möchte vielleicht etwas dicker seyn als ein Faden von der Seidenwürmerseide, der aus 200. einfachen Fäden bestehet, obgleich 36000. und 200. gegen einander gerechnet einerley seyn dürffte, indem es schwer genung hergehen solte, eine so grosse Anzahl Fäden dergestalt zusammen zu bringen, daß keine leere Räumlein zwischen ihnen blieben, welche dererselben Umfang, dem Ansehen nach, vergrössern dürfften. Daher man auch vermeinet, es würde sich die Spinnenseide zur Arbeit noch viel besser schicken, als die Seidenwümerseide. Alleine, wann man auch zugleich erwogen hätte, daß sie dagegen um ein gutes schwächer müste seyn, so würde sichs gewiesen haben, daß dieses vielmehr einer von den Mängeln dieser Seide sey, dieweil ein dicker Faden, von derselben nicht stärcker seyn kan, als ein mittelmäßiger Faden von der Seidenwürmer Seide. Wir wollen aber endlich, verfolgt der de Reaumur, zum letzten Hauptpuncte kommen, und wollen sehen, wie sich die Menge Seide, welche eine iede Spinne jährlich giebet, wird mit derjenigen, die von den Seidenwürmern kommt, vergleichen lassen. Ich habe gar viel Seindenwürmer Häuslein mit gröstem Fleiß gewogen, und befunden, wie daß die allerstärckesten, oder, soviel der Wurm in einem Jahre hat gesponnen, vier Gran gewogen haben, und die geringsten mehr als drey; so daß zu einem Pfund von sechzehn Untzen zum allerwenigsten 2305. Würmer gehören, wann man will ein Pfund Seide haben.

Mit eben also genauer Aufsicht habe ich eine grosse Anzahl Spinnenhäuslein nachgewogen, und iederzeit befunden, daß bis vier Stück der grösten gegen ein Seidenwürmer-Häuslein und dessen Gewichte zu vergleichen gehören, und jedes ein Gran schwer gewesen; daher man vier der grösten Spinnen haben müste, wann sie soviel als wie ein Seidenwurm Seide geben solten, und wann nicht mehr von der einen Art Seide abgienge, als wie von der andern, wann sie auch alle durchgehends Seide gäben. Allein, von denen Spinnenhäuslein gehet ungleich mehr ab, als bey den Seidenwürmerhäuslein niemahls zu besorgen. Diesen Schaden aber verursachet, daß die Spinnenhäuslein zusamt den Schalen von den Eyerlein gewogen werden, darinn die kleinen Spinnen sassen, bevor sie ausgekrochen, und weil auch sonst viel Unrath unter diese Seide sich gemischet hat.

Will man dann diesen Abgang rechnen, so werden wir gar gern mehr als zwey Drittheil vom Gewicht abziehen müssen, dieweil Herr Bon von dreyzehn Untzen unreiner Seide mehr nicht als nur vier Untzen reine hat bekommen. Hingegen geht an denen Seidenwürmerhäuslein nichts nicht ab, oder doch so wenig, daß er gar leichtlich zu ersetzen ist, wann man den Abgang von den Spinnenhäuslein auf zwey Drittheil rechnet. Nun haben wir gesehen, daß das Gewichte eines Spinnenhäusleins, bevor es ist gereinigt worden, gegen das Gewichte eines Seidenwurmhäusleins als wie eins gegen viere sich verhält, darum wird sein Gewichte, wann es ist gereinigt [Ende Spaltensatz]

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[0065] Es ist in Wahrheit ein jeder Faden von dem Spinnenhäuslein nicht eben gar viel dünner als ein Seidenfaden, wann man erwäget, daß er um ein gut Theil schwächer ist. Doch dieses wird es darum nicht ausmachen, indem es sehr schwer ist viel solcher Fäden wol zusammen zu bringen: dann, ausser dem, daß dieses grosse Mühe giebt, so steht dabey auch zu befürchten, es möchten diese zarten Fäden sich nicht alle recht gleich ziehen lassen, daher sie folglich alle mit einander so viel Stärcke niemahls haben dürfften, dergleichen doch ein jeder Faden an und für sich selbsten haben könte. Die Menge dieser zarten Fäden, daraus ein jeder Faden von der Spinnenseide bestehen muß, wann er so dicke werden soll, als wie ein Faden von den Seidenwürmern ist, möchte auch wol zum Theil Schuld seyn, daß die von dieser Seide bereitete Arbeit bey weitem keinen solchen Glantz bekommen solte, als wie die von der Seidenwürmerseide. Ihr Glantz ist in der That nicht also schön; und dessen Ursach ist; ie mehr ein solcher Seidenfaden kleine leere Räumlein hat, als sonst ein anderer Seidenfaden, ie schlechtern Glantz wird er darum auch haben; dann das Licht wird nicht so sehr davon zurücke schlagen, weil ausser allen Zweiffel eine noch viel grössere Anzahl solcher kleinen Räumlein an dergleichen Faden zu befinden, der aus viel andern wircklich von einander abgesonderten Fäden bestehet, als wie an einem solchen Faden, der von gleicher Dicke ist und gar aus keinen anderen und unterschiednen Faden nicht bestehet. Die Theilgen von dem Schleim, daraus derselbige besteht, die müssen sich ohne Zweiffel besser und viel näher an einander angeleget haben, daher sie auch an mehrern Orten an einander stossen; als wie die Fäden, die wircklich von einander abgesondert sind. Gesetzt nun, daß ein Faden von der Spinnen ihrer Seide von Natur keinen grössern Glanz nicht hätte, als wie ein Faden von der Seidenwürmerseide, so ists doch gantz gewiß, wann man wird fünff dergleichen Fäden mit einander nehmen und einen daraus machen, der eben also dick seyn soll, als wie ein seidner Faden von Natur, daß ein solcher aus andern zusammengesetzter Faden, und die daraus verftertigte Arbeit, bey weiten keinen solchen Glantz nicht haben werden, als wie ein Faden von der Seidenwürmerseide, und die davon bereitete Arbeit. Wolte man nun setzen, daß nur zwey Wärtzlein Fäden zu der Spinnenwebe hergegeben hätten, und daß iedwedes dererselben einen einfachen Faden gegeben, da sie sonst oftmahls einen Faden geben, der aus gar vielen Faden ist zusammen gesetzt; und es sind die Fäden zu der Spinnenwebe achtzehenmahl schwächer, als ein Faden von dem Häuslein, so müste dieser letztere, der fünffmahl dünner ist, als wie ein seidner Faden (wie oben auch erinnert worden) zum wenigsten aus sechs und dreyßig zarten Fäden zusammen gesetzet seyn. Wie klein muß dann ein Faden seyn, den wir dannoch erblicken können, der auch nicht gar viel dicker ist, als der hundert und achtzigste Theil eines einfachen seidnen Fadens, welcher einfache Faden selbst nur der zweyhunderte Theil von einem Faden von der zartesten Seide ist, die wir zum nähen brauchen? dann spricht de Reaumur, ich habe manchmahl dergleichen Seidenfäden in zweyhundert Fäden, oder doch bey nahe in so viel, zertheilet: so daß ein Faden von der Spinnenseide, der wie ein Faden Näheseide dick seyn soll, gewißlich biß auf sechs und dreißig tausend Fäden haben müste: und man könte sie natürlicher Weise bis in tausend theilen. Der Faden von der Spinneseide, welcher aus 36000. einfachen Fäden bestehet, möchte vielleicht etwas dicker seyn als ein Faden von der Seidenwürmerseide, der aus 200. einfachen Fäden bestehet, obgleich 36000. und 200. gegen einander gerechnet einerley seyn dürffte, indem es schwer genung hergehen solte, eine so grosse Anzahl Fäden dergestalt zusammen zu bringen, daß keine leere Räumlein zwischen ihnen blieben, welche dererselben Umfang, dem Ansehen nach, vergrössern dürfften. Daher man auch vermeinet, es würde sich die Spinnenseide zur Arbeit noch viel besser schicken, als die Seidenwümerseide. Alleine, wann man auch zugleich erwogen hätte, daß sie dagegen um ein gutes schwächer müste seyn, so würde sichs gewiesen haben, daß dieses vielmehr einer von den Mängeln dieser Seide sey, dieweil ein dicker Faden, von derselben nicht stärcker seyn kan, als ein mittelmäßiger Faden von der Seidenwürmer Seide. Wir wollen aber endlich, verfolgt der de Reaumur, zum letzten Hauptpuncte kommen, und wollen sehen, wie sich die Menge Seide, welche eine iede Spinne jährlich giebet, wird mit derjenigen, die von den Seidenwürmern kommt, vergleichen lassen. Ich habe gar viel Seindenwürmer Häuslein mit gröstem Fleiß gewogen, und befunden, wie daß die allerstärckesten, oder, soviel der Wurm in einem Jahre hat gesponnen, vier Gran gewogen haben, und die geringsten mehr als drey; so daß zu einem Pfund von sechzehn Untzen zum allerwenigsten 2305. Würmer gehören, wann man will ein Pfund Seide haben. Mit eben also genauer Aufsicht habe ich eine grosse Anzahl Spinnenhäuslein nachgewogen, und iederzeit befunden, daß bis vier Stück der grösten gegen ein Seidenwürmer-Häuslein und dessen Gewichte zu vergleichen gehören, und jedes ein Gran schwer gewesen; daher man vier der grösten Spinnen haben müste, wann sie soviel als wie ein Seidenwurm Seide geben solten, und wann nicht mehr von der einen Art Seide abgienge, als wie von der andern, wann sie auch alle durchgehends Seide gäben. Allein, von denen Spinnenhäuslein gehet ungleich mehr ab, als bey den Seidenwürmerhäuslein niemahls zu besorgen. Diesen Schaden aber verursachet, daß die Spinnenhäuslein zusamt den Schalen von den Eyerlein gewogen werden, darinn die kleinen Spinnen sassen, bevor sie ausgekrochen, und weil auch sonst viel Unrath unter diese Seide sich gemischet hat. Will man dann diesen Abgang rechnen, so werden wir gar gern mehr als zwey Drittheil vom Gewicht abziehen müssen, dieweil Herr Bon von dreyzehn Untzen unreiner Seide mehr nicht als nur vier Untzen reine hat bekommen. Hingegen geht an denen Seidenwürmerhäuslein nichts nicht ab, oder doch so wenig, daß er gar leichtlich zu ersetzen ist, wann man den Abgang von den Spinnenhäuslein auf zwey Drittheil rechnet. Nun haben wir gesehen, daß das Gewichte eines Spinnenhäusleins, bevor es ist gereinigt worden, gegen das Gewichte eines Seidenwurmhäusleins als wie eins gegen viere sich verhält, darum wird sein Gewichte, wann es ist gereinigt

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Zitationshilfe: Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721/65>, abgerufen am 29.04.2024.