Lessing, Gotthold Ephraim: Emilia Galotti. Berlin, 1772.Emilia Galotti. Odoardo. Vergeben Sie, mein Herr, ei- nem Vater, der in der äußersten Bestürzung ist, -- daß er so unangemeldet hereintritt. Orsina. Vater? (kehrt wieder um) Der Emi- lia, ohne Zweifel. -- Ha, willkommen! Odoardo. Ein Bedienter kam mir entgegen gesprengt, mit der Nachricht, daß hierherum die Meinigen in Gefahr wären. Jch fliege herzu, und höre, daß der Graf Appiani verwundet wor- den; daß er nach der Stadt zurückgekehret; daß meine Frau und Tochter sich in das Schloß geret- tet. -- Wo sind sie, mein Herr? wo sind sie? Marinelli. Seyn Sie ruhig, Herr Ober- ster. Jhrer Gemahlinn und Jhrer Tochter ist nichts Uebels wiederfahren; den Schreck ausge- nommen. Sie befinden sich beide wohl. Der Prinz ist bey ihnen. Jch gehe sogleich, Sie zu melden. Odoardo. Warum melden? erst melden? Marinelli. Aus Ursachen -- von wegen -- Von wegen des Prinzen. Sie wissen, Herr Oberster, wie Sie mit dem Prinzen stehen. Nicht auf dem freundschaftlichsten Fuße. So gnädig er sich gegen Jhre Gemahlinn und Tochter bezei- get:
Emilia Galotti. Odoardo. Vergeben Sie, mein Herr, ei- nem Vater, der in der aͤußerſten Beſtuͤrzung iſt, — daß er ſo unangemeldet hereintritt. Orſina. Vater? (kehrt wieder um) Der Emi- lia, ohne Zweifel. — Ha, willkommen! Odoardo. Ein Bedienter kam mir entgegen geſprengt, mit der Nachricht, daß hierherum die Meinigen in Gefahr waͤren. Jch fliege herzu, und hoͤre, daß der Graf Appiani verwundet wor- den; daß er nach der Stadt zuruͤckgekehret; daß meine Frau und Tochter ſich in das Schloß geret- tet. — Wo ſind ſie, mein Herr? wo ſind ſie? Marinelli. Seyn Sie ruhig, Herr Ober- ſter. Jhrer Gemahlinn und Jhrer Tochter iſt nichts Uebels wiederfahren; den Schreck ausge- nommen. Sie befinden ſich beide wohl. Der Prinz iſt bey ihnen. Jch gehe ſogleich, Sie zu melden. Odoardo. Warum melden? erſt melden? Marinelli. Aus Urſachen — von wegen — Von wegen des Prinzen. Sie wiſſen, Herr Oberſter, wie Sie mit dem Prinzen ſtehen. Nicht auf dem freundſchaftlichſten Fuße. So gnaͤdig er ſich gegen Jhre Gemahlinn und Tochter bezei- get:
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Emilia Galotti.
Odoardo. Vergeben Sie, mein Herr, ei-
nem Vater, der in der aͤußerſten Beſtuͤrzung iſt, —
daß er ſo unangemeldet hereintritt.
Orſina. Vater? (kehrt wieder um) Der Emi-
lia, ohne Zweifel. — Ha, willkommen!
Odoardo. Ein Bedienter kam mir entgegen
geſprengt, mit der Nachricht, daß hierherum die
Meinigen in Gefahr waͤren. Jch fliege herzu,
und hoͤre, daß der Graf Appiani verwundet wor-
den; daß er nach der Stadt zuruͤckgekehret; daß
meine Frau und Tochter ſich in das Schloß geret-
tet. — Wo ſind ſie, mein Herr? wo ſind ſie?
Marinelli. Seyn Sie ruhig, Herr Ober-
ſter. Jhrer Gemahlinn und Jhrer Tochter iſt
nichts Uebels wiederfahren; den Schreck ausge-
nommen. Sie befinden ſich beide wohl. Der Prinz
iſt bey ihnen. Jch gehe ſogleich, Sie zu melden.
Odoardo. Warum melden? erſt melden?
Marinelli. Aus Urſachen — von wegen —
Von wegen des Prinzen. Sie wiſſen, Herr
Oberſter, wie Sie mit dem Prinzen ſtehen. Nicht
auf dem freundſchaftlichſten Fuße. So gnaͤdig er
ſich gegen Jhre Gemahlinn und Tochter bezei-
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Zitationshilfe: | Lessing, Gotthold Ephraim: Emilia Galotti. Berlin, 1772, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_emilia_1772/120>, abgerufen am 16.06.2024. |