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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843.

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gesehen; Andere und gerade die Freunde und
Verwandten des Hauses machten ihm einen
Vorwurf daraus, daß er, den man für das
Centrum der jüdischen Partei gehalten, seine
Tochter zum Christenthum übertreten lasse.
Dergleichen hatte aber auf den klaren Sinn
des würdigen Mannes keinen Einfluß. Nach-
dem der Entschluß reiflich überdacht und aus-
geführt war, stand er als Thatsache unwan-
delbar vor ihm und kein fremdes Urtheil ver-
mochte seine Ansicht darüber zu erschüttern.

Anders war es mit Madame Meier. Auf
sie blieben die wiederholten Bemerkungen der
Leute, daß Jenny zu ganz andern Verbindun-
gen berechtigt gewesen wäre, wenn sie nun
einmal Christin werden sollte, nicht ohne
Einfluß; und während ihr Mann mit der
Wahl seiner Tochter vollkommen zufrieden ge-
worden war, fing die Mutter sie zu be-
reuen an.

geſehen; Andere und gerade die Freunde und
Verwandten des Hauſes machten ihm einen
Vorwurf daraus, daß er, den man für das
Centrum der jüdiſchen Partei gehalten, ſeine
Tochter zum Chriſtenthum übertreten laſſe.
Dergleichen hatte aber auf den klaren Sinn
des würdigen Mannes keinen Einfluß. Nach-
dem der Entſchluß reiflich überdacht und aus-
geführt war, ſtand er als Thatſache unwan-
delbar vor ihm und kein fremdes Urtheil ver-
mochte ſeine Anſicht darüber zu erſchüttern.

Anders war es mit Madame Meier. Auf
ſie blieben die wiederholten Bemerkungen der
Leute, daß Jenny zu ganz andern Verbindun-
gen berechtigt geweſen wäre, wenn ſie nun
einmal Chriſtin werden ſollte, nicht ohne
Einfluß; und während ihr Mann mit der
Wahl ſeiner Tochter vollkommen zufrieden ge-
worden war, fing die Mutter ſie zu be-
reuen an.

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[271/0283] geſehen; Andere und gerade die Freunde und Verwandten des Hauſes machten ihm einen Vorwurf daraus, daß er, den man für das Centrum der jüdiſchen Partei gehalten, ſeine Tochter zum Chriſtenthum übertreten laſſe. Dergleichen hatte aber auf den klaren Sinn des würdigen Mannes keinen Einfluß. Nach- dem der Entſchluß reiflich überdacht und aus- geführt war, ſtand er als Thatſache unwan- delbar vor ihm und kein fremdes Urtheil ver- mochte ſeine Anſicht darüber zu erſchüttern. Anders war es mit Madame Meier. Auf ſie blieben die wiederholten Bemerkungen der Leute, daß Jenny zu ganz andern Verbindun- gen berechtigt geweſen wäre, wenn ſie nun einmal Chriſtin werden ſollte, nicht ohne Einfluß; und während ihr Mann mit der Wahl ſeiner Tochter vollkommen zufrieden ge- worden war, fing die Mutter ſie zu be- reuen an.

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Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/283>, abgerufen am 09.05.2024.