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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843.

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von dringenden Arbeiten so sehr in Anspruch
genommen, daß er durchaus zu Hause bleiben
müsse, und ihre Bitte, sich heute einmal Ruhe
zu gönnen und den Figaro zu hören, entschieden
abgelehnt hatte.

Damit war Jenny jede Hoffnung für den
heutigen Abend genommen; sie hatte sich schwer
genug in den Gedanken gefunden, und konnte
nur kaum einen Schrei freudiger Ueberraschung
zurückhalten, als sie den Geliebten plötzlich vor
sich sah, als das Bewußtsein in ihr auftauchte,
nur ihretwegen könne er gekommen sein, der so
unverwandt zu ihr emporblickte.

Und so war es in der That. Er hatte zu
arbeiten versucht, aber das Bild der Geliebten
war zwischen ihn und die Arbeit getreten. Er
sah sie, in glänzender Toilette, die sie liebte, in
der sie so wunderhübsch war. Er sah, wie das
bleiche, feine Köpfchen, von langen dunkeln
Locken beschattet, alle Blicke auf sich zog. --

von dringenden Arbeiten ſo ſehr in Anſpruch
genommen, daß er durchaus zu Hauſe bleiben
müſſe, und ihre Bitte, ſich heute einmal Ruhe
zu gönnen und den Figaro zu hören, entſchieden
abgelehnt hatte.

Damit war Jenny jede Hoffnung für den
heutigen Abend genommen; ſie hatte ſich ſchwer
genug in den Gedanken gefunden, und konnte
nur kaum einen Schrei freudiger Ueberraſchung
zurückhalten, als ſie den Geliebten plötzlich vor
ſich ſah, als das Bewußtſein in ihr auftauchte,
nur ihretwegen könne er gekommen ſein, der ſo
unverwandt zu ihr emporblickte.

Und ſo war es in der That. Er hatte zu
arbeiten verſucht, aber das Bild der Geliebten
war zwiſchen ihn und die Arbeit getreten. Er
ſah ſie, in glänzender Toilette, die ſie liebte, in
der ſie ſo wunderhübſch war. Er ſah, wie das
bleiche, feine Köpfchen, von langen dunkeln
Locken beſchattet, alle Blicke auf ſich zog. —

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[83/0095] von dringenden Arbeiten ſo ſehr in Anſpruch genommen, daß er durchaus zu Hauſe bleiben müſſe, und ihre Bitte, ſich heute einmal Ruhe zu gönnen und den Figaro zu hören, entſchieden abgelehnt hatte. Damit war Jenny jede Hoffnung für den heutigen Abend genommen; ſie hatte ſich ſchwer genug in den Gedanken gefunden, und konnte nur kaum einen Schrei freudiger Ueberraſchung zurückhalten, als ſie den Geliebten plötzlich vor ſich ſah, als das Bewußtſein in ihr auftauchte, nur ihretwegen könne er gekommen ſein, der ſo unverwandt zu ihr emporblickte. Und ſo war es in der That. Er hatte zu arbeiten verſucht, aber das Bild der Geliebten war zwiſchen ihn und die Arbeit getreten. Er ſah ſie, in glänzender Toilette, die ſie liebte, in der ſie ſo wunderhübſch war. Er ſah, wie das bleiche, feine Köpfchen, von langen dunkeln Locken beſchattet, alle Blicke auf ſich zog. —

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Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/95>, abgerufen am 28.04.2024.