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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840.

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Die Cultur.
stoff enthält, sterben alle Pflanzen, Mangel an Luft wirkt ganz
ähnlich wie ein Uebermaß an Kohlensäure.

Auf sumpfigem Boden schließt das Wasser, was nicht wech-
selt, die Luft aus, eine Erneuerung des Wassers wirkt ähnlich,
wie ein Hinzuführen von Luft, denn das Wasser enthält Luft
in Auflösung; geben wir dem Wasser in dem Sumpfe Abzug,
so gestatten wir der Luft freien Zutritt, der Sumpf verwandelt
sich in die fruchtbarste Wiese.

Ueberreste von Vegetabilien und Thieren, die sich in einem
Boden befinden, in den die Luft keinen oder nur geringen
Zutritt hat, gehen nicht in Verwesung über, eben weil es an
Sauerstoff fehlt, sie gehen in Fäulniß über, zu deren Einlei-
tung Luft genug sich vorfindet.

Die Fäulniß kennen wir nun als einen der mächtigsten Des-
oxidationsprocesse, dessen Einfluß sich auf alles in der Nähe
befindliche, auf Wurzelfasern und die Pflanzen selbst erstreckt.
Alle Materien, denen Sauerstoff entzogen werden kann, geben
Sauerstoff an den faulenden Körper ab, gelbes Eisenoxid geht
in schwarzes Eisenoxiduloxid, schwefelsaures Eisenoxid, in Schwe-
feleisen etc. über.

Die öftere Lufterneuerung, die gehörige Bearbeitung des Bo-
dens, namentlich die Berührung mit alkalischen Metalloxiden, mit
Braunkohlenasche, gebranntem oder kohlensaurem Kalk, ändert die
vorgehende Fäulniß in einen reinen Oxidationsproceß um; von
dem Augenblick an, wo alle vorhandenen organischen Materien
in den Zustand der Verwesung übergehen, erhöht sich die Frucht-
barkeit des Bodens. Der Sauerstoff wird nicht mehr zur
Verwandlung der braunen löslichen Materie in unlösliche Hu-
muskohle verwandt, sondern er dient zur Bildung von Kohlensäure.

Diese Veränderung geht äußerst langsam von Statten und
in seltenen Fällen findet sich dadurch der Sauerstoff völlig ab-

Die Cultur.
ſtoff enthält, ſterben alle Pflanzen, Mangel an Luft wirkt ganz
ähnlich wie ein Uebermaß an Kohlenſäure.

Auf ſumpfigem Boden ſchließt das Waſſer, was nicht wech-
ſelt, die Luft aus, eine Erneuerung des Waſſers wirkt ähnlich,
wie ein Hinzuführen von Luft, denn das Waſſer enthält Luft
in Auflöſung; geben wir dem Waſſer in dem Sumpfe Abzug,
ſo geſtatten wir der Luft freien Zutritt, der Sumpf verwandelt
ſich in die fruchtbarſte Wieſe.

Ueberreſte von Vegetabilien und Thieren, die ſich in einem
Boden befinden, in den die Luft keinen oder nur geringen
Zutritt hat, gehen nicht in Verweſung über, eben weil es an
Sauerſtoff fehlt, ſie gehen in Fäulniß über, zu deren Einlei-
tung Luft genug ſich vorfindet.

Die Fäulniß kennen wir nun als einen der mächtigſten Des-
oxidationsproceſſe, deſſen Einfluß ſich auf alles in der Nähe
befindliche, auf Wurzelfaſern und die Pflanzen ſelbſt erſtreckt.
Alle Materien, denen Sauerſtoff entzogen werden kann, geben
Sauerſtoff an den faulenden Körper ab, gelbes Eiſenoxid geht
in ſchwarzes Eiſenoxiduloxid, ſchwefelſaures Eiſenoxid, in Schwe-
feleiſen ꝛc. über.

Die öftere Lufterneuerung, die gehörige Bearbeitung des Bo-
dens, namentlich die Berührung mit alkaliſchen Metalloxiden, mit
Braunkohlenaſche, gebranntem oder kohlenſaurem Kalk, ändert die
vorgehende Fäulniß in einen reinen Oxidationsproceß um; von
dem Augenblick an, wo alle vorhandenen organiſchen Materien
in den Zuſtand der Verweſung übergehen, erhöht ſich die Frucht-
barkeit des Bodens. Der Sauerſtoff wird nicht mehr zur
Verwandlung der braunen löslichen Materie in unlösliche Hu-
muskohle verwandt, ſondern er dient zur Bildung von Kohlenſäure.

Dieſe Veränderung geht äußerſt langſam von Statten und
in ſeltenen Fällen findet ſich dadurch der Sauerſtoff völlig ab-

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[110/0128] Die Cultur. ſtoff enthält, ſterben alle Pflanzen, Mangel an Luft wirkt ganz ähnlich wie ein Uebermaß an Kohlenſäure. Auf ſumpfigem Boden ſchließt das Waſſer, was nicht wech- ſelt, die Luft aus, eine Erneuerung des Waſſers wirkt ähnlich, wie ein Hinzuführen von Luft, denn das Waſſer enthält Luft in Auflöſung; geben wir dem Waſſer in dem Sumpfe Abzug, ſo geſtatten wir der Luft freien Zutritt, der Sumpf verwandelt ſich in die fruchtbarſte Wieſe. Ueberreſte von Vegetabilien und Thieren, die ſich in einem Boden befinden, in den die Luft keinen oder nur geringen Zutritt hat, gehen nicht in Verweſung über, eben weil es an Sauerſtoff fehlt, ſie gehen in Fäulniß über, zu deren Einlei- tung Luft genug ſich vorfindet. Die Fäulniß kennen wir nun als einen der mächtigſten Des- oxidationsproceſſe, deſſen Einfluß ſich auf alles in der Nähe befindliche, auf Wurzelfaſern und die Pflanzen ſelbſt erſtreckt. Alle Materien, denen Sauerſtoff entzogen werden kann, geben Sauerſtoff an den faulenden Körper ab, gelbes Eiſenoxid geht in ſchwarzes Eiſenoxiduloxid, ſchwefelſaures Eiſenoxid, in Schwe- feleiſen ꝛc. über. Die öftere Lufterneuerung, die gehörige Bearbeitung des Bo- dens, namentlich die Berührung mit alkaliſchen Metalloxiden, mit Braunkohlenaſche, gebranntem oder kohlenſaurem Kalk, ändert die vorgehende Fäulniß in einen reinen Oxidationsproceß um; von dem Augenblick an, wo alle vorhandenen organiſchen Materien in den Zuſtand der Verweſung übergehen, erhöht ſich die Frucht- barkeit des Bodens. Der Sauerſtoff wird nicht mehr zur Verwandlung der braunen löslichen Materie in unlösliche Hu- muskohle verwandt, ſondern er dient zur Bildung von Kohlenſäure. Dieſe Veränderung geht äußerſt langſam von Statten und in ſeltenen Fällen findet ſich dadurch der Sauerſtoff völlig ab-

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Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/128>, abgerufen am 28.04.2024.