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Lilienthal, Otto: Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst. Ein Beitrag zur Systematik der Flugtechnik. Berlin, 1889.

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stattfindenden Luftdruck durch den praktischen Versuch zu
ermitteln, denn es handelt sich hierbei um Wegstrecken, die
in einem Bruchteil der Sekunde mit ungleicher Geschwindig-
keit ausgeführt werden.

Aber Eins lässt sich wenigstens durch den Versuch er-
mitteln. Man kann für gewisse Fälle den Durchschnittswert
an Luftwiderstand feststellen, den eine Flächenbewegung er-
zeugt, ähnlich der Flügelschlagbewegung des Vogels; und
obwohl die jeweilige Grösse des Luftwiderstandes in den ein-
zelnen Phasen der Bewegung nicht leicht gemessen werden
kann, so lässt sich doch die summarische Hebewirkung beim
Flügelschlag experimentell bestimmen.

In den Jahren 1867 und 1868 sind von uns Versuche über
die Grösse des Luftwiderstandes bei der Flügelschlagbewegung
angestellt, und diese haben ergeben, dass in der That durch
die Schlagbewegung ein ganz anderer Luftwiderstand entsteht,
als durch die gleichmässige Geschwindigkeit einer Fläche.

Wenn eine Fläche flügelschlagartig bewegt wird mit einer
gewissen Durchschnittsgeschwindigkeit, so kann der 9fache,
ja, sogar ein 25mal grösserer Luftwiderstand entstehen, als
wenn dieselbe Fläche mit derselben gleichmässigen Geschwin-
digkeit durch die Luft geführt wird.

Um bei der Flügelschlagbewegung also denselben Luft-
widerstand zu erhalten als bei gleichmässiger Bewegung,
braucht die Durchschnittsgeschwindigkeit des Flügelschlags
nur den dritten bis fünften Teil der entsprechenden gleich-
mässigen Geschwindigkeit betragen.

Wenn mithin eine gewisse, von einer Fläche mit gleich-
mässiger Geschwindigkeit zurückgelegte Wegstrecke auf ein-
zelne Flügelschläge verteilt wird, so kann im letzteren Falle
für das Zurücklegen dieser Strecke die drei- bis fünffache
Zeit verwendet werden, um durchschnittlich denselben Luft-
widerstand zu erhalten; die Fläche kann also drei- bis fünfmal
so langsam bewegt werden, wenn die Bewegung in einzelnen
Schlägen geschieht.

stattfindenden Luftdruck durch den praktischen Versuch zu
ermitteln, denn es handelt sich hierbei um Wegstrecken, die
in einem Bruchteil der Sekunde mit ungleicher Geschwindig-
keit ausgeführt werden.

Aber Eins läſst sich wenigstens durch den Versuch er-
mitteln. Man kann für gewisse Fälle den Durchschnittswert
an Luftwiderstand feststellen, den eine Flächenbewegung er-
zeugt, ähnlich der Flügelschlagbewegung des Vogels; und
obwohl die jeweilige Gröſse des Luftwiderstandes in den ein-
zelnen Phasen der Bewegung nicht leicht gemessen werden
kann, so läſst sich doch die summarische Hebewirkung beim
Flügelschlag experimentell bestimmen.

In den Jahren 1867 und 1868 sind von uns Versuche über
die Gröſse des Luftwiderstandes bei der Flügelschlagbewegung
angestellt, und diese haben ergeben, daſs in der That durch
die Schlagbewegung ein ganz anderer Luftwiderstand entsteht,
als durch die gleichmäſsige Geschwindigkeit einer Fläche.

Wenn eine Fläche flügelschlagartig bewegt wird mit einer
gewissen Durchschnittsgeschwindigkeit, so kann der 9fache,
ja, sogar ein 25mal gröſserer Luftwiderstand entstehen, als
wenn dieselbe Fläche mit derselben gleichmäſsigen Geschwin-
digkeit durch die Luft geführt wird.

Um bei der Flügelschlagbewegung also denselben Luft-
widerstand zu erhalten als bei gleichmäſsiger Bewegung,
braucht die Durchschnittsgeschwindigkeit des Flügelschlags
nur den dritten bis fünften Teil der entsprechenden gleich-
mäſsigen Geschwindigkeit betragen.

Wenn mithin eine gewisse, von einer Fläche mit gleich-
mäſsiger Geschwindigkeit zurückgelegte Wegstrecke auf ein-
zelne Flügelschläge verteilt wird, so kann im letzteren Falle
für das Zurücklegen dieser Strecke die drei- bis fünffache
Zeit verwendet werden, um durchschnittlich denselben Luft-
widerstand zu erhalten; die Fläche kann also drei- bis fünfmal
so langsam bewegt werden, wenn die Bewegung in einzelnen
Schlägen geschieht.

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[41/0057] stattfindenden Luftdruck durch den praktischen Versuch zu ermitteln, denn es handelt sich hierbei um Wegstrecken, die in einem Bruchteil der Sekunde mit ungleicher Geschwindig- keit ausgeführt werden. Aber Eins läſst sich wenigstens durch den Versuch er- mitteln. Man kann für gewisse Fälle den Durchschnittswert an Luftwiderstand feststellen, den eine Flächenbewegung er- zeugt, ähnlich der Flügelschlagbewegung des Vogels; und obwohl die jeweilige Gröſse des Luftwiderstandes in den ein- zelnen Phasen der Bewegung nicht leicht gemessen werden kann, so läſst sich doch die summarische Hebewirkung beim Flügelschlag experimentell bestimmen. In den Jahren 1867 und 1868 sind von uns Versuche über die Gröſse des Luftwiderstandes bei der Flügelschlagbewegung angestellt, und diese haben ergeben, daſs in der That durch die Schlagbewegung ein ganz anderer Luftwiderstand entsteht, als durch die gleichmäſsige Geschwindigkeit einer Fläche. Wenn eine Fläche flügelschlagartig bewegt wird mit einer gewissen Durchschnittsgeschwindigkeit, so kann der 9fache, ja, sogar ein 25mal gröſserer Luftwiderstand entstehen, als wenn dieselbe Fläche mit derselben gleichmäſsigen Geschwin- digkeit durch die Luft geführt wird. Um bei der Flügelschlagbewegung also denselben Luft- widerstand zu erhalten als bei gleichmäſsiger Bewegung, braucht die Durchschnittsgeschwindigkeit des Flügelschlags nur den dritten bis fünften Teil der entsprechenden gleich- mäſsigen Geschwindigkeit betragen. Wenn mithin eine gewisse, von einer Fläche mit gleich- mäſsiger Geschwindigkeit zurückgelegte Wegstrecke auf ein- zelne Flügelschläge verteilt wird, so kann im letzteren Falle für das Zurücklegen dieser Strecke die drei- bis fünffache Zeit verwendet werden, um durchschnittlich denselben Luft- widerstand zu erhalten; die Fläche kann also drei- bis fünfmal so langsam bewegt werden, wenn die Bewegung in einzelnen Schlägen geschieht.

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Zitationshilfe: Lilienthal, Otto: Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst. Ein Beitrag zur Systematik der Flugtechnik. Berlin, 1889, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lilienthal_vogelflug_1889/57>, abgerufen am 26.04.2024.