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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835.

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Der Mond.
Aequators', daher auch alle übrigen Bewohner des Mondes, so
lange sie ihren Ort auf der Oberfläche desselben nicht ändern,
die Mittags-Sonne im Sommer wie im Winter immer sehr
nahe in derselben Höhe über ihrem Horizonte bemerken, die Be-
wohner des Aequators in ihrem Scheitel und die Polbewohner
immerwährend in ihrem Horizonte, so daß also gleichsam dort ein
ewiger Sommer und hier ein ewiger Winter herrscht, während
in den Zwischengegenden ein immerdauernder Frühling seine
Wohnung aufgeschlagen hat. Auch sind die Tage auf dem Monde
beinahe durchaus den Nächten an Länge gleich, nicht wie bei uns,
im Sommer länger und im Winter kürzer. Solcher Orte, wie
unsere Polarländer, denen die Sonne im Sommer lange Zeit
nicht unter-, und im Winter nicht aufgeht, kann es im Monde
nicht geben. Die Temperatur auf der Oberfläche des Mondes
ist ebenfalls nicht so gleichförmig vertheilt, wie auf der Erde. Auf
der Erde werden die näher bei den Polen liegenden Gegenden
in ihrem Sommer beträchtlich erwärmt, so wie auch die heiße
Zone zur Zeit der Solstitien wegen des schiefen Standes der Sonne
wieder etwas abgekühlt wird. Nicht so auf dem Monde, wo die
den Polen näheren Orte die Sonne immerfort tief an ihrem
Horizonte und die dem Aequator nahen Orte sie immer in ihrem
Scheitel sehen, wo also der Sommer sowohl, als auch der Winter
an bestimmte und unveränderliche Gegenden gebunden ist.

Noch mehr sind die Tageszeiten des Mondes von denen
der Erde verschieden. Wir haben bereits oben (I. S. 328) gesagt,
daß der Tag in weiterem Sinne des Wortes, d. h. die Zeit
zwischen zwei nächsten Aufgängen der Sonne bei den Seleniten
gleich dem Jahre derselben ist. In der Zeit von einem Neu- oder
Vollmonde zum anderen, d. h. in 291/2 unserer Tage, bewegt sich
der Mond, in Beziehung auf die Sonne, um die Erde und zugleich
(I. §. 326) um seine Axe; jenes ist sein Jahr und dieß sein
Tag. In dieser Zeit von 291/2 Tagen werden nach und nach alle
Theile des Mondes von der Sonne beschienen und jeder Ort auf
demselben hat die Sonne ununterbrochen 143/4 Tage über und
eben so lange unter seinem Horizonte. Klima und Erwärmung
ist also auf diesem Himmelskörper sehr ungleich vertheilt, aber

Der Mond.
Aequators’, daher auch alle übrigen Bewohner des Mondes, ſo
lange ſie ihren Ort auf der Oberfläche deſſelben nicht ändern,
die Mittags-Sonne im Sommer wie im Winter immer ſehr
nahe in derſelben Höhe über ihrem Horizonte bemerken, die Be-
wohner des Aequators in ihrem Scheitel und die Polbewohner
immerwährend in ihrem Horizonte, ſo daß alſo gleichſam dort ein
ewiger Sommer und hier ein ewiger Winter herrſcht, während
in den Zwiſchengegenden ein immerdauernder Frühling ſeine
Wohnung aufgeſchlagen hat. Auch ſind die Tage auf dem Monde
beinahe durchaus den Nächten an Länge gleich, nicht wie bei uns,
im Sommer länger und im Winter kürzer. Solcher Orte, wie
unſere Polarländer, denen die Sonne im Sommer lange Zeit
nicht unter-, und im Winter nicht aufgeht, kann es im Monde
nicht geben. Die Temperatur auf der Oberfläche des Mondes
iſt ebenfalls nicht ſo gleichförmig vertheilt, wie auf der Erde. Auf
der Erde werden die näher bei den Polen liegenden Gegenden
in ihrem Sommer beträchtlich erwärmt, ſo wie auch die heiße
Zone zur Zeit der Solſtitien wegen des ſchiefen Standes der Sonne
wieder etwas abgekühlt wird. Nicht ſo auf dem Monde, wo die
den Polen näheren Orte die Sonne immerfort tief an ihrem
Horizonte und die dem Aequator nahen Orte ſie immer in ihrem
Scheitel ſehen, wo alſo der Sommer ſowohl, als auch der Winter
an beſtimmte und unveränderliche Gegenden gebunden iſt.

Noch mehr ſind die Tageszeiten des Mondes von denen
der Erde verſchieden. Wir haben bereits oben (I. S. 328) geſagt,
daß der Tag in weiterem Sinne des Wortes, d. h. die Zeit
zwiſchen zwei nächſten Aufgängen der Sonne bei den Seleniten
gleich dem Jahre derſelben iſt. In der Zeit von einem Neu- oder
Vollmonde zum anderen, d. h. in 29½ unſerer Tage, bewegt ſich
der Mond, in Beziehung auf die Sonne, um die Erde und zugleich
(I. §. 326) um ſeine Axe; jenes iſt ſein Jahr und dieß ſein
Tag. In dieſer Zeit von 29½ Tagen werden nach und nach alle
Theile des Mondes von der Sonne beſchienen und jeder Ort auf
demſelben hat die Sonne ununterbrochen 14¾ Tage über und
eben ſo lange unter ſeinem Horizonte. Klima und Erwärmung
iſt alſo auf dieſem Himmelskörper ſehr ungleich vertheilt, aber

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[183/0193] Der Mond. Aequators’, daher auch alle übrigen Bewohner des Mondes, ſo lange ſie ihren Ort auf der Oberfläche deſſelben nicht ändern, die Mittags-Sonne im Sommer wie im Winter immer ſehr nahe in derſelben Höhe über ihrem Horizonte bemerken, die Be- wohner des Aequators in ihrem Scheitel und die Polbewohner immerwährend in ihrem Horizonte, ſo daß alſo gleichſam dort ein ewiger Sommer und hier ein ewiger Winter herrſcht, während in den Zwiſchengegenden ein immerdauernder Frühling ſeine Wohnung aufgeſchlagen hat. Auch ſind die Tage auf dem Monde beinahe durchaus den Nächten an Länge gleich, nicht wie bei uns, im Sommer länger und im Winter kürzer. Solcher Orte, wie unſere Polarländer, denen die Sonne im Sommer lange Zeit nicht unter-, und im Winter nicht aufgeht, kann es im Monde nicht geben. Die Temperatur auf der Oberfläche des Mondes iſt ebenfalls nicht ſo gleichförmig vertheilt, wie auf der Erde. Auf der Erde werden die näher bei den Polen liegenden Gegenden in ihrem Sommer beträchtlich erwärmt, ſo wie auch die heiße Zone zur Zeit der Solſtitien wegen des ſchiefen Standes der Sonne wieder etwas abgekühlt wird. Nicht ſo auf dem Monde, wo die den Polen näheren Orte die Sonne immerfort tief an ihrem Horizonte und die dem Aequator nahen Orte ſie immer in ihrem Scheitel ſehen, wo alſo der Sommer ſowohl, als auch der Winter an beſtimmte und unveränderliche Gegenden gebunden iſt. Noch mehr ſind die Tageszeiten des Mondes von denen der Erde verſchieden. Wir haben bereits oben (I. S. 328) geſagt, daß der Tag in weiterem Sinne des Wortes, d. h. die Zeit zwiſchen zwei nächſten Aufgängen der Sonne bei den Seleniten gleich dem Jahre derſelben iſt. In der Zeit von einem Neu- oder Vollmonde zum anderen, d. h. in 29½ unſerer Tage, bewegt ſich der Mond, in Beziehung auf die Sonne, um die Erde und zugleich (I. §. 326) um ſeine Axe; jenes iſt ſein Jahr und dieß ſein Tag. In dieſer Zeit von 29½ Tagen werden nach und nach alle Theile des Mondes von der Sonne beſchienen und jeder Ort auf demſelben hat die Sonne ununterbrochen 14¾ Tage über und eben ſo lange unter ſeinem Horizonte. Klima und Erwärmung iſt alſo auf dieſem Himmelskörper ſehr ungleich vertheilt, aber

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/193>, abgerufen am 29.04.2024.