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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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über die himmlische Perle.

So verlaugnen wir auch uns selbs und was wir haben nicht red-§. 4.
Schmertz-
liches Ver-
klagen sein
selbs, we-
gen des
Hertzens
Falschheit
und Unbe-
ständig-
keit.

lich, sondern nur zum Schein, und in Worten und Einbildungen,
nicht mit der That und Warheit; Ja wann unsere Vernunfft et-
wann zu Zeiten von deiner Perlen himmlischen Schein geblendet wird,
daß wir aufrichtig absagen allem was wir haben, so nehmen wirs auf
eine andere Zeit schelmischer Weise wieder, es reuet uns so bald,
was wir vor dich ausgegeben, und thun nur dergleichen, wir wol-
len alles vor dich aufopfferen; Jsts aber ernst, und setzest du uns ein
wenig auf die Prob, so ziehen wir zuruck; Jndessen wären wir gar
übel zufrieden, wann du auch nur dergleichen thätest als wolltest du
uns weise, gerecht, heilig und seelig machen, in dein Himmelreich
aufnehmen, und wann wir dann den Fuß hinein setzen wollten, du
uns die Thür vor der Nasen liessest zuthun.

O HErr JEsu! lasse uns doch nicht Meister, bezwinge uns mit§. 5. Ernst-
liches
Seh-
nen nach
der voll-
kommenen
Erlösung.

deinem Heil. Geist, vertreibe uns die Faulheit rechtschaffen, suche
du unsere arme verkehrte Hertzen, die sich in Sünden plagen und
außzehren, lasse dem Teufel nicht zu, daß er sie noch länger martere
in seinem höllischen Angst-Reich, weder mit des Gesetzes Zwang und
Schrecken, noch mit dem unabläßigen Sturm der neidischen, zor-
nigen Menschen, und des Fleisches schnellen Einfällen in der unwir-
schen und unleidsamen Phantasie: O lieber himmlischer Vatter! Er-
rete uns aus der Obrigkeit der Finsternuß, und versetze uns in das
Freuden-volle, höchst-seelige Göttliche Reich des Sohns deiner Lie-
be, es kan uns doch unmöglich wohl seyn ohne JEsu.

O JEsu! Du einige Weißheit aller deren, so die seelige Ewig-§. 6. Jnni-
ges An-
halten um
die stäte
Zurecht-
weisung
des Mor-
gensterns
in allen
unseren
Dingen.

keit ererben sollen, nimme weg alles, was das volle Liecht deiner Gna-
den in uns hindert, ermuntere uns in allweg mit der Zucht deines Heil.
Geistes, daß wir jeden Augenblick recht um uns sehen, und doch
nichts falsches noch verwerffliches mehr einkauffen, unsere Zeit und
Kräfften um nichts eiteles und sündliches mehr geben, dardurch wir
in jener Welt zuschanden werden möchten vor dir und allen deinen Hei-
ligen; Ach HErr JEsu! Wir sind unweise Kinder, und bieten sich
uns so viele unbekannte, verstellte Geister als Krämer an, uns zu be-
triegen, und um unser Geld zu bringen, daß uns die Gnaden-Zeit
hingehe, wir in der Eigenheit würcken und zuletzt heulen müssen.

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uͤber die himmliſche Perle.

So verlaugnen wir auch uns ſelbs und was wir haben nicht red-§. 4.
Schmertz-
liches Ver-
klagen ſein
ſelbs, we-
gen des
Hertzens
Falſchheit
und Unbe-
ſtaͤndig-
keit.

lich, ſondern nur zum Schein, und in Worten und Einbildungen,
nicht mit der That und Warheit; Ja wann unſere Vernunfft et-
wann zu Zeiten von deiner Perlen himmliſchen Schein geblendet wird,
daß wir aufrichtig abſagen allem was wir haben, ſo nehmen wirs auf
eine andere Zeit ſchelmiſcher Weiſe wieder, es reuet uns ſo bald,
was wir vor dich ausgegeben, und thun nur dergleichen, wir wol-
len alles vor dich aufopfferen; Jſts aber ernſt, und ſetzeſt du uns ein
wenig auf die Prob, ſo ziehen wir zuruck; Jndeſſen waͤren wir gar
uͤbel zufrieden, wann du auch nur dergleichen thaͤteſt als wollteſt du
uns weiſe, gerecht, heilig und ſeelig machen, in dein Himmelreich
aufnehmen, und wann wir dann den Fuß hinein ſetzen wollten, du
uns die Thuͤr vor der Naſen lieſſeſt zuthun.

O HErr JEſu! laſſe uns doch nicht Meiſter, bezwinge uns mit§. 5. Ernſt-
liches
Seh-
nen nach
der voll-
kommenen
Erloͤſung.

deinem Heil. Geiſt, vertreibe uns die Faulheit rechtſchaffen, ſuche
du unſere arme verkehrte Hertzen, die ſich in Suͤnden plagen und
außzehren, laſſe dem Teufel nicht zu, daß er ſie noch laͤnger martere
in ſeinem hoͤlliſchen Angſt-Reich, weder mit des Geſetzes Zwang und
Schrecken, noch mit dem unablaͤßigen Sturm der neidiſchen, zor-
nigen Menſchen, und des Fleiſches ſchnellen Einfaͤllen in der unwir-
ſchen und unleidſamen Phantaſie: O lieber himmliſcher Vatter! Er-
rete uns aus der Obrigkeit der Finſternuß, und verſetze uns in das
Freuden-volle, hoͤchſt-ſeelige Goͤttliche Reich des Sohns deiner Lie-
be, es kan uns doch unmoͤglich wohl ſeyn ohne JEſu.

O JEſu! Du einige Weißheit aller deren, ſo die ſeelige Ewig-§. 6. Jnni-
ges An-
halten um
die ſtaͤte
Zurecht-
weiſung
des Mor-
genſterns
in allen
unſeren
Dingen.

keit ererben ſollen, nimme weg alles, was das volle Liecht deiner Gna-
den in uns hindert, ermuntere uns in allweg mit der Zucht deines Heil.
Geiſtes, daß wir jeden Augenblick recht um uns ſehen, und doch
nichts falſches noch verwerffliches mehr einkauffen, unſere Zeit und
Kraͤfften um nichts eiteles und ſuͤndliches mehr geben, dardurch wir
in jener Welt zuſchanden werden moͤchten vor dir und allen deinen Hei-
ligen; Ach HErr JEſu! Wir ſind unweiſe Kinder, und bieten ſich
uns ſo viele unbekannte, verſtellte Geiſter als Kraͤmer an, uns zu be-
triegen, und um unſer Geld zu bringen, daß uns die Gnaden-Zeit
hingehe, wir in der Eigenheit wuͤrcken und zuletzt heulen muͤſſen.

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[907/1003] uͤber die himmliſche Perle. So verlaugnen wir auch uns ſelbs und was wir haben nicht red- lich, ſondern nur zum Schein, und in Worten und Einbildungen, nicht mit der That und Warheit; Ja wann unſere Vernunfft et- wann zu Zeiten von deiner Perlen himmliſchen Schein geblendet wird, daß wir aufrichtig abſagen allem was wir haben, ſo nehmen wirs auf eine andere Zeit ſchelmiſcher Weiſe wieder, es reuet uns ſo bald, was wir vor dich ausgegeben, und thun nur dergleichen, wir wol- len alles vor dich aufopfferen; Jſts aber ernſt, und ſetzeſt du uns ein wenig auf die Prob, ſo ziehen wir zuruck; Jndeſſen waͤren wir gar uͤbel zufrieden, wann du auch nur dergleichen thaͤteſt als wollteſt du uns weiſe, gerecht, heilig und ſeelig machen, in dein Himmelreich aufnehmen, und wann wir dann den Fuß hinein ſetzen wollten, du uns die Thuͤr vor der Naſen lieſſeſt zuthun. §. 4. Schmertz- liches Ver- klagen ſein ſelbs, we- gen des Hertzens Falſchheit und Unbe- ſtaͤndig- keit. O HErr JEſu! laſſe uns doch nicht Meiſter, bezwinge uns mit deinem Heil. Geiſt, vertreibe uns die Faulheit rechtſchaffen, ſuche du unſere arme verkehrte Hertzen, die ſich in Suͤnden plagen und außzehren, laſſe dem Teufel nicht zu, daß er ſie noch laͤnger martere in ſeinem hoͤlliſchen Angſt-Reich, weder mit des Geſetzes Zwang und Schrecken, noch mit dem unablaͤßigen Sturm der neidiſchen, zor- nigen Menſchen, und des Fleiſches ſchnellen Einfaͤllen in der unwir- ſchen und unleidſamen Phantaſie: O lieber himmliſcher Vatter! Er- rete uns aus der Obrigkeit der Finſternuß, und verſetze uns in das Freuden-volle, hoͤchſt-ſeelige Goͤttliche Reich des Sohns deiner Lie- be, es kan uns doch unmoͤglich wohl ſeyn ohne JEſu. §. 5. Ernſt- liches Seh- nen nach der voll- kommenen Erloͤſung. O JEſu! Du einige Weißheit aller deren, ſo die ſeelige Ewig- keit ererben ſollen, nimme weg alles, was das volle Liecht deiner Gna- den in uns hindert, ermuntere uns in allweg mit der Zucht deines Heil. Geiſtes, daß wir jeden Augenblick recht um uns ſehen, und doch nichts falſches noch verwerffliches mehr einkauffen, unſere Zeit und Kraͤfften um nichts eiteles und ſuͤndliches mehr geben, dardurch wir in jener Welt zuſchanden werden moͤchten vor dir und allen deinen Hei- ligen; Ach HErr JEſu! Wir ſind unweiſe Kinder, und bieten ſich uns ſo viele unbekannte, verſtellte Geiſter als Kraͤmer an, uns zu be- triegen, und um unſer Geld zu bringen, daß uns die Gnaden-Zeit hingehe, wir in der Eigenheit wuͤrcken und zuletzt heulen muͤſſen. §. 6. Jnni- ges An- halten um die ſtaͤte Zurecht- weiſung des Mor- genſterns in allen unſeren Dingen. Ent- Y y y y y 2

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 907. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1003>, abgerufen am 28.04.2024.