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Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747.

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Cap. 2. Die zweyte Quelle
sen; es ist demnach ja besser, daß man es mit Kern-
Sprüchen Heiliger Schrifft, mit Worten vom
Heyland und seiner grossen Erlösung, von der Heß-
lichkeit der Sünde, von der unschätzbaren Herrlichkeit,
Gnade GOttes, von der Süßigkeit der Liebe Christi,
von der ewigen Licht-Welt, von den finstern Quaal-
Oertern u. s. f. anfülle. Oder ists nicht besser
daß es mit Psalmen, Lob-Gesängen und geistli-
chen Liedern angefüllet werde? Dann ob sie die-
selben schon zur Zeit noch nicht verstehen, so hat
dannoch 1) das blosse Aussprechen Göttlicher
Wahrheiten einen Segen in sich; 2) hindert sol-
ches viel Böses; sintemal kein Raum mehr für den
Teuffel und die Hölle ist, wann der Himmel al-
len Platz eingenommen hat; 3) ligen die buchstäb-
lichen Erkänntnissen da wie Saamen-Körnlein des
innern Reichs GOttes, welche zu seiner Zeit aus
dem Hertzens-Acker ausschlagen und Früchte ins
ewige Leben tragen. 4) Göttliche Lehren, Ver-
heissungen, Gebote etc. sind das paradiesische Zim-
met-Holtz; fährt die Flamme des Heiligen Geistes
drein, so glimmet die rothe Glut der heiligen, rei-
nen, himmlischen Liebe allmählich an; da hinge-
gen, wo kein Holtz hingelegt wird, das Feuer
leichtlich und bald ausgehet; wie bey vielen Erweck-
ten geschiehet, welche wegen ihrer Unwissenheit ent-
weder lang irre fahren oder die Rührungen fast
eben so geschwind verlieren, als sie dieselben em-
pfangen haben. Warum? Sie haben sich nicht
mit Holtz versehen, das im Paradis gewachsen
und wohl reucht; es ist sodann nicht auf einander
gebeiget, ich will sagen, sie wissen und verstehen

die

Cap. 2. Die zweyte Quelle
ſen; es iſt demnach ja beſſer, daß man es mit Kern-
Spruͤchen Heiliger Schrifft, mit Worten vom
Heyland und ſeiner groſſen Erloͤſung, von der Heß-
lichkeit der Suͤnde, von der unſchaͤtzbaren Herrlichkeit,
Gnade GOttes, von der Suͤßigkeit der Liebe Chriſti,
von der ewigen Licht-Welt, von den finſtern Quaal-
Oertern u. ſ. f. anfuͤlle. Oder iſts nicht beſſer
daß es mit Pſalmen, Lob-Geſaͤngen und geiſtli-
chen Liedern angefuͤllet werde? Dann ob ſie die-
ſelben ſchon zur Zeit noch nicht verſtehen, ſo hat
dannoch 1) das bloſſe Ausſprechen Goͤttlicher
Wahrheiten einen Segen in ſich; 2) hindert ſol-
ches viel Boͤſes; ſintemal kein Raum mehr fuͤr den
Teuffel und die Hoͤlle iſt, wann der Himmel al-
len Platz eingenommen hat; 3) ligen die buchſtaͤb-
lichen Erkaͤnntniſſen da wie Saamen-Koͤrnlein des
innern Reichs GOttes, welche zu ſeiner Zeit aus
dem Hertzens-Acker ausſchlagen und Fruͤchte ins
ewige Leben tragen. 4) Goͤttliche Lehren, Ver-
heiſſungen, Gebote ꝛc. ſind das paradieſiſche Zim-
met-Holtz; faͤhrt die Flamme des Heiligen Geiſtes
drein, ſo glimmet die rothe Glut der heiligen, rei-
nen, himmliſchen Liebe allmaͤhlich an; da hinge-
gen, wo kein Holtz hingelegt wird, das Feuer
leichtlich und bald ausgehet; wie bey vielen Erweck-
ten geſchiehet, welche wegen ihrer Unwiſſenheit ent-
weder lang irre fahren oder die Ruͤhrungen faſt
eben ſo geſchwind verlieren, als ſie dieſelben em-
pfangen haben. Warum? Sie haben ſich nicht
mit Holtz verſehen, das im Paradis gewachſen
und wohl reucht; es iſt ſodann nicht auf einander
gebeiget, ich will ſagen, ſie wiſſen und verſtehen

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[116/0134] Cap. 2. Die zweyte Quelle ſen; es iſt demnach ja beſſer, daß man es mit Kern- Spruͤchen Heiliger Schrifft, mit Worten vom Heyland und ſeiner groſſen Erloͤſung, von der Heß- lichkeit der Suͤnde, von der unſchaͤtzbaren Herrlichkeit, Gnade GOttes, von der Suͤßigkeit der Liebe Chriſti, von der ewigen Licht-Welt, von den finſtern Quaal- Oertern u. ſ. f. anfuͤlle. Oder iſts nicht beſſer daß es mit Pſalmen, Lob-Geſaͤngen und geiſtli- chen Liedern angefuͤllet werde? Dann ob ſie die- ſelben ſchon zur Zeit noch nicht verſtehen, ſo hat dannoch 1) das bloſſe Ausſprechen Goͤttlicher Wahrheiten einen Segen in ſich; 2) hindert ſol- ches viel Boͤſes; ſintemal kein Raum mehr fuͤr den Teuffel und die Hoͤlle iſt, wann der Himmel al- len Platz eingenommen hat; 3) ligen die buchſtaͤb- lichen Erkaͤnntniſſen da wie Saamen-Koͤrnlein des innern Reichs GOttes, welche zu ſeiner Zeit aus dem Hertzens-Acker ausſchlagen und Fruͤchte ins ewige Leben tragen. 4) Goͤttliche Lehren, Ver- heiſſungen, Gebote ꝛc. ſind das paradieſiſche Zim- met-Holtz; faͤhrt die Flamme des Heiligen Geiſtes drein, ſo glimmet die rothe Glut der heiligen, rei- nen, himmliſchen Liebe allmaͤhlich an; da hinge- gen, wo kein Holtz hingelegt wird, das Feuer leichtlich und bald ausgehet; wie bey vielen Erweck- ten geſchiehet, welche wegen ihrer Unwiſſenheit ent- weder lang irre fahren oder die Ruͤhrungen faſt eben ſo geſchwind verlieren, als ſie dieſelben em- pfangen haben. Warum? Sie haben ſich nicht mit Holtz verſehen, das im Paradis gewachſen und wohl reucht; es iſt ſodann nicht auf einander gebeiget, ich will ſagen, ſie wiſſen und verſtehen die

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/134>, abgerufen am 28.04.2024.