so dreht sich das Rohr sofort in dem Sinne fedc. Dieser Antrieb entfällt aber, sobald die Flüssigkeit den Punkt f erreicht hat und den Radius fg durchströmend die Bewegung desselben wieder mitmachen muss. Die Rotation des Rohres erlischt daher bald, wenn man einen constanten Flüssigkeitsstrom anwendet. Sowie aber der Flüssigkeitsstrom unterbrochen wird, ertheilt die durch den Radius fg abströmende Flüssigkeit dem Rohre einen Bewegungsimpuls im Sinne der eigenen Bewegung, nach cdef. Alle diese Erscheinungen sind nach dem Flächengesetz leicht zu verstehen.
Die Passatwinde, die Abweichung der Meeres- strömungen, der Flüsse, der Foucault'sche Pendelver- such u. s. w. können ebenfalls als Beispiele für das Flächengesetz betrachtet werden. Hübsch zeigt sich noch das Flächengesetz an Körpern von veränderlichem Trägheitsmoment. Rotirt ein Körper vom Trägheitsmo- ment [Th] mit der Winkelgeschwindigkeit [a], und es wird durch innere Kräfte, z. B. Federn, das Trägheitsmoment in [Th]' verwandelt, so geht auch [a] in [a]' über, wobei
[Formel 1]
, also
[Formel 2]
. Bei beträchtlicher Verklei- nerung des Trägheitsmomentes kann man eine bedeutende Vergrösserung der Winkelgeschwindigkeit erhalten. Das Princip liesse sich vielleicht statt des Foucault'schen Ver- fahrens zur Demonstration der Erdrotation anwenden.
Ein dem eben angegebenen Schema entsprechender Vorgang ist folgender. Man giesst einen Glastrichter mit vertical gestellter Axe rasch mit Flüssigkeit voll, jedoch so, dass der Strahl nicht nach der Axe ein- tritt, sondern die Seitenwand trifft. Dadurch entsteht eine langsame Rotation in der Flüssigkeit, die man je- doch nicht merkt, solange der Trichter voll ist. Zieht sich jedoch die Flüssigkeit in den Hals des Trichters zurück, so wird hierbei ihr Trägheitsmoment so ver- mindert, und ihre Winkelgeschwindigkeit so vermehrt, dass ein heftiger Wirbel mit einer axialen Vertiefung
Drittes Kapitel.
so dreht sich das Rohr sofort in dem Sinne fedc. Dieser Antrieb entfällt aber, sobald die Flüssigkeit den Punkt f erreicht hat und den Radius fg durchströmend die Bewegung desselben wieder mitmachen muss. Die Rotation des Rohres erlischt daher bald, wenn man einen constanten Flüssigkeitsstrom anwendet. Sowie aber der Flüssigkeitsstrom unterbrochen wird, ertheilt die durch den Radius fg abströmende Flüssigkeit dem Rohre einen Bewegungsimpuls im Sinne der eigenen Bewegung, nach cdef. Alle diese Erscheinungen sind nach dem Flächengesetz leicht zu verstehen.
Die Passatwinde, die Abweichung der Meeres- strömungen, der Flüsse, der Foucault’sche Pendelver- such u. s. w. können ebenfalls als Beispiele für das Flächengesetz betrachtet werden. Hübsch zeigt sich noch das Flächengesetz an Körpern von veränderlichem Trägheitsmoment. Rotirt ein Körper vom Trägheitsmo- ment [Θ] mit der Winkelgeschwindigkeit [α], und es wird durch innere Kräfte, z. B. Federn, das Trägheitsmoment in [Θ]′ verwandelt, so geht auch [α] in [α]′ über, wobei
[Formel 1]
, also
[Formel 2]
. Bei beträchtlicher Verklei- nerung des Trägheitsmomentes kann man eine bedeutende Vergrösserung der Winkelgeschwindigkeit erhalten. Das Princip liesse sich vielleicht statt des Foucault’schen Ver- fahrens zur Demonstration der Erdrotation anwenden.
Ein dem eben angegebenen Schema entsprechender Vorgang ist folgender. Man giesst einen Glastrichter mit vertical gestellter Axe rasch mit Flüssigkeit voll, jedoch so, dass der Strahl nicht nach der Axe ein- tritt, sondern die Seitenwand trifft. Dadurch entsteht eine langsame Rotation in der Flüssigkeit, die man je- doch nicht merkt, solange der Trichter voll ist. Zieht sich jedoch die Flüssigkeit in den Hals des Trichters zurück, so wird hierbei ihr Trägheitsmoment so ver- mindert, und ihre Winkelgeschwindigkeit so vermehrt, dass ein heftiger Wirbel mit einer axialen Vertiefung
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Drittes Kapitel.
so dreht sich das Rohr sofort in dem Sinne fedc.
Dieser Antrieb entfällt aber, sobald die Flüssigkeit den
Punkt f erreicht hat und den Radius fg durchströmend
die Bewegung desselben wieder mitmachen muss. Die
Rotation des Rohres erlischt daher bald, wenn man
einen constanten Flüssigkeitsstrom anwendet. Sowie
aber der Flüssigkeitsstrom unterbrochen wird, ertheilt
die durch den Radius fg abströmende Flüssigkeit dem
Rohre einen Bewegungsimpuls im Sinne der eigenen
Bewegung, nach cdef. Alle diese Erscheinungen sind
nach dem Flächengesetz leicht zu verstehen.
Die Passatwinde, die Abweichung der Meeres-
strömungen, der Flüsse, der Foucault’sche Pendelver-
such u. s. w. können ebenfalls als Beispiele für das
Flächengesetz betrachtet werden. Hübsch zeigt sich
noch das Flächengesetz an Körpern von veränderlichem
Trägheitsmoment. Rotirt ein Körper vom Trägheitsmo-
ment Θ mit der Winkelgeschwindigkeit α, und es wird
durch innere Kräfte, z. B. Federn, das Trägheitsmoment
in Θ′ verwandelt, so geht auch α in α′ über, wobei
[FORMEL], also [FORMEL]. Bei beträchtlicher Verklei-
nerung des Trägheitsmomentes kann man eine bedeutende
Vergrösserung der Winkelgeschwindigkeit erhalten. Das
Princip liesse sich vielleicht statt des Foucault’schen Ver-
fahrens zur Demonstration der Erdrotation anwenden.
Ein dem eben angegebenen Schema entsprechender
Vorgang ist folgender. Man giesst einen Glastrichter
mit vertical gestellter Axe rasch mit Flüssigkeit voll,
jedoch so, dass der Strahl nicht nach der Axe ein-
tritt, sondern die Seitenwand trifft. Dadurch entsteht
eine langsame Rotation in der Flüssigkeit, die man je-
doch nicht merkt, solange der Trichter voll ist. Zieht
sich jedoch die Flüssigkeit in den Hals des Trichters
zurück, so wird hierbei ihr Trägheitsmoment so ver-
mindert, und ihre Winkelgeschwindigkeit so vermehrt,
dass ein heftiger Wirbel mit einer axialen Vertiefung
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Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883/292>, abgerufen am 09.05.2024.
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