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Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883.

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Drittes Kapitel.
liche lebendige Kraft verloren geht, kann nur die
Erfahrung lehren. Huyghens denkt sich nun den
eben beschriebenen Vorgang auf einem Kahn statt-
findend, welcher sich selbst mit der Geschwindigkeit v
bewegt. Für den Beobachter im Kahn besteht dann
der vorige Fall fort, während für den Beobachter am
Ufer die Geschwindigkeiten der Kugeln beziehungs-
weise 2v und o vor dem Stosse, o und 2v nach dem
Stosse werden. Ein elastischer Körper überträgt also,
an einen andern ruhenden von gleicher Masse stossend,
seine ganze Geschwindigkeit, und bleibt selbst nach dem
Stosse in Ruhe. Gibt man dem Kahn die beliebige
Geschwindigkeit u, so sind für den Beobachter am Ufer
die Geschwindigkeiten vor dem Stosse beziehungsweise
u+v und u--v, nach dem Stosse u--v und u+v.
Da u+v und u--v ganz beliebige Werthe haben
können, so lässt sich behaupten, dass gleiche elastische
Massen im Stosse ihre Geschwindigkeiten tauschen.

[Abbildung] Fig. 160.

Der grösste ruhende Körper wird
durch den kleinsten stossenden Kör-
per in Bewegung gesetzt, wie schon
Galilei ausgeführt hat. Huyghens
zeigt nun, dass die Annäherung vor
dem Stosse und die Entfernung nach
dem Stosse mit derselben relativen Geschwindigkeit
stattfindet. Ein Körper m stösst an einen ruhenden von
der Masse M, welchem er im Stosse die noch unbestimmte
Geschwindigkeit w ertheilt. Huyghens nimmt zum
Nachweis des Satzes an, dass der Vorgang auf einem
Kahn stattfindet, welcher sich mit der Geschwindigkeit
von M gegen m bewegt. Die Anfangsgeschwindig-
keiten sind dann v-- und --, die Endgeschwin-
digkeiten x und +. Da nun M den Werth seiner
Geschwindigkeit nicht geändert hat, sondern nur das

Drittes Kapitel.
liche lebendige Kraft verloren geht, kann nur die
Erfahrung lehren. Huyghens denkt sich nun den
eben beschriebenen Vorgang auf einem Kahn statt-
findend, welcher sich selbst mit der Geschwindigkeit v
bewegt. Für den Beobachter im Kahn besteht dann
der vorige Fall fort, während für den Beobachter am
Ufer die Geschwindigkeiten der Kugeln beziehungs-
weise 2v und o vor dem Stosse, o und 2v nach dem
Stosse werden. Ein elastischer Körper überträgt also,
an einen andern ruhenden von gleicher Masse stossend,
seine ganze Geschwindigkeit, und bleibt selbst nach dem
Stosse in Ruhe. Gibt man dem Kahn die beliebige
Geschwindigkeit u, so sind für den Beobachter am Ufer
die Geschwindigkeiten vor dem Stosse beziehungsweise
u+v und u—v, nach dem Stosse u—v und u+v.
Da u+v und u—v ganz beliebige Werthe haben
können, so lässt sich behaupten, dass gleiche elastische
Massen im Stosse ihre Geschwindigkeiten tauschen.

[Abbildung] Fig. 160.

Der grösste ruhende Körper wird
durch den kleinsten stossenden Kör-
per in Bewegung gesetzt, wie schon
Galilei ausgeführt hat. Huyghens
zeigt nun, dass die Annäherung vor
dem Stosse und die Entfernung nach
dem Stosse mit derselben relativen Geschwindigkeit
stattfindet. Ein Körper m stösst an einen ruhenden von
der Masse M, welchem er im Stosse die noch unbestimmte
Geschwindigkeit w ertheilt. Huyghens nimmt zum
Nachweis des Satzes an, dass der Vorgang auf einem
Kahn stattfindet, welcher sich mit der Geschwindigkeit
von M gegen m bewegt. Die Anfangsgeschwindig-
keiten sind dann v und , die Endgeschwin-
digkeiten x und +. Da nun M den Werth seiner
Geschwindigkeit nicht geändert hat, sondern nur das

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[292/0304] Drittes Kapitel. liche lebendige Kraft verloren geht, kann nur die Erfahrung lehren. Huyghens denkt sich nun den eben beschriebenen Vorgang auf einem Kahn statt- findend, welcher sich selbst mit der Geschwindigkeit v bewegt. Für den Beobachter im Kahn besteht dann der vorige Fall fort, während für den Beobachter am Ufer die Geschwindigkeiten der Kugeln beziehungs- weise 2v und o vor dem Stosse, o und 2v nach dem Stosse werden. Ein elastischer Körper überträgt also, an einen andern ruhenden von gleicher Masse stossend, seine ganze Geschwindigkeit, und bleibt selbst nach dem Stosse in Ruhe. Gibt man dem Kahn die beliebige Geschwindigkeit u, so sind für den Beobachter am Ufer die Geschwindigkeiten vor dem Stosse beziehungsweise u+v und u—v, nach dem Stosse u—v und u+v. Da u+v und u—v ganz beliebige Werthe haben können, so lässt sich behaupten, dass gleiche elastische Massen im Stosse ihre Geschwindigkeiten tauschen. [Abbildung Fig. 160.] Der grösste ruhende Körper wird durch den kleinsten stossenden Kör- per in Bewegung gesetzt, wie schon Galilei ausgeführt hat. Huyghens zeigt nun, dass die Annäherung vor dem Stosse und die Entfernung nach dem Stosse mit derselben relativen Geschwindigkeit stattfindet. Ein Körper m stösst an einen ruhenden von der Masse M, welchem er im Stosse die noch unbestimmte Geschwindigkeit w ertheilt. Huyghens nimmt zum Nachweis des Satzes an, dass der Vorgang auf einem Kahn stattfindet, welcher sich mit der Geschwindigkeit [FORMEL] von M gegen m bewegt. Die Anfangsgeschwindig- keiten sind dann v—[FORMEL] und —[FORMEL], die Endgeschwin- digkeiten x und +[FORMEL]. Da nun M den Werth seiner Geschwindigkeit nicht geändert hat, sondern nur das

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Zitationshilfe: Mach, Ernst: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig, 1883, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mach_mechanik_1883/304>, abgerufen am 09.05.2024.