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Marx, Karl: Das Kapital. Bd. 2. Buch II: Der Cirkulationsprocess des Kapitals. Hamburg, 1885.

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Sobald er diese inkorporirt, wird das Geld Kaufmittel der Waaren II für
diese Arbeitskraft, muss also ihre Konsumtionsmittel vorfinden.

Nebenbei. Der Herr Kapitalist, wie seine Presse, ist oft unzufrieden
mit der Art wie die Arbeitskraft ihr Geld verausgabt und mit den Waa-
ren II, worin sie selbes realisirt. Bei dieser Gelegenheit philosophirt,
kulturschwatzt und philanthropisirt er, wie z. B. Herr Drummond, eng-
lischer Gesandtschaftssekretär in Washington: "The Nation" [ein Blatt]
habe letzten Oktober 1879 einen interessanten Artikel gebracht, worin
es unter andrem heisse: "Die Arbeiter haben in der Kultur nicht
Schritt gehalten mit dem Fortschritt der Erfindungen; es sind ihnen
Massen von Gegenständen zugänglich geworden, die sie nicht zu gebrauchen
wissen, und für die sie also keinen Markt schaffen." [Jeder Kapitalist
wünscht natürlich, dass der Arbeiter seine Waare kaufen soll.] "Es liegt
kein Grund vor, warum der Arbeiter sich nicht ebensoviel Komforts wün-
schen sollte, wie der Geistliche, Advokat und Arzt, der denselben Betrag
erwirbt wie er." [Diese Sorte Advokaten, Geistliche und Aerzte müssen
es in der That bei dem Wunsch vieler Komforts gewähren lassen!] "Aber
er thut es nicht. Die Frage ist noch immer, wie er als Konsument
durch ein rationelles und gesundes Verfahren höher zu stellen ist; keine
leichte Frage, da sein ganzer Ehrgeiz nicht über eine Verkürzung seiner
Arbeitsstunden hinausgeht, und der Demagog ihn hierzu vielmehr aufreizt
als zur Erhebung seiner Lage durch Verbessrung seiner geistigen und
moralischen Fähigkeiten." (Reports of H. M.'s Secretaries of Embassy
and Legation on the Manufactures, Commerce etc. of the countries in
which they reside. London 1879, p. 404.)

Lange Arbeitsstunden scheinen das Geheimniss des rationellen und
gesunden Verfahrens, welches die Lage des Arbeiters durch Verbessrung
seiner geistigen und moral schen Fähigkeit heben und ihn zu einem ratio-
nellen Konsumenten machen soll. Um ein rationeller Konsument der
Waare der Kapitalisten zu werden, muss er vor allem -- aber der Dema-
gog hindert ihn daran! -- damit beginnen, seine eigne Arbeitskraft irra-
tionell und gesundheitswidrig von seinem eignen Kapitalisten konsumiren
zu lassen. Was der Kapitalist unter rationellen Konsum versteht, zeigt
sich dort wo er so herablassend ist, sich direkt in den Konsumtions-
handel seiner Arbeiter einzulassen -- im Trucksystem, wovon auch das

Sobald er diese inkorporirt, wird das Geld Kaufmittel der Waaren II für
diese Arbeitskraft, muss also ihre Konsumtionsmittel vorfinden.

Nebenbei. Der Herr Kapitalist, wie seine Presse, ist oft unzufrieden
mit der Art wie die Arbeitskraft ihr Geld verausgabt und mit den Waa-
ren II, worin sie selbes realisirt. Bei dieser Gelegenheit philosophirt,
kulturschwatzt und philanthropisirt er, wie z. B. Herr Drummond, eng-
lischer Gesandtschaftssekretär in Washington: „The Nation“ [ein Blatt]
habe letzten Oktober 1879 einen interessanten Artikel gebracht, worin
es unter andrem heisse: „Die Arbeiter haben in der Kultur nicht
Schritt gehalten mit dem Fortschritt der Erfindungen; es sind ihnen
Massen von Gegenständen zugänglich geworden, die sie nicht zu gebrauchen
wissen, und für die sie also keinen Markt schaffen.“ [Jeder Kapitalist
wünscht natürlich, dass der Arbeiter seine Waare kaufen soll.] „Es liegt
kein Grund vor, warum der Arbeiter sich nicht ebensoviel Komforts wün-
schen sollte, wie der Geistliche, Advokat und Arzt, der denselben Betrag
erwirbt wie er.“ [Diese Sorte Advokaten, Geistliche und Aerzte müssen
es in der That bei dem Wunsch vieler Komforts gewähren lassen!] „Aber
er thut es nicht. Die Frage ist noch immer, wie er als Konsument
durch ein rationelles und gesundes Verfahren höher zu stellen ist; keine
leichte Frage, da sein ganzer Ehrgeiz nicht über eine Verkürzung seiner
Arbeitsstunden hinausgeht, und der Demagog ihn hierzu vielmehr aufreizt
als zur Erhebung seiner Lage durch Verbessrung seiner geistigen und
moralischen Fähigkeiten.“ (Reports of H. M.’s Secretaries of Embassy
and Legation on the Manufactures, Commerce etc. of the countries in
which they reside. London 1879, p. 404.)

Lange Arbeitsstunden scheinen das Geheimniss des rationellen und
gesunden Verfahrens, welches die Lage des Arbeiters durch Verbessrung
seiner geistigen und moral schen Fähigkeit heben und ihn zu einem ratio-
nellen Konsumenten machen soll. Um ein rationeller Konsument der
Waare der Kapitalisten zu werden, muss er vor allem — aber der Dema-
gog hindert ihn daran! — damit beginnen, seine eigne Arbeitskraft irra-
tionell und gesundheitswidrig von seinem eignen Kapitalisten konsumiren
zu lassen. Was der Kapitalist unter rationellen Konsum versteht, zeigt
sich dort wo er so herablassend ist, sich direkt in den Konsumtions-
handel seiner Arbeiter einzulassen — im Trucksystem, wovon auch das

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[518/0552] Sobald er diese inkorporirt, wird das Geld Kaufmittel der Waaren II für diese Arbeitskraft, muss also ihre Konsumtionsmittel vorfinden. Nebenbei. Der Herr Kapitalist, wie seine Presse, ist oft unzufrieden mit der Art wie die Arbeitskraft ihr Geld verausgabt und mit den Waa- ren II, worin sie selbes realisirt. Bei dieser Gelegenheit philosophirt, kulturschwatzt und philanthropisirt er, wie z. B. Herr Drummond, eng- lischer Gesandtschaftssekretär in Washington: „The Nation“ [ein Blatt] habe letzten Oktober 1879 einen interessanten Artikel gebracht, worin es unter andrem heisse: „Die Arbeiter haben in der Kultur nicht Schritt gehalten mit dem Fortschritt der Erfindungen; es sind ihnen Massen von Gegenständen zugänglich geworden, die sie nicht zu gebrauchen wissen, und für die sie also keinen Markt schaffen.“ [Jeder Kapitalist wünscht natürlich, dass der Arbeiter seine Waare kaufen soll.] „Es liegt kein Grund vor, warum der Arbeiter sich nicht ebensoviel Komforts wün- schen sollte, wie der Geistliche, Advokat und Arzt, der denselben Betrag erwirbt wie er.“ [Diese Sorte Advokaten, Geistliche und Aerzte müssen es in der That bei dem Wunsch vieler Komforts gewähren lassen!] „Aber er thut es nicht. Die Frage ist noch immer, wie er als Konsument durch ein rationelles und gesundes Verfahren höher zu stellen ist; keine leichte Frage, da sein ganzer Ehrgeiz nicht über eine Verkürzung seiner Arbeitsstunden hinausgeht, und der Demagog ihn hierzu vielmehr aufreizt als zur Erhebung seiner Lage durch Verbessrung seiner geistigen und moralischen Fähigkeiten.“ (Reports of H. M.’s Secretaries of Embassy and Legation on the Manufactures, Commerce etc. of the countries in which they reside. London 1879, p. 404.) Lange Arbeitsstunden scheinen das Geheimniss des rationellen und gesunden Verfahrens, welches die Lage des Arbeiters durch Verbessrung seiner geistigen und moral schen Fähigkeit heben und ihn zu einem ratio- nellen Konsumenten machen soll. Um ein rationeller Konsument der Waare der Kapitalisten zu werden, muss er vor allem — aber der Dema- gog hindert ihn daran! — damit beginnen, seine eigne Arbeitskraft irra- tionell und gesundheitswidrig von seinem eignen Kapitalisten konsumiren zu lassen. Was der Kapitalist unter rationellen Konsum versteht, zeigt sich dort wo er so herablassend ist, sich direkt in den Konsumtions- handel seiner Arbeiter einzulassen — im Trucksystem, wovon auch das

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Bd. 2. Buch II: Der Cirkulationsprocess des Kapitals. Hamburg, 1885, S. 518. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital02_1885/552>, abgerufen am 27.04.2024.