Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894.

Bild:
<< vorherige Seite

seinen Produktionspreis, sondern auch über seinen Werth verkauft
würde in Folge der Schranke, die das Grundeigenthum der rente-
losen Anlage von Kapital auf unbebautem Boden zieht. Dass es
nur der Titel einer Anzahl von Personen auf das Eigenthum am
Erdball ist, der sie befähigt einen Theil der Mehrarbeit der Gesell-
schaft sich als Tribut anzueignen, und mit der Entwicklung der
Produktion sich in stets steigendem Maß anzueignen, wird durch
den Umstand verdeckt, dass die kapitalisirte Rente, also eben dieser
kapitalisirte Tribut als Preis des Bodens erscheint und dieser daher
wie jeder andre Handelsartikel verkauft werden kann. Für den
Käufer erscheint daher sein Anspruch auf die Rente nicht als um-
sonst erhalten, und ohne die Arbeit, das Risiko und den Unter-
nehmungsgeist des Kapitals umsonst erhalten, sondern als zu seinem
Aequivalent bezahlt. Ihm erscheint, wie schon früher bemerkt,
die Rente nur als Zins des Kapitals, womit er den Boden, und
damit den Anspruch auf die Rente erkauft hat. Ganz so erscheint
einem Sklavenhalter, der einen Neger gekauft hat, sein Eigenthum
an dem Neger nicht durch die Institution der Sklaverei als solche,
sondern durch Kauf und Verkauf von Waare erworben. Aber der
Titel selbst wird durch den Verkauf nicht erzeugt, sondern nur
übertragen. Der Titel muss da sein, bevor er verkauft werden
kann, und so wenig wie ein Verkauf, kann eine Reihe von solchen
Verkäufen, ihre beständige Wiederholung, diesen Titel schaffen.
Was ihn überhaupt geschaffen hat, waren die Produktionsverhält-
nisse. Sobald diese auf einem Punkt angelangt sind, wo sie sich
umhäuten müssen, fällt die materielle, die ökonomisch und historisch
berechtigte, die aus dem Process der gesellschaftlichen Lebenser-
zeugung entspringende Quelle des Titels und aller auf ihm be-
gründeten Transaktionen fort. Vom Standpunkt einer höhern
ökonomischen Gesellschaftsformation wird das Privateigenthum ein-
zelner Individuen am Erdball ganz so abgeschmackt erscheinen,
wie das Privateigenthum eines Menschen an einem andern Menschen.
Selbst eine ganze Gesellschaft, eine Nation, ja alle gleichzeitigen
Gesellschaften zusammengenommen sind nicht Eigenthümer der Erde.
Sie sind nur ihre Besitzer, ihre Nutzniesser, und haben sie als
boni patres familias den nachfolgenden Generationen verbessert zu
hinterlassen.



Bei der folgenden Untersuchung des Bodenpreises sehn wir ab
von allen Konkurrenzschwankungen, von allen Bodenspekulationen,
oder auch vom kleinen Grundeigenthum, wo die Erde das Haupt-

seinen Produktionspreis, sondern auch über seinen Werth verkauft
würde in Folge der Schranke, die das Grundeigenthum der rente-
losen Anlage von Kapital auf unbebautem Boden zieht. Dass es
nur der Titel einer Anzahl von Personen auf das Eigenthum am
Erdball ist, der sie befähigt einen Theil der Mehrarbeit der Gesell-
schaft sich als Tribut anzueignen, und mit der Entwicklung der
Produktion sich in stets steigendem Maß anzueignen, wird durch
den Umstand verdeckt, dass die kapitalisirte Rente, also eben dieser
kapitalisirte Tribut als Preis des Bodens erscheint und dieser daher
wie jeder andre Handelsartikel verkauft werden kann. Für den
Käufer erscheint daher sein Anspruch auf die Rente nicht als um-
sonst erhalten, und ohne die Arbeit, das Risiko und den Unter-
nehmungsgeist des Kapitals umsonst erhalten, sondern als zu seinem
Aequivalent bezahlt. Ihm erscheint, wie schon früher bemerkt,
die Rente nur als Zins des Kapitals, womit er den Boden, und
damit den Anspruch auf die Rente erkauft hat. Ganz so erscheint
einem Sklavenhalter, der einen Neger gekauft hat, sein Eigenthum
an dem Neger nicht durch die Institution der Sklaverei als solche,
sondern durch Kauf und Verkauf von Waare erworben. Aber der
Titel selbst wird durch den Verkauf nicht erzeugt, sondern nur
übertragen. Der Titel muss da sein, bevor er verkauft werden
kann, und so wenig wie ein Verkauf, kann eine Reihe von solchen
Verkäufen, ihre beständige Wiederholung, diesen Titel schaffen.
Was ihn überhaupt geschaffen hat, waren die Produktionsverhält-
nisse. Sobald diese auf einem Punkt angelangt sind, wo sie sich
umhäuten müssen, fällt die materielle, die ökonomisch und historisch
berechtigte, die aus dem Process der gesellschaftlichen Lebenser-
zeugung entspringende Quelle des Titels und aller auf ihm be-
gründeten Transaktionen fort. Vom Standpunkt einer höhern
ökonomischen Gesellschaftsformation wird das Privateigenthum ein-
zelner Individuen am Erdball ganz so abgeschmackt erscheinen,
wie das Privateigenthum eines Menschen an einem andern Menschen.
Selbst eine ganze Gesellschaft, eine Nation, ja alle gleichzeitigen
Gesellschaften zusammengenommen sind nicht Eigenthümer der Erde.
Sie sind nur ihre Besitzer, ihre Nutzniesser, und haben sie als
boni patres familias den nachfolgenden Generationen verbessert zu
hinterlassen.



Bei der folgenden Untersuchung des Bodenpreises sehn wir ab
von allen Konkurrenzschwankungen, von allen Bodenspekulationen,
oder auch vom kleinen Grundeigenthum, wo die Erde das Haupt-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0318" n="309"/>
seinen Produktionspreis, sondern auch über seinen Werth verkauft<lb/>
würde in Folge der Schranke, die das Grundeigenthum der rente-<lb/>
losen Anlage von Kapital auf unbebautem Boden zieht. Dass es<lb/>
nur der Titel einer Anzahl von Personen auf das Eigenthum am<lb/>
Erdball ist, der sie befähigt einen Theil der Mehrarbeit der Gesell-<lb/>
schaft sich als Tribut anzueignen, und mit der Entwicklung der<lb/>
Produktion sich in stets steigendem Maß anzueignen, wird durch<lb/>
den Umstand verdeckt, dass die kapitalisirte Rente, also eben dieser<lb/>
kapitalisirte Tribut als Preis des Bodens erscheint und dieser daher<lb/>
wie jeder andre Handelsartikel verkauft werden kann. Für den<lb/>
Käufer erscheint daher sein Anspruch auf die Rente nicht als um-<lb/>
sonst erhalten, und ohne die Arbeit, das Risiko und den Unter-<lb/>
nehmungsgeist des Kapitals umsonst erhalten, sondern als zu seinem<lb/>
Aequivalent bezahlt. Ihm erscheint, wie schon früher bemerkt,<lb/>
die Rente nur als Zins des Kapitals, womit er den Boden, und<lb/>
damit den Anspruch auf die Rente erkauft hat. Ganz so erscheint<lb/>
einem Sklavenhalter, der einen Neger gekauft hat, sein Eigenthum<lb/>
an dem Neger nicht durch die Institution der Sklaverei als solche,<lb/>
sondern durch Kauf und Verkauf von Waare erworben. Aber der<lb/>
Titel selbst wird durch den Verkauf nicht erzeugt, sondern nur<lb/>
übertragen. Der Titel muss da sein, bevor er verkauft werden<lb/>
kann, und so wenig wie ein Verkauf, kann eine Reihe von solchen<lb/>
Verkäufen, ihre beständige Wiederholung, diesen Titel schaffen.<lb/>
Was ihn überhaupt geschaffen hat, waren die Produktionsverhält-<lb/>
nisse. Sobald diese auf einem Punkt angelangt sind, wo sie sich<lb/>
umhäuten müssen, fällt die materielle, die ökonomisch und historisch<lb/>
berechtigte, die aus dem Process der gesellschaftlichen Lebenser-<lb/>
zeugung entspringende Quelle des Titels und aller auf ihm be-<lb/>
gründeten Transaktionen fort. Vom Standpunkt einer höhern<lb/>
ökonomischen Gesellschaftsformation wird das Privateigenthum ein-<lb/>
zelner Individuen am Erdball ganz so abgeschmackt erscheinen,<lb/>
wie das Privateigenthum eines Menschen an einem andern Menschen.<lb/>
Selbst eine ganze Gesellschaft, eine Nation, ja alle gleichzeitigen<lb/>
Gesellschaften zusammengenommen sind nicht Eigenthümer der Erde.<lb/>
Sie sind nur ihre Besitzer, ihre Nutzniesser, und haben sie als<lb/>
boni patres familias den nachfolgenden Generationen verbessert zu<lb/>
hinterlassen.</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            <p>Bei der folgenden Untersuchung des Bodenpreises sehn wir ab<lb/>
von allen Konkurrenzschwankungen, von allen Bodenspekulationen,<lb/>
oder auch vom kleinen Grundeigenthum, wo die Erde das Haupt-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[309/0318] seinen Produktionspreis, sondern auch über seinen Werth verkauft würde in Folge der Schranke, die das Grundeigenthum der rente- losen Anlage von Kapital auf unbebautem Boden zieht. Dass es nur der Titel einer Anzahl von Personen auf das Eigenthum am Erdball ist, der sie befähigt einen Theil der Mehrarbeit der Gesell- schaft sich als Tribut anzueignen, und mit der Entwicklung der Produktion sich in stets steigendem Maß anzueignen, wird durch den Umstand verdeckt, dass die kapitalisirte Rente, also eben dieser kapitalisirte Tribut als Preis des Bodens erscheint und dieser daher wie jeder andre Handelsartikel verkauft werden kann. Für den Käufer erscheint daher sein Anspruch auf die Rente nicht als um- sonst erhalten, und ohne die Arbeit, das Risiko und den Unter- nehmungsgeist des Kapitals umsonst erhalten, sondern als zu seinem Aequivalent bezahlt. Ihm erscheint, wie schon früher bemerkt, die Rente nur als Zins des Kapitals, womit er den Boden, und damit den Anspruch auf die Rente erkauft hat. Ganz so erscheint einem Sklavenhalter, der einen Neger gekauft hat, sein Eigenthum an dem Neger nicht durch die Institution der Sklaverei als solche, sondern durch Kauf und Verkauf von Waare erworben. Aber der Titel selbst wird durch den Verkauf nicht erzeugt, sondern nur übertragen. Der Titel muss da sein, bevor er verkauft werden kann, und so wenig wie ein Verkauf, kann eine Reihe von solchen Verkäufen, ihre beständige Wiederholung, diesen Titel schaffen. Was ihn überhaupt geschaffen hat, waren die Produktionsverhält- nisse. Sobald diese auf einem Punkt angelangt sind, wo sie sich umhäuten müssen, fällt die materielle, die ökonomisch und historisch berechtigte, die aus dem Process der gesellschaftlichen Lebenser- zeugung entspringende Quelle des Titels und aller auf ihm be- gründeten Transaktionen fort. Vom Standpunkt einer höhern ökonomischen Gesellschaftsformation wird das Privateigenthum ein- zelner Individuen am Erdball ganz so abgeschmackt erscheinen, wie das Privateigenthum eines Menschen an einem andern Menschen. Selbst eine ganze Gesellschaft, eine Nation, ja alle gleichzeitigen Gesellschaften zusammengenommen sind nicht Eigenthümer der Erde. Sie sind nur ihre Besitzer, ihre Nutzniesser, und haben sie als boni patres familias den nachfolgenden Generationen verbessert zu hinterlassen. Bei der folgenden Untersuchung des Bodenpreises sehn wir ab von allen Konkurrenzschwankungen, von allen Bodenspekulationen, oder auch vom kleinen Grundeigenthum, wo die Erde das Haupt-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894/318
Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess d. Kapitalist. Produktion. Kapitel XXIX-LII. Hamburg, 1894, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0302_1894/318>, abgerufen am 26.04.2024.