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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896.

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§ 46. Vermögensrechtliche Ansprüche aus dem Dienstverhältnisse.
bietet, kraft selbständiger öffentlichrechtlicher oder civilrechtlicher
Rechtsinstitute. Die Ausscheidung dieser verschiedenen Elemente ist
hier zu machen1.

I. Die vermögensrechtlichen Ansprüche des Dienstpflich-
tigen
stehen im Vordergrund als Gegengewicht des Vorwiegens der
Ansprüche des Staates in der Dienstpflicht selbst. Ihrem inneren
Rechtsgrunde nach unterscheiden wir die Besoldung und die Dienst-
entschädigung.

1. Die Besoldung (Gehalt) hat ihre ordentliche Stelle beim
berufsmäßigen Staatsdienste, wie er durch die Anstellung begründet
wird. Sie hat sachlich ganz dieselbe Bedeutung wie der Dienstlohn
im civilrechtlichen Dienstvertrag: sie giebt dem Dienstverhältnisse die
Seite, wonach der Diener darin seinen Beruf, also auch die wirtschaft-
lichen Bedingungen seiner Existenz finden kann, und liefert einen --
regelmäßig den wichtigsten -- Beweggrund für die auch hier er-
forderliche Einwilligung des zu Verpflichtenden. Die Besoldung ist
demnach eine Gegenleistung in Geldwert für die durch
die Anstellung begründete Dienstpflicht, die nach der
Dauer derselben vom Dienstherrn geschuldet und in
regelmäßigen Zeitabschnitten fällig wird
2.

Der Anspruch auf die Besoldung wird begründet durch einen
Verwaltungsakt, der sie bewilligt. Dieser Akt verbindet sich mit dem
Anstellungsakt, in einer Urkunde vereinigt oder äußerlich getrennt.

1 Vermögensrechtlich und civilrechtlich sind ja nicht gleichbedeutend: Bd. I
§ 11 Note 2. Die nur geschichtlich entschuldbare Verwechslung herrscht gerade in
dieser Materie noch vielfach. Ein gut gemeinter Versuch, davon loszukommen, in
Mot. z. G.V.G. S. 74 (Hahn, Mat. S. 94): "vermögensrechtliche Ansprüche der
Beamten, welche neben der privatrechtlichen eine staatsrechtliche Seite haben".
2 So O.V.G. 26. Sept. 1885 (Samml. XII S. 45). -- Bei Goenner, Staats-
dienst S. 104, entsteht der Besoldungsanspruch als Folge der Inanspruchnahme zum
Staatsdienst nach Vorbild der Enteignungsentschädigung. Seit die Anstellung
wieder als Vertrag aufgefaßt wird, muß man besonders darauf bedacht sein, den
Besoldungsanspruch zu unterscheiden von der Gegenleistung des civilrechtlichen
Dienstherrn. Zur Zeit pflegt man zu diesem Zwecke die Besoldung als "Alimen-
tationsrente" zu bezeichnen oder von einem "Anspruch des Beamten auf standes-
gemäße Alimentation" zu sprechen. Laband, St.R. I S. 478 (3. Aufl. S. 455);
Rehm in Annalen 1885 S. 88; Jhering, Zweck im R. I S. 201; Zorn, St.R. I
S. 239 (2. Aufl. S. 318). Was die Besoldung mit der Alimentationsrente gemein
hat, kann aber ganz ebenso bei dem Dienstlohn des civilrechtlichen Vertrages zu
finden sein. Die Hauptsache an der Alimentationsrente haben sie beide nicht mit
ihr gemein: das Sichanpassen an das individuelle, zeitlich wechselnde Unterhalts-
bedürfnis des zu Alimentierenden. Die Wertlosigkeit dieses Namens behauptet
daher mit Recht Seydel, Bayr. St.R. III S. 415.

§ 46. Vermögensrechtliche Ansprüche aus dem Dienstverhältnisse.
bietet, kraft selbständiger öffentlichrechtlicher oder civilrechtlicher
Rechtsinstitute. Die Ausscheidung dieser verschiedenen Elemente ist
hier zu machen1.

I. Die vermögensrechtlichen Ansprüche des Dienstpflich-
tigen
stehen im Vordergrund als Gegengewicht des Vorwiegens der
Ansprüche des Staates in der Dienstpflicht selbst. Ihrem inneren
Rechtsgrunde nach unterscheiden wir die Besoldung und die Dienst-
entschädigung.

1. Die Besoldung (Gehalt) hat ihre ordentliche Stelle beim
berufsmäßigen Staatsdienste, wie er durch die Anstellung begründet
wird. Sie hat sachlich ganz dieselbe Bedeutung wie der Dienstlohn
im civilrechtlichen Dienstvertrag: sie giebt dem Dienstverhältnisse die
Seite, wonach der Diener darin seinen Beruf, also auch die wirtschaft-
lichen Bedingungen seiner Existenz finden kann, und liefert einen —
regelmäßig den wichtigsten — Beweggrund für die auch hier er-
forderliche Einwilligung des zu Verpflichtenden. Die Besoldung ist
demnach eine Gegenleistung in Geldwert für die durch
die Anstellung begründete Dienstpflicht, die nach der
Dauer derselben vom Dienstherrn geschuldet und in
regelmäßigen Zeitabschnitten fällig wird
2.

Der Anspruch auf die Besoldung wird begründet durch einen
Verwaltungsakt, der sie bewilligt. Dieser Akt verbindet sich mit dem
Anstellungsakt, in einer Urkunde vereinigt oder äußerlich getrennt.

1 Vermögensrechtlich und civilrechtlich sind ja nicht gleichbedeutend: Bd. I
§ 11 Note 2. Die nur geschichtlich entschuldbare Verwechslung herrscht gerade in
dieser Materie noch vielfach. Ein gut gemeinter Versuch, davon loszukommen, in
Mot. z. G.V.G. S. 74 (Hahn, Mat. S. 94): „vermögensrechtliche Ansprüche der
Beamten, welche neben der privatrechtlichen eine staatsrechtliche Seite haben“.
2 So O.V.G. 26. Sept. 1885 (Samml. XII S. 45). — Bei Goenner, Staats-
dienst S. 104, entsteht der Besoldungsanspruch als Folge der Inanspruchnahme zum
Staatsdienst nach Vorbild der Enteignungsentschädigung. Seit die Anstellung
wieder als Vertrag aufgefaßt wird, muß man besonders darauf bedacht sein, den
Besoldungsanspruch zu unterscheiden von der Gegenleistung des civilrechtlichen
Dienstherrn. Zur Zeit pflegt man zu diesem Zwecke die Besoldung als „Alimen-
tationsrente“ zu bezeichnen oder von einem „Anspruch des Beamten auf standes-
gemäße Alimentation“ zu sprechen. Laband, St.R. I S. 478 (3. Aufl. S. 455);
Rehm in Annalen 1885 S. 88; Jhering, Zweck im R. I S. 201; Zorn, St.R. I
S. 239 (2. Aufl. S. 318). Was die Besoldung mit der Alimentationsrente gemein
hat, kann aber ganz ebenso bei dem Dienstlohn des civilrechtlichen Vertrages zu
finden sein. Die Hauptsache an der Alimentationsrente haben sie beide nicht mit
ihr gemein: das Sichanpassen an das individuelle, zeitlich wechselnde Unterhalts-
bedürfnis des zu Alimentierenden. Die Wertlosigkeit dieses Namens behauptet
daher mit Recht Seydel, Bayr. St.R. III S. 415.
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[249/0261] § 46. Vermögensrechtliche Ansprüche aus dem Dienstverhältnisse. bietet, kraft selbständiger öffentlichrechtlicher oder civilrechtlicher Rechtsinstitute. Die Ausscheidung dieser verschiedenen Elemente ist hier zu machen 1. I. Die vermögensrechtlichen Ansprüche des Dienstpflich- tigen stehen im Vordergrund als Gegengewicht des Vorwiegens der Ansprüche des Staates in der Dienstpflicht selbst. Ihrem inneren Rechtsgrunde nach unterscheiden wir die Besoldung und die Dienst- entschädigung. 1. Die Besoldung (Gehalt) hat ihre ordentliche Stelle beim berufsmäßigen Staatsdienste, wie er durch die Anstellung begründet wird. Sie hat sachlich ganz dieselbe Bedeutung wie der Dienstlohn im civilrechtlichen Dienstvertrag: sie giebt dem Dienstverhältnisse die Seite, wonach der Diener darin seinen Beruf, also auch die wirtschaft- lichen Bedingungen seiner Existenz finden kann, und liefert einen — regelmäßig den wichtigsten — Beweggrund für die auch hier er- forderliche Einwilligung des zu Verpflichtenden. Die Besoldung ist demnach eine Gegenleistung in Geldwert für die durch die Anstellung begründete Dienstpflicht, die nach der Dauer derselben vom Dienstherrn geschuldet und in regelmäßigen Zeitabschnitten fällig wird 2. Der Anspruch auf die Besoldung wird begründet durch einen Verwaltungsakt, der sie bewilligt. Dieser Akt verbindet sich mit dem Anstellungsakt, in einer Urkunde vereinigt oder äußerlich getrennt. 1 Vermögensrechtlich und civilrechtlich sind ja nicht gleichbedeutend: Bd. I § 11 Note 2. Die nur geschichtlich entschuldbare Verwechslung herrscht gerade in dieser Materie noch vielfach. Ein gut gemeinter Versuch, davon loszukommen, in Mot. z. G.V.G. S. 74 (Hahn, Mat. S. 94): „vermögensrechtliche Ansprüche der Beamten, welche neben der privatrechtlichen eine staatsrechtliche Seite haben“. 2 So O.V.G. 26. Sept. 1885 (Samml. XII S. 45). — Bei Goenner, Staats- dienst S. 104, entsteht der Besoldungsanspruch als Folge der Inanspruchnahme zum Staatsdienst nach Vorbild der Enteignungsentschädigung. Seit die Anstellung wieder als Vertrag aufgefaßt wird, muß man besonders darauf bedacht sein, den Besoldungsanspruch zu unterscheiden von der Gegenleistung des civilrechtlichen Dienstherrn. Zur Zeit pflegt man zu diesem Zwecke die Besoldung als „Alimen- tationsrente“ zu bezeichnen oder von einem „Anspruch des Beamten auf standes- gemäße Alimentation“ zu sprechen. Laband, St.R. I S. 478 (3. Aufl. S. 455); Rehm in Annalen 1885 S. 88; Jhering, Zweck im R. I S. 201; Zorn, St.R. I S. 239 (2. Aufl. S. 318). Was die Besoldung mit der Alimentationsrente gemein hat, kann aber ganz ebenso bei dem Dienstlohn des civilrechtlichen Vertrages zu finden sein. Die Hauptsache an der Alimentationsrente haben sie beide nicht mit ihr gemein: das Sichanpassen an das individuelle, zeitlich wechselnde Unterhalts- bedürfnis des zu Alimentierenden. Die Wertlosigkeit dieses Namens behauptet daher mit Recht Seydel, Bayr. St.R. III S. 415.

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/261>, abgerufen am 18.04.2024.